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ICANN-Kongress in Hamburg Die Verwalter des Internets

Stand: 23.10.2023 14:39 Uhr

Sie sorgt dafür, dass das Internet reibungslos funktioniert - und doch kennt sie kaum jemand: Die Internet-Organisation ICANN tagt in dieser Woche in Hamburg. Wer steckt dahinter - und worum geht es?

Von Antonia Mannweiler, ARD-Finanzredaktion

In diesem Jahr hat die Weltbevölkerung die Marke von acht Milliarden Menschen geknackt. Von diesen haben rund 5,4 Milliarden das Internet genutzt. Doch obwohl das Netz aus dem Alltag kaum noch wegzudenken ist, wissen die wenigsten von der Organisation, die eigentlich für seine reibungslose Nutzung verantwortlich ist: die ICANN.

In dieser Woche findet die 78. Hauptversammlung der Internetverwaltung ICANN in Hamburg statt - es ist das erste Mal seit 20 Jahren, dass die Konferenz wieder in Deutschland ist. Rund 2.500 Teilnehmer aus Forschung, Tech-Community, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft werden erwartet.

Für stabilen Internetbetrieb zuständig

Doch was ist die ICANN eigentlich - und was macht sie genau? Die Abkürzung ICANN steht für die "Internet Corporation for Assigned Names and Numbers". Gegründet wurde die gemeinnützige Organisation im Jahr 1998 mit dem Ziel, den sicheren, reibungslosen und stabilen Betrieb des Internets sicherzustellen und ein einheitliches globales Netz zu gewährleisten. Die ICANN wird daher auch als Verwalter des Internets gesehen.

Doch was heißt das konkret? Damit das Internet funktioniert - E-Mails ihren richtigen Empfänger finden oder bei der Eingabe einer bestimmten URL die passende Website gefunden wird -, sind weltweit eindeutig zuweisbare Domain- und IP-Adressen nötig. Und ICANN hilft bei der Koordinierung und Vergabe der eindeutigen Kennungen.

Adressen für den Datenverkehr

Die Domain-Adresse ist die Internetadresse, mit der man im Browser etwa bestimmte Websites wie zum Beispiel www.tagesschau.de besucht. Diese wiederum besteht aus drei Teilen: "www" wäre dabei die Subdomain, "tagesschau" der Domain-Name und ".de" die sogenannte Top-Level-Domain. Zu den bekanntesten Top-Level-Domains zählen ".com" oder ".org". Diese Top-Level-Domains werden von sogenannten Registrierungsstellen vergeben. Und ICANN bestimmt, welche der Stellen die Top-Level-Domains kontrollieren. Das US-Unternehmen Verisign etwa betreibt die großen Top-Level-Domains ."com" und ".net". In Deutschland verwaltet die Genossenschaft DENIC die Top-Level-Domain ".de".

Geräte, die mit dem Internet verbunden sind, erhalten dagegen eine einzigartige Nummer: die sogenannte IP-Adresse. Diese ist notwendig für die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Geräten. Ähnlich wie bei einer richtigen Hausadresse brauchen internetfähige Geräte IP-Adressen, damit Nachrichten oder Datenpakete auch dort ankommen, wo sie ankommen sollen. Seit 25 Jahren übernimmt die ICANN mit der Hilfe von sogenannten "Numbering Authorities" zum Beispiel in Nordamerika oder Europa die Verwaltung und Vergabe der eindeutigen Kennungen.

Wie ist ICANN organisiert?

Obwohl die ICANN 1998 auf Anregung des früheren US-Präsidenten Bill Clinton gegründet wurde, gaben die USA ihre Aufsichtsfunktion 2016 auf. Die Organisation vertritt den "Multi-Stakeholder-Ansatz". Das heißt, dass nicht Staaten über das Internet entscheiden sollen, sondern alle Interessensvertreter gemeinsam. Dabei werden sowohl Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft als auch Regierungen an den Entscheidungsprozessen beteiligt. Die Grundüberzeugung bestehe darin, dass alle Nutzer des Internets ein Mitspracherecht bei dessen Betrieb verdienten, schreibt ICANN über seine Organisationsstruktur.

Dabei gliedert sich ICANN in drei Teile. Die ICANN-Community besteht aus verschiedenen Interessensgruppen: globale Organisationen, Verbände, Wirtschaftsvertreter, einzelne Internetnutzer oder Regierungen. Sie diskutieren, beraten und arbeiten zusammen an Richtlinien. Der Vorstand wird von der Community gewählt und ist für die strategische Ausrichtung der Organisation verantwortlich. Die ICANN-Organisation unterstützt Vorstand und Community mit Personal und Ressourcen. ICANN arbeitet nach eigenen Angaben dabei von "unten nach oben". Nicht der Vorstand lege fest, welche Themen ICANN behandle, sondern die Mitglieder der Untergruppen.

Trotz der offenen Organisationsstruktur gibt es bei so vielen Interessengruppen auch Meinungsverschiedenheiten - gerade bei der Frage, wie offen und frei das Internet sein soll. So hatte die Ukraine zu Beginn des Krieges im vergangenen Jahr gefordert, Russland aus dem Internet auszuschließen. ICANN hatte das abgelehnt mit der Begründung, "neutral" bleiben zu müssen.

Regeln sollen Bewerbungsverfahren klären

Bei der Konferenz in Hamburg soll es unter anderem um das Bewerbungsverfahren für neue sogenannte generische Top-Level-Domains (gTLDs) gehen, die 2026 freigegeben werden sollen. Während ".de" eine deutschlandspezifische Top-Level-Domain ist, sind gTLDs länderübergreifend und stehen oft thematisch für bestimmte Felder.

Hinter ".org" stecken zum Beispiel häufig gemeinnützige Organisationen. Das Regelwerk für das Bewerbungsverfahren soll in Hamburg verabschiedet werden. Auch über die Weiterentwicklung des offenen, freien und sicheren Internets soll gesprochen werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das "Hamburg Journal" am 17. Oktober 2023 um 19:30 Uhr.