Prognose des Währungsfonds IWF sieht Deutschland noch tiefer in der Rezession
Angesichts vieler Krisen liegen frühere Wachstumsraten außer Reichweite, stellt der Internationale Währungsfonds fest. Dennoch komme die Weltwirtschaft in diesem Jahr moderat voran - nicht aber die deutsche Konjunktur.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für Deutschland in diesem Jahr eine noch tiefere Rezession als bei seiner letzten Prognose im Sommer. 2023 sei mit einer um 0,5 Prozent geringeren Wirtschaftsleistung zu rechnen, teilte der IWF auf seiner Jahrestagung mit der Weltbank in Marrakesch mit. Im Juli hatte die Organisation noch ein Minus von 0,3 Prozent vorausgesagt.
Im kommenden Jahr soll die deutsche Wirtschaft hingegen wieder um 0,9 Prozent wachsen. Das sind 0,4 Prozentpunkte weniger als noch im Juli angenommen.
Als Gründe nennt der Fonds die Schwäche zinsempfindlicher Sektoren, geringere Nachfrage durch Handelspartner und folglich eine Schwäche der Industrieproduktion. Auch die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einer leichten Rezession. Erwartet wird ein Rückgang der Wirtschaftsleistung von 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr, hieß es Ende vergangener Woche aus Regierungskreisen. 2022 war die deutsche Wirtschaft noch um 1,8 Prozent gewachsen.
"Weltwirtschaft humpelt vor sich hin"
Für die Weltwirtschaft sind die IWF-Ökonomen zwar zuversichtlicher, sehen aber nach der Corona-Pandemie und dem Angriff auf die Ukraine ein historisch schwaches Wachstum. "Die Weltwirtschaft humpelt vor sich hin, sie sprintet nicht", mahnte IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas.
Die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft für dieses Jahr liegt wie im Juli bei 3,0 Prozent. Für das kommende Jahr korrigierte der Fonds die Schätzung leicht von 3,0 auf 2,9 Prozent nach unten. Im vergangenen Jahr war die globale Wirtschaft noch um 3,5 Prozent gewachsen. Rückblickend betrachtet sei die Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft mit Blick auf die diversen Krisen bemerkenswert, so der IWF.
Bessere Aussichten für Vereinigte Staaten
Eine vollständige Erholung in Richtung der vor der Pandemie herrschenden Trends scheine aber zunehmend außer Reichweite zu sein. Neben den Folgen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs werde das Wachstum auch wegen der straffen Geldpolitik aufgrund der hohen Inflation und extremer Wetterereignisse gebremst.
Die Experten stellten dabei eine weltweit ungleichmäßige Abschwächung fest. Diese sei in den Industrienationen stärker ausgeprägt als in ärmeren Ländern, so Gourinchas. Für die weltgrößte Volkswirtschaft USA korrigierte der IWF seine Wachstumsprognose für dieses Jahr allerdings um 0,3 Prozentpunkte auf 2,1 Prozent nach oben. 2024 soll das dortige Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,5 Prozent wachsen - das sind 0,5 Prozentpunkte mehr als zuletzt angenommen. Die USA überraschten dabei mit einem "robusten Konsum und Investitionen", hieß es.
Für China korrigierte der IWF die Wachstumsprognose dagegen nach unten. In diesem Jahr soll die chinesische Wirtschaft um 5,0 Prozent wachsen (minus 0,2 Prozentpunkte) und im kommenden Jahr um 4,2 Prozent (minus 0,3 Prozentpunkte). Als einen wesentlichen Grund für die Entwicklung nennt der IWF die Krise im chinesischen Immobiliensektor, die auch für die Weltwirtschaft ein Risiko bedeute. Chinas Wirtschaft müsse sich von einem kreditgetriebenen Immobilien-Wachstumsmodell verabschieden.
Inflationsprognose leicht erhöht
Für dieses Jahr rechnet der IWF weltweit mit einer Inflationsrate von 6,9 Prozent - das sind 0,1 Prozentpunkte mehr als im Juli prognostiziert. Im kommenden Jahr soll die Teuerung dann bei 5,8 Prozent liegen.
Es sei die oberste Aufgabe der Zentralbanken, am Ball zu bleiben und die hohen Verbraucherpreise in den Griff zu bekommen, warnte der Währungsfonds. Es sei noch zu früh, um im Kampf gegen die Inflation den Sieg zu erklären.