Vestager zur Staatshilfe "Für Lufthansa ändert sich erst mal nichts"
Staatshilfe gegen Start- und Landerechte: Berlin und Brüssel haben sich bei der Lufthansa-Rettung geeinigt. Von einem "guten Kompromiss" spricht EU-Wettbewerbskommissarin Vestager im Interview - und dass sich für Lufthansa erst mal wenig ändert.
tagesschau.de: Warum war der Kompromiss überhaupt nötig?
Margrethe Vestager: Lufthansa ist eine großes Unternehmen. Es ist gut geführt, es ist erfolgreich und es hat Marktmacht. Und wenn es dann neun Milliarden Euro bekommt, das meiste durch Kapital, dazu noch Kredite, dann ist es in einer viel besseren Situation als die Wettbewerber. Es ist aber gut, wenn es Wettbewerb gibt. Die Passagiere haben die Wahl und die Unternehmen haben auch einen Anreiz ihre Leistungen zu verbessern.
tagesschau.de: War es schwierig, den Kompromiss zu finden?
Vestager: Fälle wie diese sind immer schwierig, hinzu kommt, dass das der erste Fall nach einer neuen Regelung war. Wir hatten mit den Mitgliedsstaaten beraten, wie wir damit umgehen, wenn Staatshilfe gegeben wird um Unternehmen zu rekapitalisieren und dann eine Wettbewerbsverzerrung vorliegt. Und nach dieser Debatte haben wir Regeln festgelegt. Dies ist nun der erste Fall, der nach diesen Regeln behandelt wurde. Und erste Fälle sind immer schwierig, weil es sich um einen Präzedenzfall handelt.
tagesschau.de: Wenn sich die Lufthansa und der Bund also schon viel eher auf ein Rettungspaket geeinigt hätten, also vor diesen neuen Regeln, hätten es diese Diskussion und Entscheidung gar nicht gegeben?
Nun, dann hätten wir womöglich auch nicht diese Regelung bekommen, die sehr vorteilhaft ist. Denn wenn Geld der Steuerzahler hinzu kommt, sollten sie auch für ihr Risiko etwas zurückbekommen. Außerdem sollte das Unternehmen auch einen Anreiz haben, wieder aus der Staatshilfe herauszukommen. Weil die Manager weniger Bonus bekommen zum Beispiel, oder die Anteilseigner weniger Dividende. Und diese Balance ist sehr schwierig herzustellen und deshalb haben wir eine ziemlich lange Zeit verhandelt, wie man diese Balance hinbekommt.
tagesschau.de: Wann muss die Lufthansa die Slots überhaupt abgeben?
Im Moment sind viele, viele Flugzeuge am Boden. Und deshalb hatten wir sehr früh eine Regelung eingefroren, die besagt: Wenn du deine Slots nicht nutzt, verlierst du sie. Das bedeutet im Moment, dass jede Airline jeden Slot behalten kann, den sie hat. Dass die Lufthansa Slots abgeben muss, kommt erst in Betracht, wenn alles wieder normal läuft, wenn alle Slots tatsächlich genutzt werden. Dann könnte ein Newcomer die Slots zunächst für 18 Monate bekommen. Das würde also erst wirksam, wenn alles wieder ganz normal läuft. Im Moment ändert sich also für Lufthansa durch diese Regelung diesbezüglich nichts - außer dass sie neun Milliarden Euro auf ihrem Bankkonto hat.