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Stuttgarter Sportwagenbauer Wie und warum Porsche an die Börse geht

Stand: 29.09.2022 15:29 Uhr

Es ist ein Börsengang der Superlative: Nun werden auch die Aktien des Sportwagenbauers Porsche AG an der Börse gehandelt. Doch es gibt auch reichlich Kritik. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was genau ist ein Börsengang?

Bei einem Börsengang werden erstmals Anteile an einem Unternehmen öffentlich zum Kauf angeboten. Interessierte Anleger können Gebote in einer vom Unternehmen festgelegten Preisspanne abgeben. Ob sie damit zum Zug kommen, ist aber keinesfalls sicher, denn häufig ist die Nachfrage höher als das Angebot. Dann kann es sein, dass kaufwillige Anleger nur einen Teil oder überhaupt keine Aktien erhalten. Nach der Zuteilung werden die emittierten Aktien an einer Wertpapierbörse gehandelt.

"Es ist ein Großereignis", Bettina Seidl, HR, über Porsche-Börsengang

Morgenmagazin

Welche Bedeutung hat ein Börsengang für ein Unternehmen?

Ein wichtiger Grund ist in vielen Fällen die Finanzierung des an die Börse gehenden Unternehmens. Wenn der Erlös aus dem Verkauf der Aktien in das Unternehmen fließt, werden die Eigenmittel - das sogenannte Eigenkapital - gestärkt.

Allerdings erhält nicht bei jedem Börsengang das jeweilige Unternehmen auch Geld aus dem Aktienverkauf, denn es gibt auch Fälle, in denen keine neuen Aktien angeboten werden. Dann werden Anteile der bisherigen Eigentümer - der sogenannten Altaktionäre - im Rahmen des Börsengangs verkauft.

Auch Mischformen sind gebräuchlich. In diesem Fall gibt das Unternehmen neue Aktien aus, aber auch die bisherigen Großaktionäre geben Papiere ab.

Wie läuft der Porsche-Börsengang ab?

Interessierte Anleger konnten die neuen Aktien der Porsche AG bis zum 28. September über ihre Bank zeichnen. Die öffentlich angebotenen bis zu 113,9 Millionen Vorzugsaktien - also Papiere ohne Stimmrecht auf der Hauptversammlung - wurden in einer Preisspanne von 76,50 bis 82,50 Euro angeboten.

Wie konnte man die Porsche-Aktie bestellen?

Dazu musste man ein Wertpapierdepot bei einer Bank haben, die den Börsengang begleitet. Organisiert wird der Schritt aufs Parkett von den US-Investmentbanken Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs und JPMorgan. An der Platzierung sind zudem weitere Banken beteiligt: Baden-Württembergische Bank (BW), Comdirect, Commerzbank, Consorsbank, DAB BNP Paribas, Deutsche Bank mit dem Direkt-Broker Maxblue, Deutsche Sparkassen/Finanzgruppe, Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), S-Broker und Unicredit.

Wie viel kosten denn nun die Porsche-Vorzugsaktien?

Der Ausgabepreis wurde auf 82,50 Euro festgelegt. Das Emissionsvolumen liegt damit bei rund 9,4 Milliarden Euro. Damit ist der Porsche-Börsengang das größte IPO (Initial Public Offering) in Deutschland seit der Deutschen Telekom im Jahr 1996. Der erste Kurs lag zu Handelsbeginn am Donnerstag bei 84 Euro, später legte die Aktie zeitweise bis auf 86,76 Euro zu, verlor danach aber wieder deutlich.

Wie viele Porsche-Aktien gibt es?

Das Grundkapital der Porsche AG besteht - in Anlehnung an den legendären Sportwagen Porsche 911 - aus 911 Millionen Aktien. Davon sind jeweils die Hälfte stimmberechtigte Stammaktien und stimmrechtslose Vorzugsaktien. Der bisherige Alleineigentümer Volkswagen verkauft jeweils ein Viertel der Stämme und der Vorzüge. Allerdings werden nur die Vorzugsaktien auch an der Börse gehandelt; für die Stammaktien ist keine Börsennotierung geplant.

Wer kauft die Vorzugsaktien?

Vier Ankerinvestoren haben sich verpflichtet, Vorzugsaktien für bis zu 3,68 Milliarden Euro zu zeichnen. Sie garantieren damit fast 40 Prozent des geplanten Erlöses. Ein Fünftel der Emission wollte allein der Staatsfonds QIA aus Katar zeichnen. Dafür musste er rund 1,8 Milliarden Euro ausgeben. Der von der Norges Bank verwaltete norwegische Ölfonds und der US-Vermögensverwalter T. Rowe Price wollten jeweils 750 Millionen Euro beisteuern, die staatsnahe Abu Dhabi Developmental Holding Company (ADQ) 300 Millionen.

Was machen die Familien Porsche und Piech?

Von den nicht öffentlich angebotenen Stammaktien gehen 25 Prozent plus eine Aktie an die Stuttgarter Porsche Automobil Holding SE, die von den Familien Porsche und Piech beherrscht wird. Sie sind die Nachfahren des Auto-Pioniers und Porsche-Gründers Ferdinand Porsche und bezahlen für die Stammaktien einen Aufschlag von 7,5 Prozent zum Preis der Vorzugsaktien, insgesamt also rund zehn Milliarden Euro.

Zunächst übernimmt die Porsche SE 17,5 Prozent von ihrem Namensvetter parallel zum Börsengang; die restlichen 7,5 Prozent folgen erst Anfang 2023, wenn Volkswagen wie geplant seine Sonderdividende ausschüttet. Die Holding ist mit gut 31,9 Prozent auch Großaktionär von VW. Über die gehaltenen Stammaktien hält die Porsche SE sogar rund 53 Prozent der Stimmrechte am Volkswagen-Konzern.

Wie wird Volkswagen das eingenommene Geld verwenden?

Volkswagen nimmt mit den beim Börsengang verkauften Vorzugsaktien und dem Verkauf von Stammaktien an die Porsche SE rund 19 Milliarden Euro ein. 51 Prozent will der Konzern in den Ausbau seines Elektroauto-Geschäfts stecken. 49 Prozent sollen über eine Sonderdividende an die eigenen Aktionäre ausgeschüttet werden. Das wären zwischen neun und zehn Milliarden Euro - oder etwa 18 Euro je Volkswagen-Aktie. Die Porsche AG geht bei dem Börsengang leer aus.

Wie wird die Porsche AG bewertet?

Auf Basis des Ausgabepreises für die Vorzugsaktien kommt der Sportwagenbauer auf einen Börsenwert von 75 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der gesamte Volkswagen-Konzern ist an der Börse rund 85 Milliarden Euro wert. Allein das 75-prozentige Paket, das VW auch nach dem Börsengang an Porsche noch hält, entspricht damit zwei Drittel des gesamten Börsenwertes von Volkswagen. Berücksichtigt man den Preisaufschlag von 7,5 Prozent für die Stammaktien, liegt die Bewertung von Porsche sogar bei 72 bis 78 Milliarden Euro.

Was sagen Kritiker?

Experten sehen gleich mehrere Probleme bei dem Börsengang. Einer der Hauptkritikpunkte ist die Doppelrolle von Oliver Blume. Der Top-Manager ist gleichzeitig Vorstandschef von Volkswagen und Porsche. Hier wittern Kritiker die Gefahr von Interessenskonflikten.

Auch darüber gibt es weitere enge personelle Verpflichtungen. So ist Hans Dieter Pötsch gleichzeitig Vorstandschef der Porsche SE und Aufsichtsratschef der Volkswagen AG. Pötsch gilt auch als treibende Kraft hinter dem Porsche-Börsengang, der eine weitere Besonderheit aufweist: Volkswagen verkauft bei der Transaktion 25 Prozent plus eine Stammaktie der Porsche AG an die Porsche SE. Dadurch erhält die Porsche SE eine sogenannte Sperrminorität an der Porsche AG.

Die Folge: Porsche-Mehrheitsaktionär Volkswagen kann wichtige Entscheidungen ohne Zustimmung der Porsche SE nicht durchboxen. Der dafür gezahlte Aufschlag gilt wegen der von 7,5 Prozent als diskussionswürdig. In vergleichbaren Fällen soll auch durchaus mehr gezahlt worden sein.

Constantin Röse, HR, 29.09.2022 07:45 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das ARD-Morgenmagazin am 29. September 2022 um 07:53 Uhr.