Finanzierungs- und Materialkosten Zahl der Baugenehmigungen eingebrochen
In Deutschland sind im September erneut sehr wenige Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt worden. Eine Trendwende erwarten Experten frühestens im späteren Jahresverlauf 2025. Die Branche warnt indes vor auslaufenden Förderungen.
Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen in Deutschland ist im September um fast ein Viertel eingebrochen. Sie sank um 23,1 Prozent oder 4.600 im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 15.300, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Von Januar bis September wurden damit lediglich 157.200 Wohnungen von den Behörden genehmigt und damit 19,7 Prozent oder 38.500 weniger als ein Jahr zuvor, in dem sich die Baubranche schon schwach entwickelt hatte. Hohe Finanzierungs- und Materialkosten machen ihr seit Längerem zu schaffen.
Rückgäng bei Einfamilienhäusern am stärksten
Experten zufolge dürfte die Bundesregierung ihr Wohnungsbauziel angesichts der Flaute deutlich verfehlen. Sie strebt eigentlich 400.000 Einheiten im Jahr an. "Das aktuelle Niveau der Baugenehmigungen entspricht nur rund 200.000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr", sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. "Eine Trendwende beim deutschen Wohnungsbau ist frühestens im späteren Jahresverlauf 2025 zu erwarten."
Dann dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen spürbar gesenkt haben und die gelockerte Geldpolitik auch auf die Baunachfrage durchschlagen. Währungshüter um Präsidentin Christine Lagarde hatten zuletzt auf die nachlassende Inflationsgefahr im Euroraum reagiert und im Oktober die Leitzinsen zum dritten Mal seit dem Sommer reduziert.
Bei Einfamilienhäusern fiel der Rückgang der Baugenehmigungen in den ersten neun Monaten des Jahres derweil am stärksten aus: Hier gab es einen Einbruch von 25,7 Prozent auf 28.300. Bei Zweifamilienhäusern wurde ein Minus von 13,0 Prozent auf 9.700 verzeichnet. Auch bei den Mehrfamilienhäusern - der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart - verringerte sich die Zahl der Bauzusagen deutlich: Hier ging es um 21,7 Prozent auf 82.400 Wohnungen nach unten.
Bürgerinnen und Bürger verschieben ihre Neubauprojekte
"In Deutschland bauen immer weniger Menschen", kommentierte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. Derzeit gebe es 42 Prozent weniger Baugenehmigungen als vor zwei Jahren. "Keiner in der Branche glaubt, dass sich das bald ändert. Angesichts dieser Zahlen blicken wir mit großer Sorge auf die bevorstehenden haushaltslosen Monate." So drohe durch das Scheitern der Ampel-Regierung ein Auslaufen der Fördertöpfe im Bereich Neubau, so Pakleppa.
"Was dann passiert, haben wir 2022 erlebt, als das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium mehrere KfW-Förderprogramme abrupt einstellte und daraufhin die Nachfrage einbrach. Würde im kommenden Jahr die Neubauförderung komplett wegfallen, wirft uns das im Wohnungsbau um weitere Jahre zurück", warnt der Branchenvertreter. Aufgrund vieler Unsicherheiten verschieben laut Pakleppa viele Bürgerinnen und Bürger ihre Neubauprojekte.
Auch Unternehmensumfragen signalisieren noch keine echte Trendwende. Der Auftragsmangel im Wohnungsbau hat sich im Oktober zwar zumindest etwas verringert. 49,9 Prozent der Unternehmen berichteten davon, nach 52,9 Prozent im September, wie das Münchner ifo-Institut herausfand. Aber: "Es ist zu befürchten, dass die Situation langfristige Folgen auf dem Wohnungsmarkt hat", so Umfragenleiter Klaus Wohlrabe. "Wo heute keine Projekte beauftragt werden, werden morgen keine Wohnungen stehen."