Europaweiter Aktionstag Ausschreitungen nach Protesten gegen die Sparpolitik
Bei europaweiten Protesten gegen die Sparpolitik ist es in Italien, Spanien und Portugal zu Ausschreitungen gekommen. In Madrid und Barcelona gab es zahlreiche Verletzte. In Lissabon wurden Polizisten mit Steinen und Flaschen beworfen. Ähnlich war die Situation in Rom und Mailand.
In Italien, Portugal und Spanien ist es am europaweiten Demonstrationstag gegen die Sparpolitik zu teils schweren Auseinandersetzungen zwischen Randalierern und der Polizei gekommen.
In Rom setzte die Polizei Tränengas ein und rückte mit gepanzerten Fahrzeugen vor, um randalierende Schüler und Studenten vom Tiber-Ufer zu vertreiben. Diese hatten zuvor Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper auf die Polizei geworfen. Reporter sprachen von Guerilla-ähnlichen Szenen. In Pisa gelang es Demonstranten, den Schiefen Turm zu besetzen und ein Transparent mit der Aufschrift "Steht auf! Wir zahlen nicht für eure Krise" anzubringen. In Neapel besetzten Schüler und Studenten zeitweise die Gleise des Hauptbahnhofs.
In Turin wurden drei Polizisten bei Krawallen verletzt, einer von ihnen schwer; Demonstranten hatten seinen Schutzhelm mit Stöcken und Baseballschlägern zertrümmert. Auch an anderen Orten wurden Beamte verletzt, es gab mehrere Festnahmen.
Mehr als 140 Festnahmen in Spanien
In Madrid ging die Polizei im Stadtzentrum mit Schlagstöcken und Gummigeschossen gegen eine Gruppe von Demonstranten vor. Zu der Auseinandersetzung war es gekommen, als die Beamten einen Anhänger der Bewegung der "Empörten" festnehmen wollten und dabei mit anderen Demonstranten aneinander gerieten.
In Barcelona wurde mindestens ein Polizeifahrzeug in Brand gesteckt. Insgesamt wurden 74 Menschen bei den Zusammenstößen verletzt und 142 weitere festgenommen, wie die Polizei mitteilte.
Auch in Lissabon wurden Polizisten mit Steinen, Flaschen, Böllern und Farbbeuteln beworfen. Die Politisten reagierten mit Schüssen in die Luft, um die Menschenmenge auseinander zu treiben.
Gewerkschaftsaufruf zum Aktionstag
Zehntausende Menschen waren am Mittwoch den Aufrufen der Gewerkschaft gefolgt und hatten unter anderem in Portugal, Belgien, Frankreich, Deutschland und Griechenland gegen die harten Sparmaßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkrise protestiert. Die Sparpolitik würde die Rezession in vielen Ländern noch verschärfen, argumentierten die Gewerkschafter.
"Wir streiken, um diese selbstmörderische Politik zu beenden", sagte der Chef der spanischen Gewerkschaft UGT, Candido Mendez. Vor allem in Spanien und Portugal fuhren kaum noch Züge, Schulen und Fabriken blieben geschlossen, Hunderte Flüge wurden gestrichen.
Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos kündigte an, die Sparpolitik fortzusetzen: "Die Regierung wird alle Verpflichtungen einhalten", sagte er - und bekam dafür Lob von EU-Währungskommissar Olli Rehn. Dieser räumte aber ein, dass die Lage für viele Spanier sehr schwierig sei.
"Der Sparpakt schadet der Gesundheit"
In Griechenland legten Zehntausende Beschäftigte - hauptsächlich Staatsbedienstete - für drei Stunden die Arbeit nieder. Viele demonstrierten im Zentrum Athens. Auf Transparenten stand: "Der Sparpakt schadet ernsthaft der Gesundheit."
In Belgien legte ein 24-stündiger Streik der Bahnmitarbeiter den Zugverkehr weitgehend lahm. Auch in Paris protestierten mehrere Tausend Menschen unter dem Motto "Für Beschäftigung und Solidarität - gegen Sparmaßnahmen".
DGB-Chef will Reiche mehr an Wiederaufbau beteiligen
DGB-Chef Michael Sommer forderte einen Kurswechsel im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Dem RBB-Inforadio sagte er, vor allem die Reichen müssten mehr beteiligt werden, um den wirtschaftlichen Wiederaufbau voranzubringen.
Nach Ansicht der Gewerkschaften wird die Wirtschaftskrise in den Ländern Südeuropas durch die Sparpolitik verschärft. Die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone erreichte im September einen neuen Rekordwert. Besonders die Arbeitsmärkte in Südeuropa sind von der Krise hart getroffen - die höchste Arbeitslosenquote hat Spanien. Hier ist derzeit jeder vierte Arbeitnehmer ohne Beschäftigung.