Reformprogramm gegen Krise Optimismus auf Spanisch
Spaniens Regierung spart sich den Pessimismus - und verspricht eine goldene Zukunft. Vorher aber müsse das Land noch durch die Krise. Und das geht so: Höhere Steuern, weniger Rente. Im Gegenzug für die schmerzhaften Reformen will die Regierung von der EU zwei Jahre mehr Zeit zur Sanierung des Haushalts.
An der bitteren Realität der spanischen Gegenwart kommt auch die Regierung nicht vorbei: Die Wirtschaft steckt mit einem für dieses Jahr erwarteten Minus von 1,5 Prozent in der Rezession, das Staatsdefizit ist nach wie vor zu hoch, und die Arbeitslosigkeit hat im ersten Quartal einen historischen Höchststand erreicht: 6,2 Millionen. Bei jungen Menschen unter 25 Jahren stieg die Quote auf unerträgliche 57,2 Prozent.
Da bleibt dem Kabinett nur die Flucht nach vorn auf der Zeitachse: die goldene Zukunft. Die solle durch einen "Stabilitätspakt" und durch Kontinuität in der erfolgreichen Regierungspolitik geschaffen werden, sagte Wirtschaftsminister Luis de Guindos. "Schon 2014 wird sich die spanische Wirtschaft erholen mit einem Wachstum von plus 0,5 Prozent. Im vergangenen Jahr ging es von Quartal zu Quartal bergab, das wird sich in diesem Jahr drehen. Das erste Quartal wird das schlechteste bleiben, dann wird die Wachstumsrate nach und nach besser. 2014 werden wir die Rezession dann hinter uns lassen", zeigte sich der Minister überzeugt.
Steuern werden "angepasst"
Oberstes Ziel bleibt aber die Verringerung des Staatsdefizits. Dazu werden einige Steuern angehoben, auch wenn das im ersten Satz von Vize-Ministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría noch anders klingt: "Die großen Steuern, einschließlich der Mehrwertsteuern, werden nicht angehoben. Aber einige werden wir anpassen, denn wir müssen uns an europäische Richtlinien angleichen bei den Umwelt- und den Kapitalsteuern."
Fast vernuschelte sie ihren zweiten Satz mit den Steuererhöhungen. Neben der Mehrwertsteuer schloss sie nur die Einkommens- und die Mineralöl-Steuer aus. Tabak und Alkohol aber könnten durchaus verteuert werden.
Renten werden "angepasst"
Der für die Spanier weitreichendste Teil der neuen Pläne wurde auch nur nahezu beiläufig erwähnt: die Renten. "Die Rentenberechnung wird auf Nachhaltigkeit umgestellt, um ihre Zukunft zu sichern. Dafür wird noch eine Kommission gebildet, die die genauen Kriterien erarbeitet. Die sind noch nicht definiert. Danach erst wird das entsprechende Gesetz geschrieben, das dann diesen Faktor der Nachhaltigkeit einschließen wird."
Nachhaltige Rentenanpassung - hinter diesem positiv klingenden Begriff dürften sich schlicht Rentenkürzungen verstecken. Die Renten werden dann an die Wirtschaftsentwicklung und an die Einnahmen der Sozialversicherungen gekoppelt. Das heißt: Bei schlechter Wirtschaftslage und hoher Arbeitslosigkeit - wie derzeit - sinken künftig die Renten. Das aber würde bedeuten, dass die Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy eines ihrer großen Wahlkampfversprechen von vor anderthalb Jahren bricht.
Abbau des Staatsdefizits
Aber auch mit all diesen Maßnahmen geht die Regierung davon aus, dass sie die Stabilitätskriterien der europäischen Währungsunion erst zwei Jahre später als bisher angenommen erfüllen kann. Die liegen bei einem Staatsdefizit von maximal drei Prozent des Brutto-Inlandsprodukts. Das spanische aber, so Finanzminister Cristóbal Montoro, dürfte in diesem Jahr 6,3 Prozent erreichen. "Das Ziel ist für 2014 ein Defizit von 5,5 Prozent, 2015 dann 4,1 und 2016 dann 2,7 Prozent. Damit würde Spanien die Kriterien erfüllen."
Also auch hier: bittere Bestandaufnahme, aber optimistische Zukunftsvisionen. Ob die aber reichen, das muss sich am Montag zeigen. Dann legt Wirtschaftsminister Luis de Guindos die Pläne in Berlin zur Revision vor: bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.