Chipwerke in Magdeburg Kippt die US-Wahl die Intel-Ansiedlung?
Nach der Wahl Donald Trumps fürchten mehrere Ökonomen, dass Intel ganz auf seine geplante Chipfabrik in Deutschland verzichten könnte. Denn die USA könnten Technologie-Ansiedlungen dann noch stärker anlocken.
Eigentlich sollten ab 2027 schon erste Chips von Intel in Sachsen-Anhalt vom Band laufen. Doch der Bau der geplanten Intel-Fabriken in Sachen-Anhalt liegt auf Eis, weil der der US-Konzern zuletzt ins Straucheln geraten war.
Nach der US-Wahl sehen mehrere Ökonomen noch düsterer für die Zukunft der geplanten Halbleiterfabriken in Magdeburg. So etwa Reint Gropp, der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Er geht davon aus, dass auch künftig keine Bagger rollen werden: "Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, dass Intel jetzt noch nach Magdeburg kommt", sagte Gropp der Nachrichtenagentur dpa.
Auch Christian Rusche, Senior Economist für Digitalisierung, Strukturwandel und Wettbewerb am Institut der deutschen Wirtschaft (IW), und Dirk Dohse, Forschungsdirektor des Bereichs Innovation und Wettbewerb beim Kiel Institut für Weltwirtschaft, sagen: Mit Donald Trump als kommendem US-Präsidenten wird es zumindest sehr viel wahrscheinlicher, dass Intel die beiden geplanten Werke in Magdeburg gar nicht erst baut. In der Megafabrik an zwei Standorten sollten eigentlich 3.000 Arbeitsplätze entstehen, an der Uni wurden extra dafür zwei neue Studiengänge ins Leben gerufen.
Problem: USA sind wichtigster Absatzmarkt für Halbleiter
"Ich denke, mit der Wahl Trumps haben sich sich die Bedingungen deutlich verändert. Trump setzt auf Protektionismus, er will hohe Zölle einführen, und er will so viele Unternehmen nach Amerika holen wie es geht", sagt IW-Experte Rusche tagesschau.de. "Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt. Da ist es für Unternehmen durchaus eine relevante Überlegung, angesichts drohender Zölle lieber die Produktion in den Vereinigten Staaten zu stärken."
Wettbewerbsexperte Dohse vom IfW Kiel betont, dass Trump zudem Steuereleichterungen für Unternehmen angekündigt hat. "Zusammen mit den Zöllen kann es sich dann deutlich mehr lohnen, in den USA zu produzieren."
Europa liegt im Subventionswettlauf hinten
Ein wichtiger Faktor sind nach Sicht von Rusche auch die Subventionen. Zwar hat Trump wiederholt die Wirtschaftspolititk seines demokratischen Vorgängers Joe Bidens kritisiert. Dieser hatte den "Chips and Science Act" aufgelegt, um Ansiedlungen der Halbleiterindustrie in die USA zu holen. Digitalwirtschaftsexperte Rusche glaubt aber, dass Trump diese in Teilen, etwa was Subventionen angeht, fortführen dürfte: "Trump ist eine amerikanische Fabrik zwanzig Mal lieber als eine in Kanada und dreihundert Mal lieber als eine in Deutschland." Und im Zweifel entschieden eben auch Subventionen über die Standortwahl, sagt der Wirtschaftswissenschaftler.
Zwar hat etwa Deutschland Intel zehn Milliarden für die Ansiedlung an Subventionen in Aussicht gestellt. Doch international seien noch weitaus größere Summen im Spiel, sagt der IW-Forscher: "China hat einen neuen 44 Milliarden Euro schweren Förder-Fonds aufgelegt und hat schon zwei große bestehende. Die USA haben ebenfalls 50 Milliarden Dollar für die Halbleiterproduktion und 24 Milliarden Dollar für Steuergutschriften bereitgestellt." Die deutschen und europäischen Mittel könnten da nicht mithalten.
Trump will auch Autoindustrie abwerben
Nach der US-Wahl geht es aber längst nicht mehr nur um Intel. IfW Kiel-Direktor Dohse sagt: "Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich auch andere Industrieunternehmen überlegen, zumindest Teile der Produktion zu verlagern." Trump hat etwa schon die Autoindustrie in den Blick genommen: "Ich möchte, dass deutsche Autofirmen zu amerikanischen Autofirmen werden", hatte er im Wahlkampf selbstbewusst angekündigt.
Doch wie kann die deutsche oder europäische Antwort drauf lauten? Beide Ökonomen sind nicht glücklich über den aktuellen Subventionswettlauf. Doch während etwa Dohse sagt: "Wir können froh sein, dass wir uns die zehn Milliarden für Intel vermutlich sparen werden, diese Ausgaben hätten sich so nie amortisiert", glaubt sein Kollege Rusche, dass höhere Subventionen durchaus ein Hebel sein können: "Wenn man mehr Geld auf den Tisch legt, kann das natürlich den Ausschlag für den einen oder anderen Standort geben. Auch wenn ich andere Lösungen bevorzugen würde."
Kommt Hilfe von neuen Freihandelsabkommen?
Eine weitere Möglichkeit aus Rusches Sicht: neue Freihandelsabkommen, etwa das seit Jahren stockende Mercosur-Abkommen mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay, oder ein neuer Anlauf für eines mit den USA. Aber auch die Standortbedingungen in Deutschland müsse man verbessern.
Das sieht auch Dohse so. Er sagt gegenüber tagesschau.de: "Wir müssen die Rahmenbedingungen in Deutschland attraktiver machen. Wir haben die höchsten Energiepreise in Europa, wir haben viel Bürokratie, hohe Steuern. Da müssen wir ran, nicht an Subventionen."
Ein bisschen Optimismus verbreitet Dohse aber auch: "Für die Industrieproduktion ist Deutschland durchaus ein attraktiver Standort mit vielen gut ausgebildeten Fachkräften."