Worüber die Griechen abstimmen Entscheidung zwischen Euro und Drachme
Bei der geplanten Volksabstimmung müssen die Griechen letztlich zwischen dem Euro und der Rückkehr zur Drachme wählen. Denn bei einem Nein zum Rettungspaket droht dem Land die Pleite und der Rausschmiss aus der Eurozone.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Finanzminister Evangelos Venizelos hat den Bürgern schon mal deutlich gemacht, worüber sie abstimmen sollen, nämlich: entweder Euro oder Drachme. Das heißt: Entweder Griechenland wird gerettet und behält den Euro oder aber das Land geht bankrott, muss die Drachme wieder einführen und fällt zurück auf einen Stand der 1950er- oder 1960er-Jahre - so Finanzminister Venizelos.
Sein Chef, Ministerpräsident Giorgos Papandreou, will dennoch die Abstimmung wagen. Er ist es offenbar leid, sich mit seiner knappen Mehrheit von nur drei Stimmen im Parlament von Sparpaket zu Sparpaket zu hangeln. Auch in seiner eigenen sozialdemokratischen Partei, der Pasok, wächst der Unmut. Deshalb will Papandreou nun das ganze Volk entscheiden lassen. "Es ist die höchste Form der Demokratie", sagte er. "Mit dieser Entscheidung können die Bürger ihren Patriotismus beweisen. Das Volk soll das letzte Wort haben. Es soll nicht über Personen oder Parteien entscheiden, sondern über das Schicksal und den Kurs unseres Landes."
Opposition hält Referendum für unzulässig
Eine Volksabstimmung gab es in Griechenland zuletzt 1974. Damals entschied das Volk, die Monarchie in Griechenland abzuschaffen. Die größte Oppositionspartei, die konservative Nea Demokratia, meinte heute, nach der Verfassung dürfe es nur über solche grundsätzliche Fragen Volksabstimmungen geben, nicht aber zu einem Wirtschaftsthema wie einem Rettungspaket. Papandreou schnippe die EU-Mitgliedschaft wie eine Münze in die Luft, so ein Sprecher der Opposition.
In der Tat, es ist nicht abzusehen, wie die Münze auf den Boden fällt, also ob das griechische Volk Ja oder Nein sagt zum Rettungspaket. Wenn es das Rettungspaket ablehnen sollte, bekäme Griechenland keine neuen Hilfskredite, wäre pleite und würde sicherlich aus der Eurozone hinausfliegen. Wie es dann mit Griechenland weitergehen soll, weiß niemand.
Ministerpräsident Papandreou geht aber davon aus, dass sein Plan aufgeht, dass das Volk also seine Sparpolitik doch noch absegnen wird - auch wenn Umfragen heute zu einem anderen Schluss kommen. Den Weg zu dieser Abstimmung bereitet er ab sofort vor.
Papandreou stellt die Vertrauensfrage
Noch in dieser Woche will Papandreou im Parlament erneut die Vertrauensfrage stellen. "Zum einen gab es seit der letzten Vertrauensabstimmung im Juni viele neue Entwicklungen und jetzt ein neues Rettungspaket", erklärte er zu Begründung. "Vor allem aber müssen wir vereint und mit Entschlossenheit das Programm umsetzen - mit einem Referendum in dieser kritischen, nationalen Frage."
Da standen alle Abgeordneten seiner Fraktion auf und spendeten Beifall. Papandreou geht davon aus, dass er die Vertrauensabstimmung Ende der Woche gewinnt. Dann muss er mit der Herkules-Aufgabe beginnen, sein Volk davon zu überzeugen, dass es wirklich keine Alternative zum Rettungspaket und zur Sparpolitik gibt. Es sei denn, das Volk wähle wirklich den Staatsbankrott und somit die eigene Pleite.