Wall Street nach Bankenkollaps "Kein Handel ohne Zittern"
Nach dem Kollaps zweier US-Banken reagiert die Wall Street mit gemischten Gefühlen. Zwar verfielen die Märkte nicht in Panik, doch Experten warnen vor Konsequenzen besonders für Regionalbanken.
"Die Banken sind geöffnet, alles ist ruhig": Sichtlich bemüht um Schadensbegrenzung beschwört New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul die Normalität. Stunden nach der Nachricht über den Zusammenbruch der New Yorker "Signature Bank" tritt Hochul vor die Presse.
Die angeschlagene Kryptobank werde jetzt durch den Einlagensicherungsfonds des Staates gemanagt. Zuvor hatte US-Präsident Biden den Bankkunden versichert: Wer sein Geld bei den über das Wochenende geschlossenen Banken angelegt hat, sei geschützt und habe Zugang zu seinen Ersparnissen.
"Das System funktioniert"
Die Signature Bank hat keinen Kundenverkehr, doch vor der Drehtür der Filiale an der Madison Avenue in Manhattan vertrauen Passanten auf Bidens Zusage.
"Gestern Abend war ich nervös. Aber jetzt weiß ich, dass ich weiter an mein Geld komme. Ich traue den Zusagen der Regierung", sagt eine Frau. Und ein Mann ergänzt: "Das System funktioniert. Die Regierung hat das Richtige gemacht."
Etwa, als ihre Regulierungsbehörden die Signature Bank am Sonntag in Folge des Crashs der Silicon Valley Bank schlossen. Ihre Einlagen beliefen sich zuletzt auf rund 89 Milliarden Dollar. Die Bank war das einzig verbleibende Geldhaus mit großem Krypto-Geschäft, nachdem in der vergangenen Woche Silvergate Capital pleite gegangen war. Eine Passantin beschwört: "Ich bin 85 Jahre alt. Ich glaube an das System. Das ist eine großartige Bank."
Experte lobt Vorgehen der Regierung
Vor der New Yorker Börse herrscht normales Touristentreiben. Keine Kameracrews, keine Scheinwerfer, keine aufgeregten Analysten. Drinnen kriegen sich die meisten Kurse nach ersten aufgeregten Schwingungen wieder ein. Spekulationen auf eine mögliche Pause bei den Zinserhöhungen der Fed hellen die Stimmung auf.
Die Behörden in Washington hätten mit ihrem Vorgehen einen beruhigenden Schachzug gemacht, sagt Jay Dahya, Finanzprofessor am New Yorker Baruch-Institut. Doch von Entwarnung seien die Märkte weit entfernt:
Wenn Sie auf die Märkte schauen, dann müssen sie auf die regionalen Banken schauen, die gehandelt werden. Ich wäre nicht so optimistisch zu sagen: Dieser Handel läuft ohne Zittern.
Wer zahlt für den Kollaps?
Nach dem noch unverdauten Bankenkollaps purzelten die Aktien einiger kleinerer und mittlerer Regionalbanken. Allen voran flohen Anleger in Scharen aus der kalifornischen US-Privatbank "First Republic Bank". Die Titel brachen um bis zu 80 Prozent ein. Zu ihrem Schutz wurden einige zeitweise vom Handel ausgenommen.
Jetzt treffe es genau die Banken, die Ex-Präsident Donald Trump wieder von Regulierungsmaßnahmen befreit habe, die unter seinem Vorgänger Barack Obama zum Schutz vor Crashs eingezogen worden waren, sagt Finanzexperte Dayah.
"Kleine und regionale Banken mussten sich ab verwalteter Vermögen von 50 Milliarden Dollar zu Sonderauflagen wie jährlichen Stresstests verpflichten", so Dayah. "Das nahm Trump zurück. Er hob die Schwelle auf 250 Milliarden Dollar an. Und die Banken, die jetzt geschlossen wurden sowie die, die heute viel Wert verloren haben, liegen genau in dieser Marge zwischen einem verwalteten Vermögen von 50 bis 250 Milliarden Dollar."
Im Übrigen fragt sich Dayah: Wer zahle für die Rettung des Systems, wenn die Regierung verkünde, der Steuerzahler sei es diesmal nicht. Schließlich werde doch der rettende Einlagenfonds von den Banken gefüllt. Wenn dafür mehr gebraucht werde, dann würden sich das die Banken schon zurückholen - durch Gebühren bei ihren Kunden. Und das seien Steuerzahler.