Gipfel zu Jugendarbeitslosigkeit Zeichen setzen in Wahlkampfzeiten
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zum Gipfel gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union eingeladen. Doch mehr als den Austausch von Ideen und Erfahrungen gab es nicht, konkrete Beschlüsse blieben aus. Die Opposition kritisiert den Gipfel als bloßes Wahlkampfspektakel der Regierungskoalition.
Von Carsten Schabosky, WDR, ARD-Hauptstadtstudio
Im Kanzleramt war es ganz schön voll. Kanzlerin Merkel, CDU, hatte zwanzig Regierungschefs und deren Minister eingeladen. Ihr Ziel war es, Maßnahmen zu besprechen, um gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu kämpfen. Dabei war es der Kanzlerin wichtig, dass es nicht nur um das Geld geht: "Ich glaube, das Geld ist im Augenblick nicht das Problem, sondern: Womit wollen wir in Zukunft unser Geld verdienen? Wie können wir jungen Menschen eine Chance geben? ", sagte Merkel. Im Zentrum des Gipfels standen daher vor allem Maßnahmen, die die Wirtschaft wieder vorwärts bringen sollen, wie etwa Überlegungen zur Kreditvergabe an kleinere und mittlere Unternehmen.
Keine neuen Beschlüsse gegen Jugendarbeitslosigkeit
Schon am Morgen war jedoch klar: Große Beschlüsse wird es heute nicht geben. Vor allem sollten Erfahrungen und Ideen ausgetauscht werden. Arbeitsministerin von der Leyen, CDU, forderte eine schnelle Vermittlung von arbeitslosen Jugendlichen auf unbesetzte Arbeitsplätze. "Wenn junge Menschen im Süden Arbeit und Ausbildung suchen und im Norden Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze frei sind, dann lasst uns das zusammen bringen", fasste die Arbeitsministerin ihre Forderung zusammen. Des Weiteren will sie den Ausbau der dualen Ausbildung fördern, der ihrer Ansicht nach wesentlich zur Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit beigetragen habe. Wirtschaftsminister Rösler, FDP, wurde noch direkter : "Allein in diesem Jahr sind noch ca. 30.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Und deswegen ermuntere ich gerade die jungen Menschen in Südeuropa: Kommt zu uns!"
"Merkel produziert nur heiße Luft!"
Das kam allerdings bei den etwa 150 protestierenden Jugendlichen vor dem Kanzleramt nicht gut an. Diese hielten symbolisch Haartrockner in die Luft. "Bitte keine heiße Luft mehr!“ lautete die Botschaft der Demonstration, die vom Deutschen Gewerkschaftsbund organisiert wurde. "Wir wollen sagen, dass Merkel nur heiße Luft produziert, indem sie Maßnahmen ergreift, die eigentlich nichts bringen", erklärte eine Teilnehmerin. Die Jugendlichen fordern noch mehr Geld und Maßnahmen, um junge Menschen wieder eine Ausbildung zu ermöglichen. "Das ist sozusagen eine verlorene Generation, wenn wir das nicht machen", fügte ein junger Mann hinzu.
Gabriel: "Gipfel ist nur Wahlkampf für Schwarz-Gelb"
Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel demonstrierte mit. Er kritisierte, der Gipfel sei nur Wahlkampf für Schwarz-Gelb. Die sechs Milliarden Euro, die Europa zum Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit bereitstellt, seien außerdem viel zu wenig. Nötig sei mindestens das Dreifache. Durch eine europäische Finanz-Transaktions-Steuer, also eine Art Mehrwertsteuer auf Finanzgeschäfte, könne das Geld leicht beschafft werden.
Der Bundeskanzlerin warf Gabriel vor, trotz mehrfacher Aufforderung nichts gegen die Jugendarbeitslosigkeit unternommen zu haben. "Sie hat es immer abgelehnt", so Gabriel, " und jetzt kurz vor der Bundestagswahl gibt es eine solche Aktion. Das sieht ein bisschen nach dem alten deutschen Sprichwort aus: Am Abend werden die Faulen fleißig.“ Seine Oppositionskollegin Katja Kipping von den Linken macht die Sparpolitik der EU verantwortlich, für die die Jugendlichen nun mit ihrer Arbeitslosigkeit bezahlen müssten. "Der Kurs der Lohn- und Sozialkürzungen innerhalb von Europa ist es gerade, der die Binnennachfrage abwürgt", erläuterte Kipping.
Fest steht, über fünf Millionen Junge Menschen unter 25 Jahren haben in Europa keinen Job. Konkrete Lösungen für dieses europäische Problem gab es heute nicht. Es wurde aber ein Zeichen gesetzt. Den nächsten Gipfel dazu soll es schon im Herbst geben.