Börsenhändler in Frankfurt
marktbericht

Trump verunsichert weiter DAX-Anleger scheuen das Risiko

Stand: 19.07.2024 09:33 Uhr

Die Anleger an den Finanzmärkten nehmen von deutschen Aktien weiter Abstand. Angesichts der zuletzt gewachsenen Risiken in den USA gerät der DAX erneut unter Druck.

Der DAX ist mit Verlusten in den letzten Handelstag der Woche gestartet. In den ersten Handelsminuten geht es bis zu 0,5 Prozent auf 18.264 Punkte abwärts. Dabei könnte auch das nahende Wochenende eine Rolle spielen: Die Bereitschaft, über die handelsfreien Tage Risiken mitzunehmen, dürfte nach der Entwicklung der vergangenen Tage nicht allzu hoch sein.

Update Wirtschaft vom 19.07.2024

Samir Ibrahim, HR, Update Wirtschaft, 19.07.2024 09:00 Uhr

Unterm Strich sind es vor allem zwei Entwicklungen, die den Anlegern derzeit den Appetit auf Aktien verderben: Erstens der Ausverkauf bei US-Technologie-Aktien, zweitens die gestiegene Wahrscheinlichkeit für eine Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Anleger fürchten, dass europäische Unternehmen zu den Leidtragenden einer protektionistischen Wirtschaftspolitik unter einem Präsidenten Trump gehören könnten.

DAX in gefährlichem Terrain

Auch die charttechnischen Perspektiven für das deutsche Börsenbarometer sind aktuell nicht die besten. Mit dem Rutsch unter die 50-Tage-Linie (aktuell bei 18.476 Punkten) sind weitere Kursverluste wahrscheinlicher geworden. "Ernsthafte Gefahren drohen dem DAX unterhalb des Junitiefs (17.951 Punkte)", betont HSBC-Experte Jörg Scherer.

Von der Wall Street kommt unterdessen keine Unterstützung für die DAX-Käufer. An den US-Börsen hatte sich gestern der Tech-Ausverkauf fortgesetzt, was auch den Gesamtmarkt ins Minus drückte. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss 1,3 Prozent tiefer auf 40.665 Punkten. Der technologielastige Nasdaq gab 0,7 Prozent auf 17.871 Zähler nach. Der breit gefasste S&P 500 büßte 0,8 Prozent auf 5.544 Stellen ein.

"Mit Technologieaktien ist an der Börse gerade kein Blumentopf zu gewinnen", konstatiert Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. "Die Anleger bleiben im Gewinnmitnahme-Modus und kommen da erst einmal nicht mehr raus."

Auch an den asiatischen Börsen wollte zum Wochenschluss keine Kauflaune aufkommen. Der Hang-Seng-Index der Sonderverwaltungszone Hongkong fiel zuletzt um 1,9 Prozent. Der 225 Werte umfassende japanische Nikkei verabschiedete sich mit einem Minus von 0,2 Prozent auf 40.064 Punkte ins Wochenende.

Der Goldpreis hat sich derweil wieder klar von seinem zur Wochenmitte markierten Rekordhoch nach unten entfernt. Am Morgen kostet die Feinunze Gold 2.421 Dollar und damit 0,8 Prozent weniger. Am Mittwoch mussten Anleger für das gelbe Edelmetall in der Spitze noch 2.484 Dollar zahlen. Der Euro gibt leicht nach auf 1,0889 Dollar.

Derweil ist die Erholungsrally beim japanischen Yen vorerst zum Erliegen gekommen. Der Dollar zieht um bis zu 0,3 Prozent auf 157,86 Yen an. Gestern war er noch mit 155,36 Yen auf ein Sechs-Wochen-Tief zur japanischen Währung gefallen. Händler vermuten, dass die Behörden den Yen in den vergangenen Tagen mit Interventionen am Devisenmarkt gestützt haben. Anleger spekulieren nun darauf, dass die Bank of Japan (BoJ) schon bald die Zinsen erhöhen könnte, um die Währung zu stabilisieren.

Die Ölpreise stehen zum Wochenschluss unter Druck. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostet aktuell 84,56 Dollar und damit 0,7 Prozent weniger als am Vortag. Gemischte Wirtschaftssignale trüben die Stimmung der Anleger und beflügeln den Dollar. Der stärkere Dollar dämpft wiederum die Nachfrage von Anlegern aus dem Nicht-Dollar-Raum. Die sinkende Risikolust der Investoren lastet zusätzlich auf den Ölpreisen.

Im DAX bricht die Sartorius-Aktie im frühen Handel um elf Prozent ein. Anleger reagieren damit auf eine massive Gewinnwarnung des Laborzulieferers. Die reduzierte Prognose für 2024 bedeute im Konsens einen Korrekturbedarf beim bereinigten operativen Ergebnis von zehn Prozent, betont Analyst Falko Friedrichs von der Deutschen Bank.

Serbien möchte heute beim Besuch von Kanzler Olaf Scholz in Belgrad mit dem Bergbaukonzern Rio Tinto sowie den Autounternehmen Mercedes und Stellantis eine Vereinbarung unterzeichnen, die den Aufbau einer Lithiumverarbeitung und möglicherweise einer Batterieproduktion nach sich ziehen könnte. Dies soll die europäische Abhängigkeit von China reduzieren.

Der Reisekonzern TUI will mit dem Angebot neuer Wandelschuldverschreibungen Geld für den Rückkauf umlaufender Papiere einnehmen. So sollen Wandelanleihen im Umfang von rund 475 Millionen Euro und einer Laufzeit von sieben Jahren ausgegeben werden. Das Angebot stelle den letzten Schritt zur Refinanzierung der von der staatlichen Förderbank KfW erhaltenen Kreditlinie dar, um diese nun wie vertraglich vereinbart von derzeit 550 Millionen Euro auf rund 220 Millionen Euro zu senken.

Der Chipausrüster Süss Microtec hat seine Jahresziele nach oben geschraubt. Der Vorstand gehe nach einem starken zweiten Quartal von einer anhaltend positiven Entwicklung aus. Beim Umsatz würden nun 380 bis 410 (bisher: 340 bis 370) Millionen Euro erwartet, bei der Bruttomarge 38 bis 40 (bisher: 35 bis 38) Prozent und bei der EBIT-Marge 14 bis 16 (bisher: 10 bis 12) Prozent.

Der Streaming-Marktführer Netflix wächst weiter ungebremst und will klassischem Fernsehen verstärkt Zuschauer abjagen. Im vergangenen Quartal gewann der US-Konzern gut acht Millionen Kundenhaushalte hinzu. Unterm Strich stieg der Gewinn von 1,49 auf knapp 2,15 Milliarden Dollar.

Der Autohersteller Stellantis ruft weltweit rund 24.000 Plug-in-Hybrid-Minivans vom Typ Chrysler Pacifica wegen Brandgefahr zurück. Die Besitzer wurden aufgefordert, bis zur Behebung eines möglichen Defekts nur im Freien und nicht nah an Gebäuden zu parken.