Standort Deutschland Viele US-Investitionen trotz Energiekrise
Ungeachtet der hohen Energiepreise sind die Neuansiedlungen ausländischer Unternehmen in Deutschland stabil geblieben. Top-Investor sind weiterhin die Vereinigten Staaten.
Das gewachsene Interesse von Unternehmen aus den USA, Großbritannien und der Türkei hat die ausländischen Investitionen in Deutschland trotz gestiegener Energiepreise fast stabil gehalten. 1783 Neuansiedlungen und Erweiterungen wurden insgesamt im vergangenen Jahr registriert, wie aus Daten der bundeseigenen Wirtschaftsfördergesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) hervorgeht. Das waren 23 weniger als 2021, aber 101 mehr als 2020.
"Angesichts der widrigen Umstände - Krieg gegen die Ukraine, Energiekrise und Corona-Nachwehen - ist das ein Erfolg", sagte GTAI-Geschäftsführer Robert Hermann der Nachrichtenagentur Reuters.
US-Investitionen trotz IRA
Top-Investor blieben die USA, auf deren Konto allein 279 Projekte gehen. "Das ist beachtlich, schließlich gibt es eine enorm starke Förderung für heimische Investitionen in den USA durch den sogenannten Inflation Reduction Act (IRA)", sagte Hermann. Auf Platz zwei in der Rangliste folgen die Schweiz mit 208 Projekten und Großbritannien mit 170. "Beide Länder gehören der EU nicht an, wollen aber ein Standbein und entscheiden sich dabei oftmals für Deutschland", sagte der Geschäftsführer.
China landete dagegen nur noch auf dem vierten Platz mit 141 Projekten, der kleinsten Zahl seit 2014. "Die Corona-Pandemie hatte darauf definitiv einen Einfluss", sagte Hermann. Geschäftsreisen waren zeitweise wegen der strikten Null-Covid-Politik der Volksrepublik nicht möglich, was Deals erschwert, verzögert oder sogar verhindert haben dürfte. Auf Platz fünf vorgerückt ist die Türkei mit 139 Projekten - einem Rekord.
Fachkräftemangel kein Hindernis
Immer wichtiger bei der Anwerbung von Investoren wird die Verfügbarkeit von Erneuerbaren Energien, etwa aus Windkraft oder Photovoltaik. "Ob Microsoft, Apple oder auch kleinere Anbieter von Datencentern oder auch Batteriehersteller wie Northvolt - für alle ist das ein wichtiges Argument", sagte GTAI-Experte Achim Hartig. "Die gute Verfügbarkeit von Erneuerbaren Energie sind inzwischen ein echter Standortvorteil für Deutschland." Ihr Anteil am Bruttostromverbrauch wuchs 2022 auf gut 46 Prozent, bis 2030 sollen es mindestens 80 Prozent werden.
Als Standortnachteil entpuppt sich dagegen der Flächenmangel. "Die Flächenverfügbarkeit ist ein Problem", sagte Geschäftsführer Hermann. Für Großinvestitionen wie etwa Intel oder Tesla seien oftmals Flächen von 100 Hektar und mehr vonnöten, die es aber vor allem in den westlichen Bundesländern kaum noch gebe. Der Fachkräftemangel sei dagegen kein Hindernis, sich in Deutschland anzusiedeln. "Damit kämpfen alle europäischen Länder", so der GTAI-Fachmann Hartig.
Angekündigte Projekte in Höhe von 25 Milliarden
Die Zahl der in Aussicht gestellten neuen Arbeitsplätze stieg um rund zehn Prozent auf 33.500. Die angekündigten Investitionen erhöhten sich auf 25 Milliarden Euro, wovon ein Großteil auf die geplante Ansiedlung des US-Chipkonzerns Intel in Magdeburg zurückgeht - ein Projekt, hinter dem zuletzt Fragezeichen standen. Aber auch ohne dieses wäre mit acht Milliarden Euro das Ergebnis von 2021 noch um eine Milliarde übertroffen worden. "Das ist eine herausragende Zahl", sagte Hermann.
"Deutschland bleibt ein attraktiver Standort", lautet Hermans Fazit. Dies zeige sich auch darin, dass ausländische Unternehmen verstärkt in Zukunftstechnologien investierten, etwa in den Bereichen Halbleiter, Batterieproduktion und -recycling. Rund 15 Prozent der internationalen Firmen wollen Produktion ansiedeln oder Forschung und Entwicklung betreiben.