Nasdaq Gebäude am Times Square in New York
marktbericht

Trotz erneutem Zinsdämpfer Nasdaq ist nicht zu stoppen

Stand: 02.07.2024 22:20 Uhr

Getrieben von neuen Rekorden der großen Tech-Schwergewichte hat die Wall Street höher geschlossen. Zwar dämpfte Fed-Chef Powell erneut die Zinshoffnungen, der Tech-Goldrausch überlagerte aber alles.

Lange Zeit ging es heute an der Wall Street nach dem freundlichen Wochenauftakt deutlich verhaltener zu. Ein Kurssprung beim E-Autobauer Tesla sowie weitere Gewinne im Technologiesektor brachten im Verlauf dann die Wende in die Pluszone. Selbst ein erneuter Zinsdämpfer von Notenbankchef Jerome Powell änderte nichts daran, dass die Tech-Hausse derzeit einfach nicht enden will.

Angetrieben wurde der Nasdaq 100-Auswahlindex mal wieder von den wenigen Aktien der Schwergewichte wie Apple, Tesla, Amazon, der Google-Holding Alphabet und Meta. Die Papiere von Apple und Amazon erreichten dabei Rekordhochs. Bereits in der Vorwoche waren sie angesprungen, nachdem zuvor die Aktie von KI-Platzhirsch Nvidia von einem Hoch zum anderen geeilt war. Die Nvidia-Aktie setzte heute ihre Konsolidierung nach der Rally fort.

Der Auswahlindex Nasdaq 100 schloss bei 20.011 Punkten um 1,01 Prozent höher und verfehlte damit ein neues Rekordhoch nur knapp. Der Nasdaq Composite-Index legte 0,84 Prozent zu auf 18.028 Punkte.

Eher Tristesse herrschte dafür lange Zeit beim Dow Jones, dem Leitindex der Standardwerte. Im Sog der Tech-Gewinne rückte der Dow am Ende aber noch moderat um 0,41 Prozent auf 39.331 Zähler vor. Der S&P-500-Index gewann 0,62 Prozent auf 5.509 Punkte.

Neben Apple & Co. standen auch die Aktien von E-Autobauer Tesla im Fokus. Tesla profitierte davon, dass der Verkaufsrückgang im zweiten Quartal geringer ausfiel, als von Analysten erwartet. Die Aktie sprang um 10,2 Prozent nach oben, nachdem das Papier bereits am Vortrag sechs Prozent gewonnen hatte. Auslöser war die Großbank Wells Fargo gewesen, die die Tesla-Aktien auf eine Empfehlungsliste "taktischer Ideen" für das nun begonnene dritte Quartal gesetzt hatte.

Erst am Freitag steht mit dem US-Arbeitsmarktbericht der konjunkturelle Höhepunkt der Börsenwoche an. Dieser könnte wichtige Hinweise auf Ausmaß und Tempo möglicher Zinssenkungen durch die US-Notenbank Fed geben - oder aber über deren Ausbleiben, was an der Börse für Enttäuschung und fallende Kurse sorgen könnte. Zuvor findet am Mittwoch nur ein verkürzter Handel statt und am Donnerstag bleiben die Börsen wegen des Independence Day - ein Feiertag - geschlossen.

Anleger hatten zudem jüngste Kommentare von US-Notenbankchef Jerome Powell zu verdauen. Dieser sieht "viele Fortschritte" bei der Inflation. Es müsse aber mehr Gewissheit geben, damit die Zinsen gesenkt werden könnten, sagte Powell auf dem jährlichen Geldpolitik-Forum der Europäischen Zentralbank (EZB) im portugiesischen Sintra. Mit einer Rückkehr der Inflation zum Ziel der Notenbank von zwei Prozent sei erst Ende kommenden Jahres oder im übernächsten Jahr zu rechnen.

Nachdem der DAX noch am Vortag ein Tageshoch von 18.460 Punkten erreicht hatte, ist er heute bisher im Tagestief bis auf 18.030 Zähler abgerutscht. Zwar hielt damit die technische Unterstützung bei 18.000 Punkten, die Schwankungen zeigen aber, dass derzeit viel Nervosität auf dem Parkett herrscht.

Konkret verlor der deutsche Leitindex heute 0,69 Prozent und schloss bei 18.164 Punkten. Der MDAX, der im ersten Halbjahr ohnehin schlechter gelaufen war als der von internationalen Investoren bestimmte Leitindex DAX, ist im Tief bei 24.992 Zählern sogar knapp unter die Marke von 25.000 Zählern gerutscht. Der Schlussstand lag bei 25.125 Punkten, ein Tagesverlust von 0,47 Prozent.

"Es spricht vieles dafür, dass der Markt in ein Sommerloch fällt. Wie tief, ist schwer vorauszusagen und dürfte auch von der Qualität der Nachrichten und der Entwicklungen in Frankreich abhängen, wo am Sonntag die Stichwahl stattfindet", so Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei RoboMarkets.

Falls der rechte Rassemblement National (RN) dabei die absolute Mehrheit verfehlt, hätte dies einen positiven Effekt auf die Finanzmärkte, so Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Wie und wie gut Frankreich nach der Neuwahl regierbar ist, wird sich allerdings erst längerfristig zeigen."

Fakt ist, dass das Land mit rund 100 Prozent verschuldet ist, gemessen an der Wirtschaftsleistung, dem Bruttoinlandsprodukt. Die Spielräume im Haushalt sind daher begrenzt. Trotzdem hat der RN im Falle eines Wahlsieges umfangreiche zusätzliche Ausgaben angekündigt.

Update Wirtschaft vom 02.07.2024

Melanie Böff, HR, Update Wirtschaft, 02.07.2024 09:00 Uhr

Sehr zum zum Missfallen von EU-Kommission und Rating-Agenturen, aber auch der Finanzmärkte. Am Rentenmarkt haben die Renditen für französische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit schon angezogen auf aktuell 3,30 Prozent. Zum Vergleich: der deutsche Staat muss mit seiner geringeren Verschuldungsquote von rund 60 Prozent nur 2,5 Prozent bezahlen.

Kein Wunder, dass sich die Anleger vor der zweiten Wahlrunde bedeckt halten, denn eine neue europäische Schuldenkrise würde die Märkte deutlich belasten. Allerdings kann von einem Ausverkauf wie ab 2011 im Falle Griechenlands bisher noch keine Rede sein, zudem ist die französische Wirtschaft die zweitgrößte in Europa.

Nach den positiven Signalen von den deutschen Verbraucherpreisen gestern wartete heute auch das EU-Statistikamt Eurostat mit guten Nachrichten auf: Die Inflation in der Euro-Zone hat sich wieder leicht abgeschwächt. Die Verbraucherpreise zogen im Juni in der 20-Länder-Gemeinschaft binnen Jahresfrist nur noch um 2,5 Prozent an.

"Das ist nach dem Rückschlag im Vormonat eine willkommene Bestätigung, dass die Inflationsentwicklung in die richtige Richtung geht", erklärte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Noch im Mai hatte sich die Teuerungsrate auf 2,6 Prozent erhöht, nach 2,4 Prozent im April.

Allerdings blieb wie auch gestern in Deutschland die Kernteuerung, also die Preisentwicklung ohne die volatilen Preise für Energie und Lebensmittel, unverändert bei 2,9 Prozent. Da diese Zahl deutlich über der Zielmarke der EZB von 2,0 Prozent liegt, kann noch keine Entwarnung gegeben werden beim Kampf gegen die Inflation.

Die Gemeinschaftswährung ist nach neuen US-Wirtschaftsdaten zwischenzeitlich unter Druck geraten, nachdem sie zuvor am Tageshoch bei 1,0745 Dollar gehandelt wurde. Zuletzt wurden im US-Handel aber wieder 1,0746 Dollar bezahlt.

Grund für die zwischenzeitliche Schwäche war die auch für die Zinspolitik der Notenbank wichtige Kennziffer der offenen Stellen. Diese stieg Ende Mai auf 8,140 Millionen, wie das US-Arbeitsministerium am Nachmittag zu seiner monatlichen Umfrage (Jolts) mitteilte. Befragte Experten hatten mit 7,91 Millionen gerechnet.

Am Freitag veröffentlicht die Regierung den US-Arbeitsmarktbericht für Juni. Ökonomen rechnen mit einem Stellenzuwachs von 190.000 außerhalb der Landwirtschaft, nach 272.000 im Mai. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0729 (Montag: 1,0745) Dollar fest.

Geldpolitik ist derweil das bestimmende Thema im portugiesischen Sintra, wo die EZB ihre jährliche Notenbankkonferenz abhält - unter anderem mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde und US-Notenbankchef Jerome Powell. Anders als die EZB macht die Federal Reserve noch keine Anstalten, sich von ihrer straffen Geldpolitik ein Stück weit zu lösen.

Die Federal Reserve hat Powell zufolge auf dem Weg zu einer Zinswende keine Eile. Die US-Notenbank sei in der Lage, sich Zeit zu nehmen und es "richtig" zu machen, sagte Powell auf dem Treffen. Es seien Risiken mit einem zu schnellen, jedoch auch mit einem verspäteten Vorgehen verbunden.

Powell sagte in Sintra weiter, die Notenbank habe "viele Fortschritte" im Kampf gegen die Inflation gemacht. Doch müsse man weitere Daten abwarten: "Wir wollen einfach verstehen, dass die Niveaus, die wir sehen, wirklich das abbilden, was tatsächlich mit der zugrunde liegenden Inflation passiert", sagte der US-Notenbankchef.

Auch EZB-Chefin Christine Lagarde betonte in einem Diskussionsbeitrag, man sei im Kampf gegen die Inflation schon weit gekommen. Fragezeichen blieben aber hinsichtlich des Wirtschaftswachstums in der 20-Länder-Gemeinschaft. Die Inflation in der Euro-Zone liegt inzwischen im Juni bei 2,5 Prozent. Damit ist die Zielmarke der Währungshüter von 2,0 Prozent nicht mehr weit entfernt. Noch im Herbst 2022 hatte die Teuerung zeitweise bei über zehn Prozent gelegen.

Aktien der beiden Rückversicherer Hannover Rück und Münchener Rück standen am DAX-Ende. Sie litten besonders unter dem Hurrikan "Beryl", der im Südosten der Karibik ungewöhnlich früh in der Sturmsaison an Fahrt und Stärke aufnimmt. Er könnte den Erst- und vor allem den Rückversicherern umfangreiche Schadenskosten verursachen.

"Beryl" war am Montag als Hurrikan der Kategorie 4 bei der zu Grenada gehörenden Insel Carriacou auf Land getroffen, wie das US-Hurrikanzentrum NHC mitteilte. Inzwischen wurde er auf die höchste Kategorie 5 hochgestuft.

Im MDAX gehörten die Papiere von Talanx mit einem Minus von rund 4,4 Prozent zu den größten Verlieren. In Zürich gaben auch die Papiere von SwissRe ebenfalls nach.

Gegen den schwachen Markttrend zogen Siemens Energy an der DAX-Spitze um gut 3,7 Prozent an. Der Energietechnikkonzern plant angesichts der stark gestiegenen Nachfrage nach Strom die Einstellung von mehr als 10.000 neuen Mitarbeitern und will in den nächsten sechs Jahren 1,2 Milliarden Euro in sein Stromnetzgeschäft investieren.

Der Pharma- und Laborausrüster Sartorius muss sich auf die Suche nach einem neuen Unternehmenschef machen. Der langjährige Vorstandsvorsitzende Joachim Kreuzburg strebe wegen seiner persönlichen Lebensplanung keine nochmalige Vertragsverlängerung an, teilte der DAX-Konzern mit. Seinen bis November 2025 laufenden Vertrag werde er zu Ende führen.

Der DAX-Konzern Airbus hat eine große Flugzeugbestellung aus den Philippinen an Land gezogen. Cebu Pacific (CEB) unterzeichnete eine verbindliche Absichtserklärung über den Kauf von bis zu 152 Maschinen des Typs A321neo zum Listenpreis von 24 Milliarden Dollar. Diese umfasst feste Bestellungen für bis zu 102 A321neo sowie 50 Kaufrechte für die A320neo-Familie.

Der Volkswagen-Konzern hat im zweiten Quartal beim US-Absatz uneinheitlich abgeschnitten. Die Zahl der verkauften Fahrzeuge der Marke VW sprang im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um fast ein Drittel auf gut 100.000 Stück hoch, wie die US-Tochter am Abend bekanntgab. Der Absatz des E-Auto-Modells ID.4 sank allerdings um 15 Prozent.

Die Volkswagen-Tochter Audi verzeichnete im zweiten Quartal einen deutlichen Absatzrückgang. Mit 48.687 Fahrzeugen wurden 12 Prozent weniger ausgeliefert worden als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Seit Jahresanfang beläuft sich das Minus auf 14 Prozent.

Torsus und die Rheinmetall-Tochter RMMV wollen dem tschechischen Fahrzeughersteller zufolge gemeinsam Transporter für Spezial-Einsatzkräfte entwickeln. Rheinmetall hält 51 Prozent der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen mit der MAN Truck & Bus SE.

Ein Analystenkommentar treibt den Aktienkurs von Hellofresh kräftig nach oben. Die Titel des Kochboxen-Anbieters legten über sieben Prozent zu und waren damit mit Abstand größter Gewinner im MDAX. Am Vormittag lagen die Gewinne sogar noch höher. Hintergrund sei, dass die US-Bank JP Morgan die Aktie von der "Negative Catalyst Watch"-Liste gestrichen habe, sagte ein Händler.

Der Kölner Motorenbauer Deutz will nach einer Übernahme in den USA über Nacht rund 70 Millionen Euro frisches Kapital für weitere Zukäufe einsammeln. Die Commerzbank und M.M. Warburg warfen am Abend 12,61 Millionen Deutz-Aktien auf den Markt, die zum Xetra-Schlusskurs einen Wert von 76,7 Millionen Euro haben und bei institutionellen Anlegern platziert werden sollen.

Deutz erhöht damit sein Grundkapital um zehn Prozent, wie das Unternehmen mitteilte. Deutz hatte in der vergangenen Woche den Kauf des Stromgeneratoren-Herstellers Blue Star Power Systems angekündigt, der mit 110 Mitarbeitern gut 100 Millionen Dollar Umsatz erwirtschaftet. Zum Kaufpreis wurde damals nichts bekannt.

Vorstandschef Sebastian Schulte will Deutz damit unabhängiger vom Geschäft mit Motoren für Bau- und Landmaschinen machen. Er liebäugelt auch damit, im Rüstungsgeschäft mitzumischen.

Der Boom bei Künstlicher Intelligenz (KI) treibt den Wert der 100 wertvollsten börsennotierten Konzerne der Welt weiter in die Höhe. Er stieg in den ersten sechs Monaten des Jahres um 17 Prozent auf einen Höchststand von 42,3 Billionen Dollar, wie aus einer Auswertung des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY hervorgeht. Auf Platz 1 liegt Microsoft mit 3,3 Billionen Dollar, gefolgt von Apple und Nvidia.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 02. Juli 2024 um 09:00 Uhr.