Bundestag debattiert Euro-Rettungsschirm Schäuble wirbt um Zustimmung zu Euro-Hilfen
Finanzminister Schäuble hat die geplante Aufstockung des Euro-Rettungsschirms verteidigt. Sie sei wichtig für die Stabilität der Eurozone. Die Lage in Griechenland sei ernst. SPD-Chef Gabriel signalisierte Zustimmung zu den Hilfen, hielt Schwarz-Gelb aber vor, die Krise verschlimmert zu haben.
Der Bundestag hat in erster Lesung über den Gesetzentwurf zur Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF beraten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hob dabei die Bedeutung der Milliarden-Garantien für die Zukunft der Euro-Zone hervor. "Wir haben diesen Mechanismus schaffen müssen, damit aus den Problemen eines Landes nicht eine Gefahr für die Stabilität der gesamten Eurozone werden kann", sagte er. "Wegen der Ansteckungsgefahr auf den Märkten brauchen wir diesen Stabilisierungsmechanismus." Diese Lehre müsse aus der anhaltenden Krise gezogen werden. Derzeit erhalten Irland und Portugal Finanzhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm. Für Griechenland gibt es daneben ein eigenes Rettungspaket.
"Die Lage in Griechenland ist ernst"
Mit den Hilfen werde Schuldenländern wie Griechenland Zeit verschafft, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. "Die Lösung der Strukturprobleme können wir ihnen nicht ersparen", stellte Schäuble aber klar. "Es geht bei allen Hilfen um Hilfe zur Selbsthilfe." Er betonte zugleich, dass die vereinbarten Voraussetzungen für die Auszahlung der Hilfen eingehalten werden müssten.
Er verwies dabei besonders auf Griechenland, wo die sogenannte Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) ihre Prüfung der laufenden Reformen zur Haushaltssanierung unterbrochen hatte. "Die Lage ist ernst in Griechenland", sagte Schäuble. So lange die Mission nicht fortgesetzt werden könne, gebe es kein Geld. Schäuble ermahnte die griechische Regierung, ihren eingeschlagenen Reformkurs beizubehalten. Die Diskussion über ein weiteres Hilfsprogramm für Athen sei jedoch verfrüht, da nicht klar sei, ob Griechenland überhaupt die Voraussetzungen für die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem laufenden Paket erfülle.
Schäuble begrüßte das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Griechenland-Hilfen und den Euro-Rettungsschirm gebilligt hatte. Künftige Hilfen koppelten die Richter jedoch an die Vorgabe, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages jedem Schritt zustimmen muss.
Für die Regelung der Parlamentsbeteiligung an Entscheidungen über Hilfen des erweiterten Euro-Rettungsschirms erwägt die Regierungskoalition ein abgestuftes Modell. Je nach Bedeutung der Entscheidung wäre die Zustimmung des Bundestages insgesamt oder lediglich des Haushaltsausschusses notwendig. Eine zentrale Frage ist aber noch ungeklärt: "In Fällen besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit wird eine Regelung vorgesehen, die eine Beteiligung des Deutschen Bundestages gewährleistet", heißt es in dem Antrag von Union und FDP. Wie diese Regelung genau aussieht, darüber wollen die Koalitionsfraktionen noch untereinander, aber auch mit der Opposition beraten.
"Es gibt keine einfachen Lösungen"
In der Debatte hielt der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel der Regierung vor, mit populistischen Äußerungen Partner und Märkte in der Euro-Krise verunsichert zu haben. "Jeder weiß, dass es keine einfachen Lösungen gibt", sagte er. Mit einer zögerlichen Politik habe Bundeskanzlerin Angela Merkel die Krise erst verschlimmert. Grundsätzlich signalisierte er aber, dass die Sozialdemokraten die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms unterstützen. "Es sind die ersten richtige Schritte der Regierung, deshalb werden wir sie mittragen."
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte, als Reaktion auf die Schuldenkrise die europäischen Institutionen zu stärken. "Das ist die Botschaft von Karlsruhe", sagte er mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Solange es eine ausreichende Kontrollfunktion auf europäischer Ebene aber nicht gebe, müsse der Bundestag diese Kontrollrechte haben, fügte er hinzu. Trittin machte deutlich, dass seine Fraktion trotz der Kritik an Merkels Krisenpolitik der Erweiterung des Rettungsschirms zustimmen wolle.
Der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, kündigte dagegen ein Nein seiner Partei zu den Plänen an. "Gerettet werden nur Banken, Versicherungen und Hedgefonds", sagte Ernst. Die Bundesregierung sei der Krise nicht gewachsen. "Sie haben die falschen Konzepte", warf er Schwarz-Gelb vor. Die Vorlage zur Euro-Rettung sei ein "Fass ohne Boden".
Bürgschaften in Höhe von bis zu 253 Milliarden Euro
Falls die geplante EFSF-Reform verabschiedet wird, könnten auf Deutschland Bürgschaften von bis zu 253 Milliarden Euro zukommen. Bisher ist der deutsche Beitrag zu Garantien für hoch verschuldete Euro-Staaten auf 123 Milliarden Euro begrenzt. Diese Summe soll durch die Reform auf 211 Milliarden Euro steigen. Hinzu kommt ein Sicherheitspuffer von 20 Prozent, um etwa den Ausfall anderer Euro-Staaten als Bürgen auffangen zu können. Dadurch ergibt sich der Höchstbetrag von 253 Milliarden Euro. Allerdings handelt es sich ausschließlich um Garantien für Kredite. Kosten für den deutschen Staat entstünden nur dann, wenn schwächelnde Euro-Staaten diese Kredite nicht zurückzahlen könnten und Deutschland einspringen müsste.
Bei der Abstimmung am 29. September über den Gesetzentwurf der Regierung zur Erweiterung des Euro-Rettungssschirm muss Kanzlerin Angela Merkel um ihre Koalitionsmehrheit bangen. Anfang der Woche hatten 25 Abgeordnete von Union und FDP bei einer internen Probeabstimmung in den Fraktionen ihre Gefolgschaft verweigert.