Wall Street geschlossen Nichts zu holen
Am deutschen Aktienmarkt war angesichts fehlender Impulse von der Wall Street kein Blumentopf zu gewinnen. Schlecht erging es den Aktien von SMA Solar und Sartorius.
Es waren die New Yorker Aktienmärkte, die jüngst dem deutschen Markt mit ihrer ungebrochenen KI-Euphorie wieder etwas nach oben halfen. In Europa dominiert dagegen weiterhin die Verunsicherung durch die anstehenden Neuwahlen in Frankreich. Dieser Impuls aus Übersee blieb heute aus, denn in den Vereinigten Staaten wurde wegen des "Juneteenth" nicht gehandelt. Der afroamerikanische Gedenktag war vor wenigen Jahren als arbeitsfreier Feiertag eingeführt worden.
Der DAX zeigte daher wenig Aufwärtsdrang und ging 0,35 Prozent tiefer bei 18.067 Punkten aus dem Handel. Auch die sich abzeichnenden neuen handelspolitischen Spannungen mit China trübten die Kauflaune.
Eine weitere Erholung könne "sich als schwieriger erweisen als viele denken, denn es ist schon auffällig, dass sämtliche Kursanstiege binnen Minuten wieder abverkauft werden", sagte Jürgen Molnar, Stratege beim Broker RoboMarkets.
Immerhin konnte sich der DAX weiter oberhalb der Marke von 18.000 Zählern behaupten, nachdem er in der vergangenen Woche noch rund 3,7 Prozent verloren hatte. Eine kräftigere Korrektur konnte der Leitindex erst einmal vermeiden. Er hielt sich über der stützenden 100-Tage-Durchschnittslinie bei aktuell 17.961 Zählern, die als ein wichtiger Indikator für den mittelfristigen Trend an der Börse gilt.
Zu Wochenbeginn war der DAX noch von der Euphorie der Wall Street mitgezogen worden, wo die Börsenindizes neue Höchststände erklommen. Die US-Investoren setzen weiter auf das Thema Künstliche Intelligenz (KI) und hoffen darüber hinaus weiter auf eine erste Zinssenkung der Notenbank Federal Reserve voraussichtlich im September.
Die aktuellen Zahlen vom US-Häusermarkt dürften diesen Hoffnungen neue Nahrung geben. Der Hausmarktindex der National Association of Home Builders (NAHB) fiel von 45 Punkten im Vormonat auf 43 Punkte. Analysten hatten dagegen mit einem leichten Anstieg gerechnet. "Anhaltend hohe Hypothekenzinsen halten viele potenzielle Käufer an der Seitenlinie", sagte der NAHB-Vorsitzende Carl Harris. Am Dienstag hatten bereits die etwas schwächer als erwartet ausgefallenen Einzelhandelsumsätze im Mai Zinshoffnungen geweckt.
Nach einem langen Höhenflug ist die Inflation in Großbritannien auf die Zielmarke der Notenbank gefallen. Die Verbraucherpreise erhöhten sich im Mai zum Vorjahresmonat nur noch um 2,0 Prozent, nach 2,3 Prozent im April, wie das Statistikamt ONS mitteilte. Bei der morgigen Sitzung der Bank von England (BoE) sei aber noch nicht mit einer Zinssenkung zu rechnen, sagte Joe Tuckey, Chef-Devisenanalyst des Brokerhauses Argentex.
Das Auftragspolster der deutschen Industrie hat im April den vierten Monat in Folge abgenommen. Der Bestand schrumpfte um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die noch offenen Bestellungen aus dem Inland sanken mit 0,9 Prozent besonders stark, während die aus dem Ausland nur um 0,2 Prozent abnahmen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es insgesamt einen Rückgang des Auftragsbestands von 5,6 Prozent.
Zu der negativen Entwicklung trug auch diesmal hauptsächlich die Automobilindustrie bei: Hier sank der Auftragsbestand um 3,0 Prozent im Vergleich zum März und damit bereits den 15. Monat in Folge.
Der Euro kostete am späten Abend 1,0743 Dollar und damit etwas mehr als gestern Abend. Das angestrebte Defizitverfahren der EU-Kommission gegen Italien, Frankreich, Belgien, Ungarn, Malta, Polen und die Slowakei belastete die Gemeinschaftswährung nur vorübergehend. Die Kommission stellte in ihrem heute veröffentlichten Budgetbericht fest, dass diese Staaten gegen die europäischen Schuldenregeln verstoßen. Der Goldpreis verharrte bei 2.328 Dollar je Feinunze.
Die Ölpreise fielen am Abend nach ihren jüngsten Gewinnen leicht zurück. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im August kostete am späten Abend mit 85,06 Dollar 0,4 Prozent weniger als gestern. Gestützt wurden die Preise durch die Sorge vor weiter eskalierenden politischen Konflikten. So hat ein ukrainischer Drohnenangriff gestern ein russisches Ölterminal in Brand gesetzt. Im Nahen Osten warnte der israelische Außenminister Israel Katz vor einem "totalen Krieg" mit der libanesischen Hisbollah. Eine Beruhigung in dem Konflikt sei kurzfristig schwer vorstellbar, was die Ölpreise auf einem hohen Niveau halten dürfte, sagte Yeap Jun Rong, Marktstratege bei IG in Singapur.
Amazon will weitere zehn Milliarden Euro in Deutschland investieren, den Großteil davon in seine Cloud-Dienstleistungen. Der kleinere Teil soll in den Ausbau von Logistik, Robotik sowie zwei neue Unternehmenszentralen fließen, teilte das deutsche Amazon-Hauptquartier in München mit. Die deutsche Amazon-Belegschaft soll bis Jahresende auf 40.000 Festangestellte wachsen, 2023 waren es rund 36.000. Weltweit beschäftigt der 1994 gegründete Konzern mittlerweile mehr als 1,5 Millionen Menschen.
Unter den Einzelwerten stand heute vor allem der MDAX-Konzern SMA Solar im Fokus. Der Hersteller von Wechselrichtern hatte gestern Abend wegen voller Lagerbestände seine Jahresziele zusammengestrichen. Die Aktie brach daraufhin um rund 30 Prozent ein. "Die Ankündigung von SMA ist auch für vorsichtige Analysten enttäuschend, die bereits vor einer hohen Unsicherheit in der zweiten Jahreshälfte gewarnt hatten", sagte ein Händler. "Jetzt ist die Aktie mit einem Minus von 51 Prozent im bisherigen Jahresverlauf eine der am schlechtesten gelaufenen hierzulande."
Im DAX fiel die Aktie von Sartorius auf, die mehr als 13 Prozent einbüßte. Der Göttinger Biotech-Zulieferer nahm heute an einer Healthcare-Konferenz der Citigroup in London teil. Aus dem Handel war zu hören, dass sich Sartorius weiter vorsichtig zur Equipment-Nachfrage geäußert haben könnte.
Nach Angaben der Deutschen Börse von gestern Abend wird MorphoSys an diesem Wochenende aus dem MDAX genommen. Das Biotechnologie-Unternehmen steigt aber nicht in den SDAX ab, sondern wird ganz herausgenommen. Grund ist, dass aufgrund der Übernahme durch den Pharmakonzern Novartis der frei handelbare Aktienanteil für einen Verbleib nicht mehr ausreicht. Daher wird Heidelberger Druckmaschinen entgegen der Ankündigung des Marktbetreibers vom 5. Juni doch im Index der Nebenwerte bleiben.
Vodafone hat durch den Verkauf des Großteils eines 18-prozentigen Anteils an dem indischen Funkturmbetreiber Indus Towers 153 Milliarden indische Rupien (rund 1,7 Milliarden Euro) erzielt. Nach der Platzierung halte Vodafone noch einen Anteil von 3,1 Prozent an Indus. Die Veräußerung folgt den Bemühungen des britischen Telekomriesen, sein Portfolio zu straffen.
Das erste Elektroauto des italienischen Sportwagenbauers Ferrari wird einem Insider zufolge mindestens 500.000 Euro kosten. Der Preis enthalte noch keine persönlichen Extras, die in der Regel mit 15 bis 20 Prozent auf den Grundpreis zu Buche schlagen, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Ein zweites E-Auto-Modell sei in der Entwicklung, der Prozess sei aber noch in einem frühen Stadium. Mit 500.000 Euro liegt der Preis für das Ferrari-Elektroauto über dem Durchschnittspreis von 350.000 Euro inklusive Extras für andere Ferrari-Modelle und Luxusautos.
Der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer setzt im Kampf gegen Unkraut zunehmend auf Künstliche Intelligenz. KI könnte dabei helfen, die nächste neue Wirkweise schneller zu finden, sagte Frank Terhorst, Executive Vice President für Strategie und Nachhaltigkeit bei der Bayer-Sparte Crop Science. "Man möchte die eine finden, die die maximale Leistung bei dem erzielt, was man töten möchte - Unkraut, und im Grunde keine Auswirkungen auf alles andere. Und dieses Gleichgewicht ist extrem schwierig." KI könne dabei helfen, die Proteinstruktur von Schadpflanzen mit Molekülen abzugleichen, die auf diese Struktur abzielen.
Der KI-Boom hat den Chip-Konzern Nvidia zum wertvollsten Unternehmen an der Börse gemacht. Die Aktie erreichte gestern eine Marktkapitalisierung von 3,349 Billionen Dollar (rund 3,12 Billionen Euro). Nvidia überholte damit den Technologieriesen Microsoft und setzt seinen steilen Aufstieg der vergangenen 18 Monate fort. Erst vor knapp zwei Wochen hatte Nvidia als drittes Unternehmen überhaupt an der Börse die Marke von drei Billionen Dollar geknackt.
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sieht Schwierigkeiten bei Apples Umsetzung der neuen europäischen Regeln für große Online-Plattformen. Es gebe "eine Reihe von Problemen" dabei, sagte sie dem US-Sender "CNBC". "Ich finde sie sehr ernst." Das Gesetz zwang Apple unter anderem, auf dem iPhone erstmals das Herunterladen von Apps auch außerhalb des hauseigenen App Stores zu erlauben. Der Konzern warnt jedoch, eine solche Öffnung erhöhe die Gefahren für Nutzer - und verband sie mit Abgaben und Auflagen. Kritiker wie der Musikstreaming-Marktführer Spotify werfen Apple vor, der Konzern wolle so sein bisheriges App-Store-Geschäft schützen.
Boeing-Chef Dave Calhoun hat sich bei einer Anhörung im US-Senat bei Hinterbliebenen von Opfern der beiden Abstürze von Flugzeugen des Typs 737 Max in den Jahren 2018 und 2019 entschuldigt. Bei den Unglücken waren 346 Menschen ums Leben gekommen. "Ich entschuldige mich für das Leid, das wir zugefügt haben", sagte Calhoun an mehrere im Saal anwesende Hinterbliebene gewandt. Boeing lege im Gedenken an die Opfer einen verstärkten Fokus auf Sicherheit.