Gutschein-Lösung Kein Konzert, kein Geld zurück
Wenn wegen der Coronakrise Kultur-, Sport- oder Freizeitevents ausfallen, sollen Nutzer mit Gutscheinen statt mit Geld entschädigt werden. Das Kabinett billigte einen entsprechenden Gesetzentwurf und erntet dafür harsche Kritik.
Das Bundeskabinett hat entschieden, dass Kunden bei abgesagten Veranstaltungen Gutscheine und kein Bargeld erhalten sollen.
Für den Fall Pandemie-bedingter Absagen von Veranstaltungen soll der Veranstalter für vor dem 8. März erworbene Tickets den Käufern anstelle einer Erstattung in der Regel einen Gutschein geben dürfen. Auch für Jahreskarten etwa für Museen oder Schwimmbäder, die wegen der Pandemie zeitweise nicht genutzt werden können, soll es einen Gutschein geben. Verbraucher, die den Gutschein bis zum 31. Dezember 2021 nicht einlösen, erhalten demnach ihr Geld zurück. Zudem ist eine Härtefallregelung vorgesehen für Kunden, die das Geld in der Krise dringend brauchen.
Hintergrund ist, dass Event-Veranstalter angesichts des einbrechenden Geschäfts in der Corona-Krise zusätzliche Finanzierungsprobleme bekommen, wenn sie Kunden auch noch die Einnahmen für Tickets und Buchungen zurückerstatten müssen.
Massive Kritik von Verbraucherschützern
Harsche Kritik an diesem Vorhaben kommt von Verbraucherschützern. Alle hätten an den Folgen der Corona-Krise schwer zu tragen, Unternehmen wie Verbraucher, erklärte der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. "Die geplanten Zwangsgutscheine verteilen die Lasten aber auf eine unzumutbare und unfaire Weise. Die Pläne drohen viele Verbraucher zu überfordern."
Viele Menschen solidarisierten sich bereits mit den Anbietern und entschieden sich freiwillig für einen Gutschein. "Solidarität aber zum Zwang zu machen und bewährtes Verbraucherrecht - nämlich den Anspruch auf Erstattung - auszuhebeln, ist der falsche Weg." Der Staat dürfe nicht verordnen, wofür die Menschen ihr Geld ausgeben. Gutscheine seien "keine geeignete Krisenhilfe".
Auch die FDP im Bundestag fordert Nachbesserungen: Gehe ein Veranstalter bankrott, blieben Nutzer trotzdem auf den Kosten sitzen, so das Argument. Die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Katharina Willkomm verlangte, die Regierung müsse "die Veranstaltungsgutscheine insolvenzsicher machen".
Das vom Kabinett beschlossene Papier ist eine "Formulierungshilfe" für einen Gesetzentwurf. Formal einbringen sollen ihn die Koalitionsfraktionen im Bundestag, also Union und SPD, weil das schneller geht als der reguläre Gesetzgebungsprozess.
Regierung dringt bei EU auf Lösung für stornierte Flüge
Ähnlich wie bei Konzerten und Events will die Bundesregierung auch bei stornierten Flügen verfahren. Sie dringt bei der EU-Kommission, die für die Fluggastrechte zuständig ist, auf eine schnelle Ausnahmeregelung per Gutschein-Lösung.
"Das gemeinsame Ziel Europas und der Mitgliedstaaten muss es jetzt sein, den europäischen Flugverkehrsmarkt über die Krise hinaus in seiner Struktur zu erhalten", schreiben Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden gemeinsamen Brief an die EU-Verkehrs-Kommissarin Adina-Ioana Valean.
Nur vereinzelt sind momentan noch Reisende am Flughafen Frankfurt unterwegs. Der Großteil der Flüge ist abgesagt.
Die Rückerstattung für stornierte Flüge vorübergehend durch Gutscheine zu erlauben - und das "auch ohne Zustimmung des Fluggastes" -, ist nach Ansicht der Minister eine wirksame Möglichkeit, weitere Liquiditätsprobleme der Fluggesellschaften zu vermeiden. "Werden die Fluggesellschaften durch die massenhaften Rückzahlungen in die Insolvenz getrieben, stehen auch ihre Kundinnen und Kunden auf der Verliererseite", argumentieren die Minister.