Aufträge gehen zurück Leerlauf im Maschinenbau
Der Maschinenbau gehört zu den wichtigsten Industriezweigen in Deutschland. Die Bilanz des vergangenen Jahres fällt ernüchternd aus. Die weltweite Nachfrage stockt. Nur bei einigen Spezialisten läuft es noch rund.
"Es war ein schwieriges Jahr mit einem durchwachsenen Ergebnis", fasst Chefvolkswirt Ralph Wiechers vom Branchenverband VDMA 2023 zusammen. Nach seinen Angaben gab es bei den Aufträgen ein Minus von zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "In den großen Absatzmärkten Europa, den USA, China fehlt es an Vertrauen in einen dauerhaften globalen Konjunkturaufschwung", so Wiechers.
Alarmiert ist er aber nicht. Die Maschinenbauer seien Konjunkturzyklen mit Aufs und Abs gewohnt. Eine weltweit insgesamt schwache Nachfrage nach Maschinen, höhere Zinsen und steigende Lohnkosten seien ein schwieriges Umfeld. Noch seien die Maschinenbauer krisenfest. "Der Auftragsrückgang hatte bislang überschaubare Folgen auf Umsatz und Produktion in Deutschland. Die meisten Firmen arbeiten immer noch die älteren Auftragsbestände aus den Vorjahren ab. Das hilft uns derzeit", so Wiechers.
Weltweite Unsicherheit
Auffallend sei die Wachstumsschwäche Europas und vor allem Deutschlands, was den Kontinent zusätzlich belaste. "Das Umfeld hierzulande ist durch besondere Unsicherheit gepaart mit Unzufriedenheit geprägt. Deshalb ist auch die Stimmung schlechter als in anderen Ländern", erklärt der Chefvolkswirt. "Viele Kundenbranchen des Maschinen- und Anlagenbaus stehen unter großem Transformationsdruck - ausgelöst durch im internationalen Vergleich sehr hohe Energiekosten. Das schlägt sich auch leider bei uns nieder. Dem können wir uns nicht entziehen."
Für die Arbeitnehmer habe das insgesamt noch keine Folgen. Die Beschäftigung könne in der Breite aufrechterhalten werden. Schon wegen des Fachkräftemangels müssen Belegschaften gepflegt, sprich: wann immer möglich gehalten werden. "Aber in einigen Bereichen gibt es jetzt Kurzarbeit und bei Automobilzulieferern sogar erste Entlassungen", beschreibt Wiechers die aktuelle Lage.
Als Investitionsstandort seien derzeit die USA interessant, denn hier gebe es eine klare und verlässliche Förderpolitik. Zudem gebe es in Indien derzeit hohe Zuwachsraten, bilanziert der Chefvolkswirt. Und auch hierzulande machten hochspezialisierte Unternehmen weiter gute Geschäfte.
Spezialist mit guten Ergebnissen
Der Pumpenbauer KSB in Frankenthal ist ein sogenannter "Hidden Champion" aus Deutschland. Das Unternehmen profitiert derzeit besonders von seinem hohen Spezialisierungsgrad. "Für KSB war 2023 hinsichtlich der Auftragseingänge und der Umsatzrendite eines der stärksten Jahre", fasst Matthias Schmitz, als Geschäftsführender Direktor verantwortlich für Finanzen, die Jahresbilanz zusammen. So legten die Aufträge um 3,4 Prozent zu. Die Umsatzerlöse stiegen sogar um 9,5 Prozent.
Als Gründe nennt Schmitz eine breite Produktpalette mit vielen Spezialprodukten etwa im Chemie- und im Energiebereich, die weltweit weiter gefragt seien. Deshalb könne KSB auch in einigen Bereichen die Preise setzen. Auch die Produktion im Ausland zahle sich aus, so Schmitz. "Wir haben ein gutes Wachstum in Südamerika verzeichnet - vor allem in Brasilien. Das gilt auch für Indien und China. Eine positive Entwicklung für KSB gab es auch in den USA", so Schmitz.
Die Vereinigten Staaten hätten mit ihrem Infrastrukturprogramm viele Investitionen angezogen. "Dort wird die Wirtschaft gefördert. In Deutschland dagegen sehen wir keine einheitliche Linie", kritisiert Schmitz. "Das führt zu einer großen Unsicherheit im deutschen und auch europäischen Markt."
Standort schwächelt weiter
Das habe sich zuletzt auch bei den KSB-Zahlen in Frankreich und Deutschland gezeigt. "Wir sehen, dass es im vierten Quartal eine Abschwächung gab. Das dürfte Anfang 2024 erstmal so bleiben. Wie es im weiteren Verlauf des Jahres weitergeht, ist schwer abzuschätzen." Dauerhaft gute Rahmenbedingungen sieht Schmitz etwa in Südamerika oder China. Schwächen dagegen gebe es in Europa und vor allem auch in Deutschland.
Schmitz hat deshalb klare Forderungen an die Bundesregierung: "Wir brauchen auch eine belastbare Förderpolitik und entsprechende Programme, um auch die Energiewende zu unterstützen. Wir wünschen uns mehr konsequentes Handeln und nicht das aktuelle Hin und Her."
Investitionen fließen in die USA
Diese Unsicherheit hat derzeit auch praktische Konsequenzen für den Standort Frankenthal. Um für eine dort produzierte Pumpenbaureihe dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben, will KSB in den kommenden Jahren bis zu 80 Millionen Euro investieren - etwa in eine energieeffizientere Produktion mit Nahwärmetz und Photovoltaikanlagen. Das Projekt steht aber unter Finanzierungsvorbehalt. Es soll nur mit einer staatlichen Förderung umgesetzt werden.
Aber: Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Haushaltsplanung der Ampel im Dezember kassiert hat, ist weiter unklar, ob die dafür in Aussicht gestellten staatlichen Zuschüsse auch wirklich kommen. Es geht nach KSB-Angaben um einen Zuschuss von elf Millionen Euro. "Wir sind standorttreu und wollen das auch bleiben. Dafür brauchen wir aber auch eine entsprechende Unterstützung", so Schmitz. "Derzeit investieren wir in den USA und wollen unser Geschäft dort ausbauen. In den USA wird eine Politik gemacht, die die Unternehmen unterstützt. Das macht die USA für uns sehr attraktiv."
Skeptischer Ausblick
Mit Blick auf die Aussichten der Maschinenbauer für dieses Jahr bleibt Ralph Wiechers vom VDMA vorsichtig: "Unsere Branche hat ihren Absatzschwerpunkt im Ausland, also auf Exporten. Bei den Bestellungen aus dem Ausland deutet sich zuletzt eine Bodenbildung an. In Deutschland dagegen sehen wir weiter kein Ende der Abwärtsentwicklung. Da ist die Bundesrepublik weiter eine Ausnahme."
Auch das Institut für Weltwirtschaft (ifW) in Kiel bleibt in seiner Prognose für Deutschland und die Welt insgesamt zurückhaltend. In der Bundesrepublik sei eine konjunkturelle Dynamik nicht absehbar. Insgesamt rechnet das ifW nur mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 0,9 Prozent. Auch für die Weltwirtschaft zeichne sich keine konjunkturelle Belebung ab. Die Experten gehen von einem Wachstum um 2,8 Prozent aus.
Für die deutschen Maschinenbauer sind das maue Aussichten. Der VDMA und Wiechers hoffen jetzt erstmal auf das sogenannte Wachstumschancengesetz, das derzeit noch zwischen Bundestag und Bundesrat verhandelt wird. "Wir setzen dabei vor allem auf erleichterte Abschreibungen, eine verstärkte Forschungsförderung sowie auf generell stabile Rahmenbedingungen - und natürlich endlich weniger Bürokratie." Vielen Maschinenbauern bleibt also derzeit nur die Hoffnung. Denn die Branche steht vor einem schwierigen Jahr.