Schaufenster eines Modegeschäftes mit Schildern im Schaufenster, die auf die Schließung der Filiale hinweisen.

Schwäche der deutschen Wirtschaft Zahl der Insolvenzen erreicht Niveau der Finanzkrise

Stand: 06.01.2025 11:31 Uhr

Angesichts der Konjunkturkrise gibt es in Deutschland wieder ungefähr so viele Firmenpleiten wie während der Finanzkrise im Jahr 2009 - zumindest wenn man Kleinstunternehmen herausrechnet.

Die Zahl der Insolvenzen hat Wirtschaftsexperten zufolge in etwa das Niveau zu Zeiten der Finanzkrise 2009 erreicht. "Wir sind in der Größenordnung, wo einzelne Monate durchaus 20-Jahres-Hochs abgeben", sagt der Leiter der Insolvenzforschung am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Steffen Müller. "Wir hatten zu Zeiten der Finanzkrise 2009 um die 1.400 insolvente Personen- und Kapitalgesellschaften pro Monat. Jetzt haben wir das Niveau wieder erreicht", so Müller.

Der Experte nennt jedoch auch einen wichtigen Unterschied: Damals sei noch in etwa die gleiche Zahl an insolventen Kleinstunternehmen dazugekommen. Derzeit seien es nur noch etwa 500. Aufgrund der jetzt größeren Unternehmen gehe verstärkt wirtschaftliche Substanz in die Insolvenz. 

Teilweise Nachholeffekte

Ein Teil der Insolvenzen sei auf Nachholeffekte zurückzuführen, so der IWH-Experte Müller - als Spätfolge der Corona-Pandemie und auch der jahrelangen Nullzinsphase der Europäischen Zentralbank (EZB). "Unternehmen, die sich früher für wenig Geld finanzieren konnten, kommen jetzt durch steigende Zinsen unter Druck." Wenngleich Insolvenzen für die Betroffenen schwer seien, bedeuteten sie aus Sicht der Gesamtwirtschaft eine Marktbereinigung. 

Langfristige Prognosen seien allerdings schwierig. "Selbst bei einer wirtschaftlichen Erholung könnten steigende Insolvenzzahlen auftreten, wenn der Rückstau noch nicht abgearbeitet ist."

Finanzkrisenniveau in Sichtweite

"Die Insolvenzspirale dreht sich immer schneller", heißt es auch nach einem Bericht der Wirtschaftsauskunftei Creditreform vom 16. Dezember des vergangenen Jahres. Auffällig sei insbesondere der überdurchschnittliche Anstieg der Insolvenzen bei größeren Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten. Hier seien laut Creditreform die Fallzahlen um 44,4 Prozent gestiegen.

Die Zahl der gesamten Unternehmensinsolvenzen sei 2024 um 22.400 Fälle geklettert, was der höchste Wert seit 2015 sei und ein Plus von 25 Prozent. Bezogen auf die Jahreszahlen sah Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, das Niveau der Finanzkrise zumindest in Sicht: "Damit könnten bald wieder Insolvenzzahlen nahe an den Höchstwerten der Jahre 2009 und 2010 in Sichtweite kommen, als über 32.000 Unternehmen in die Insolvenz gingen", sagte er bei der Veröffentlichung im Dezember.

Insgesamt wurden 2024 nach Berechnungen von Creditreform rund 121.300 Insolvenzverfahren registriert, einschließlich Verbraucher- und sonstiger Insolvenzen. Dies entspricht einem Anstieg von 10,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Januar 2025 um 12:50 Uhr.