NRW-Ministerpräsident Rüttgers bei GM Ein bisschen durchatmen bei Opel
Gute Nachricht aus Detroit? Offenbar plant General Motors zurzeit keine Schließungen von Opel-Standorten in Deutschland. Das sagte NRW-Ministerpräsident Rüttgers nach einem Gespräch mit GM-Chef Wagoner. Unter den rund 25.000 Opel-Mitarbeitern in Deutschland bleibt die Stimmung skeptisch.
General Motors (GM) plant offenbar noch keine Schließungen von Opel-Standorten in Deutschland. "Es gibt keine Entscheidung zur Schließung von Standorten in Deutschland, auch nicht Bochum", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in Detroit nach einem Gespräch mit GM-Chef Rick Wagoner. Opel Europe werde nach dem Willen der GM-Spitze in den nächsten Wochen einen Plan zur langfristigen Sanierung des Unternehmens ausarbeiten.
In diesem Plan seien viele Optionen denkbar - unter anderem der Neuzuschnitt von Opel unter Hereinnahme von Vauxhall und Saab, um Opel eine wettbewerbsfähige Größe zu geben, oder die Beteiligung anderer Industrieunternehmen, sagte Rüttgers. An den Gesprächen über den Plan sollten sich auch der Bund und die Arbeitnehmervertretungen beteiligen.
"Ein Stein vom Herzen gefallen"
Nähere Details könne man jetzt noch nicht sinnvoll diskutieren, betonte Rüttgers. Erst müsse der Plan fertig werden. Er müsse auch die Anforderungen des GM-Managements an Einsparungen und Restrukturierungen erfüllen. Wagoner hatte Einsparungen von 1,2 Milliarden Dollar in Europa verlangt. "Es ist uns ein Stein vom Herzen gefallen", sagte Rüttgers.
Nordrhein-Westfalens IG-Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard, der an dem Gespräch teilgenommen hatte, zeigte sich ebenfalls zufrieden. "Wagoner ist offen für eine Beteiligung Dritter und eine Herauslösung von Opel", sagte er. Wagoner selbst wollte nach dem Gespräch nicht vor die Presse treten. Er habe aber die Arbeit und den Einsatz der deutschen Opel-Standorte gelobt, sagte Rüttgers.
Etwas Sicherheit für die Belegschaft
Unter den rund 25.000 Opel-Mitarbeitern in Deutschland bleibt die Stimmung skeptisch. "Die Schließung ist vorerst vom Tisch. Aber die haben uns ja schon öfter hinters Licht geführt", sagte ein Monteur im Bochumer Opelwerk.
Der Betriebsrat sprach mit Blick auf die Zusicherung aus Detroit von einem "gewissen Maß an Sicherheit". Die Arbeitnehmervertreter kündigten an, zu weit reichenden Kostensenkungsmaßnahmen bereit zu sein. In der "Bild"-Zeitung signalisierte Konzernbetriebsratschef Klaus Franz seine Bereitschaft zu Verhandlungen über die mögliche Einführung der Vier-Tage-Woche. "Eine Werkschließung kostet 400 bis 500 Millionen Euro. Es ist besser, die Fertigung zu flexibilisieren."
Guttenberg erwartet tragfähige Zukunftskonzepte
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erwartet von Opel die Vorlage tragfähiger Zukunftskonzepte. Im ZDF kündigte er an, "Alternativlösungen zu erarbeiten". Es sei wichtig, jetzt über "andere Modelle nachzudenken als die, die gerade in Rede sind", so der CSU-Politiker. Gesucht werde nach Lösungen, "die den sofortigen Staatseintritt als solches nicht zwingend geboten erscheinen lassen", fügte er hinzu.
Ein Kriterium für Hilfe sei zudem, ob es sich "um ein grundsätzlich gesundes Unternehmen" handele, das auf Grund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise in eine Schieflage geraten sei. Auch Bundeskanzlerin Merkel verlangte ein solches Zukunftskonzept. "Im Augenblick kann die Politik nichts machen, weil die notwendigen Konzepte von Opel noch nicht vorliegen", sagte die Bundeskanzlerin.
Verhandlungen über Beteiligungen?
Zuvor hatten GM-Europe-Präsident Carl-Peter Forster, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Franz sowie Opel-Deutschland-Chef Hans Demant in einer gemeinsamen Mitteilung gesagt, Opel wolle über Partnerschaften und Beteiligungen verhandeln.
Angesichts der Krise auf dem europäischen Automobilmarkt, die alle Hersteller betreffe, sei es notwendig, mit deutlichen Maßnahmen dafür zu sorgen, dass das europäische Geschäft von GM-Europe auf einer tragfähigen und nachhaltig gesunden finanziellen Basis stehen kann. GM in Detroit erklärte zudem, der Konzern sei in Gesprächen mit der Bundesregierung über Staatshilfen.
Saab kurz vor Insolvenz?
Unterdessen berichten schwedische Medien, dass der schwedische Autohersteller Saab kurz vor einem Insolvenzantrag steht. Saab gehört wie Opel zu General Motors und steht zum Verkauf. Zuvor hatte bereits Schwedens Wirtschaftsministerin Maud Olofsson die Neuordnung des relativ kleinen Autoherstellers nach einem Insolvenzantrag als wahrscheinlichste und beste Lösung genannt.
Die Regierung in Stockholm verweigert dem Mutterkonzern GM die erbetenen Kapitalhilfen. Saab beschäftigt in Schweden 4000 Mitarbeiter.
Der Autobauer Opel hat neben dem Bund auch die Länder Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz um Hilfe gebeten. Die deutsche Tochter des schwer angeschlagenen amerikanischen Autokonzerns General Motors hat in diesen vier Bundesländern folgende Werke:
Hessen: Rüsselsheim ist der Stammsitz des 146 Jahre alten Unternehmens. Hier arbeiten 18.300 Mitarbeiter. Neben der Zentrale ist in Rüsselsheim das internationale Entwicklungszentrum sowie ein neu errichtetes Werk angesiedelt. Bis zu 270.000 Autos jährlich laufen in dem Werk vom Band.
Nordrhein-Westfalen: Seit 1962 ist Opel auch am Standort Bochum tätig, mittlerweile werden drei Werke auf einem ehemaligen Zechengelände betrieben. Beschäftigt sind hier 5300 Mitarbeiter, die vor allem die Modelle Astra und Zafira sowie Achsen und Getriebe herstellen. 2007 wurden in Bochum rund 240.000 Fahrzeuge gebaut.
Rheinland-Pfalz: In Kaiserslautern stellen rund 2300 Mitarbeiter Vierzylinder-Leichtmetall-Ottomotoren und Vierzylinder-Turbodieselmotoren mit Commonrail-Kraftstoffeinspritzung her. Im Komponentenwerk sind weitere 2300 Mitarbeiter tätig. Opel betreibt den Standort Kaiserslautern seit 1966.
Thüringen: Bei der Opel Eisenach GmbH produzieren 1900 Mitarbeiter den neuen Corsa. Das Werk startete 1992 kurz nach der Wende.