Konjunkturgipfel im Kanzleramt Was hilft wirklich gegen die Kreditklemme?
Immer mehr Unternehmen kommen in der Krise immer schwerer an Kredite. Besonders der Mittelstand bekommt die Zurückhaltung der Banken zu spüren.
Von Oliver Feldforth, HR Frankfurt
Spricht man Fridolin Mannuss auf das Ende seines Unternehmens an, dann gerät der 67-jährige Kaufmann schnell in Rage. Besonders wenn er an die letzten Verhandlungen mit seiner Hausbank denkt. Die Bankmitarbeiter hätten sich gar nicht für seine Finanzierungspläne interessiert, sagt er. "Man hat mir innerhalb von 20 Minuten gesagt 'Es tut uns leid um Ihr Lebenswerk' - im ersten Moment halten Sie da die Luft an", erzählt er, immer noch fassungslos.
Zurückhaltung beim Mittelstand
20 Jahre lang hat er von Maulbronn in Baden-Württemberg aus erfolgreich gebrauchte Maschinen vor allem in den russischen Sprachraum und nach Südamerika verkauft. Vor fünf Jahren, als der Sohn mit einstieg, haben sie nochmal eine Million Euro investiert. Dann kam die Wirtschaftskrise, der Umsatz brach um 70 Prozent ein. Schnell war das Eigenkapital verbraucht, Fridolin Mannuss benötigte dringend frisches Geld, wollte einen Überbrückungskredit. Doch sein Geldinstitut war mehr als zurückhaltend.
Kein Geld von der Bank, keine Unterstützung aus der Politik - Mannuss sieht sich und den Mittelstand benachteiligt gegenüber den vergleichsweise wenigen Großunternehmen, die der Staat immer und immer wieder mit Milliarden stütze, wie er zornig feststellt. Jetzt hat er einen Verein gegründet, in dem in Schwierigkeiten geratene Mittelständler zusammengekommen sind. Von 35 Mitgliedsunternehmen sind acht inzwischen insolvent. Und das dicke Ende kommt erst noch im nächsten Jahr, da ist sich Mannuss sicher.
Ein weiterer möglicher Grund sind Probleme der Kreditinstitute, die notwendigen Mittel überhaupt bereitzustellen oder sich bei anderen Banken zu beschaffen. Eine Vorstufe der Kreditklemme ist die Kreditverknappung. Die Banken verleihen das Geld dabei nur noch zögerlich und verlangen zum Beispiel deutlich höhere Sicherheiten oder Zinsen für die Kredite.
Bankenverband: Kreditklemme steht erst bevor
Einen wichtigen Grund für die Zurückhaltung der Banken sieht der Unternehmer in den Bestimmungen von Basel 2, einem internationalen Abkommen, in dem die Banken verpflichtet werden, mehr Eigenkapital pro vergebenen Kredit vorzuhalten.
Das sieht der Bankenverband, die Vereinigung der deutschen Geschäftsbanken, genauso. Leider würden Regelungen des Vertrags und seine Ergänzungen, die die Banken absichern sollen, in der Krise ungewollt negativ und verschärfend wirken, so eine Sprecherin des Verbands. Die Kreditvergabe wird für die Banken "teurer". Dennoch sehe der Verband keine allgemeine Kreditklemme, es könne aber sehr wohl im nächsten Jahr zu einer solchen Situation kommen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat 25.000 Mitglieder zur Kreditvergabe befragt. Das Ergebnis sei besorgniserregend, so der DIHK: 26 Prozent beklagen schlechtere Kreditkonditionen wie etwa höhere Risikoprämien oder schlechtere Laufzeiten. Das Ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München ermittelte bei 4000 befragten Unternehmen sogar 42,9 Prozent, die Probleme bei der Kreditbeschaffung haben.
Verbriefen oder verstaatlichen?
Der DIHK sieht einen möglichen Ausweg, genau wie der Bankenverband, in einer staatlich geförderten Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes. Das wiederum weckt unliebsame Erinnerungen an die Zeit, als verbriefte Immobilienkredite in den USA zum Mit-Auslöser der Finanzkrise wurden. Jetzt wollen DIHK und Bankenverband einen transparenten Verbriefungsmarkt, um so auch nicht börsennotierten Unternehmen die Chance zu geben, sich auf dem Parkett leichter mit Geld versorgen zu können.
Das Ifo Institut schlägt noch einen anderen Weg vor: Ifo-Chef Hans-Werner Sinn nennt den Vorschlag Merkels, den Banken Kreditrisiken abzunehmen, "versteckte Geldgeschenke". Besser sei es, wenn der Staat über den Kauf von Aktien Miteigentümer der Banken werde. Sinn will also eine Teilverstaatlichung der Banken.
Mittelstand steht weiter vor Problemen
Egal für welchen Weg man sich im Kanzleramt entscheiden will, für die Firma von Fridolin Mannuss kommen diese Überlegungen zu spät, sie ist pleite. Obwohl im Rentenalter, stürzt er sich jetzt in den Aufbau seines Vereins "Schutzgemeinschaft für Perspektiven - Mittelstand". So will er auch Ansprechpartner für die Politiker sein.
Für den Mittelstand sieht er in Zukunft Riesenprobleme, wenn es um die Kredite geht. "Selbst wenn die Konjunktur wieder anspringt", sagt er, "werden die kleinen Unternehmen, gebeutelt durch die überstandene Krise, mit wenig Eigenkapital dastehen". So bekämen diese dann keine Kredite für die dringend notwendigen Investitionen, um bei einem künftigen Aufschwung dabei sein zu können.