Finanzkrise in Europa verschärft sich Spanien herabgestuft, Griechenland braucht mehr Geld

Stand: 28.04.2010 22:05 Uhr

Griechenland droht den gesamten Euro-Raum in eine Krise zu stürzen. Die Ratingagentur Standard & Poor's stufte jetzt auch die Bonität Spaniens herab. Zudem wurde bekannt, dass Athens Finanzbedarf weit höher sein dürfte als bislang erwartet. Kanzlerin Merkel will erst dann ein Hilfsprogramm auf den Weg bringen, wenn ein Sanierungsprogramm vorliegt.

Die Krise der Euro-Zone hat sich massiv verschärft: Nach Griechenland und Portugal stufte die Ratingagentur Standard & Poor's auch Spanien herab. Das Rating werde von "AA+" auf "AA" reduziert, teilte Standard & Poor's in London mit. Der Ausblick für das Rating bleibe negativ. Spanien kämpft zwar auch mit einem erheblichen Defizit, wird aber noch deutlich besser als Griechenland und Portugal bewertet, die zuvor bereits herabgestuft worden waren. Damit wächst die Angst vor einem Dominoeffekt, der auch noch andere schwächelnde Mitglieder der Euro-Zone in Schwierigkeiten bringen könnte.

Merkel wartet weiter ab

Bundeskanzlerin Angela Merkel versicherte, dass Deutschland seinen Verpflichtungen für die Stabilität des Euro-Raumes nachkomme - allerdings will die Kanzlerin vor weiteren Entscheidungen die Ergebnisse der direkten Verhandlungen zwischen Internationalem Währungsfonds und Griechenland abwarten.

"Wir haben jetzt im Augenblick erst einmal die Phase, dass der Internationale Währungsfonds und die Europäische Kommission mit Griechenland ein Programm ausarbeiten müssen", sagte Merkel und drängte zur Eile: "Ich hoffe, dass das bis zum Ende der Woche geschieht. Davon hängt dann alles Weitere ab."

Angeblich viel höherer Finanzbedarf Athens

Zuletzt wurde bekannt, dass Griechenland zur Abwehr einer Staatspleite in den nächsten Jahren vermutlich deutlich mehr Geld braucht als bisher angenommen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sprach in Brasilien von insgesamt 135 Milliarden Euro Finanzierungsbedarf bis 2012. Die Opposition ging nach Treffen mit dem Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, von bis zu 120 Milliarden Euro Konsolidierungsbedarf aus.

EU und IWF teilen sich die Summe nach bisheriger Verabredung im Verhältnis 2:1. Die EU sollte bisher 30 Milliarden Euro in diesem Jahr tragen, der IWF bis zu 15 Milliarden Euro. Die jährliche Belastung für Deutschland liege aktuell bei 8,4 Milliarden Euro. Die Risiken könnten aber weit größer sein: "Ich kann nicht ausschließen, dass es ein höherer Betrag wird", sagte Brüderle. Sollte Griechenland tatsächlich 135 Milliarden Euro benötigen, müsste Deutschland nach Angaben Brüderles insgesamt 25 bis 30 Milliarden zuschießen.

Infobox: Staatsanleihen
Bei Staatsanleihen handelt es sich um Schuldverschreibungen (Kredite), die der Staat ausgibt, um zusätzlich zu seinen Steuereinnahmen Geld zu bekommen. Genau wie Aktien werden sie an der Börse gehandelt. In der Regel sind es Banken, Investmentfonds und Versicherungskonzerne, die die Anleihen zu einem festgelegten Zinssatz erwerben. Staatsanleihen in der Euro-Zone gelten als relativ sichere und ertragreiche Anlage.
Wie bei anderen Anleihen auch besteht allerdings ein gewisses Restrisiko: Ist der Staat zahlungsunfähig, könnte das eingelegte Kapital nicht oder nicht fristgerecht zurückgezahlt werden. Durch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands auf "Junk" (Ramsch) muss das Land noch höhere Zinsaufschläge zahlen, um Kredite zu bekommen.

Schäuble: "Der Euro ist zu retten"

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wollte in den Tagesthemen keine konkreten Zahlen nennen. Der Betrag hänge vom Ergebnis der derzeit laufenden Verhandlungen mit Athen ab, sagte er. Der Minister betonte, wenn Deutschland sich an den Krediten beteilige, handele es im eigenen Interesse, da die Eurozone stabilisiert und so weitere Wetten gegen Staaten am Markt verhindert würden.

Die Bundesregierung hatte wenige Stunden zuvor einen Krisenstab eingerichtet. Schäuble warb bei den Fraktionen um schnelle Zustimmung zu einer Gesetzesvorlage, die die Staatsbank KfW zur Zahlung der Griechenlandhilfen ermächtigt. Bereits am Montag könnte das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschieden.   

Athen braucht bis spätestens 19. Mai um die neun Milliarden Euro, um Anleihen zu bedienen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kündigte einen Eurozonen-Gipfel für den 10. Mai an. Bei einer Pressekonferenz in Tokio bemühte er sich um Beruhigung der Lage. "Die Verhandlungen sind auf dem richtigen Weg."

Ratingagenturen zur Ordnung gerufen

Nach der Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands und Portugals rief die Europäische Kommission die Ratingagenturen zur Mäßigung auf. Die Sprecherin des für Finanzdienstleistungen zuständigen EU-Kommissars Michel Barnier rief die Agenturen in Brüssel auf, bei ihren Bewertungen "verantwortungsvoll und streng" vorzugehen.