Nach Warnstreik Bahnverkehr rollt wieder an
Nach dem Warnstreik im Regional- und Fernverkehr rollen die Züge wieder - allerdings könnten bis zum Abend noch Auswirkungen des Ausstandes zu spüren sein. Die Gewerkschaft EVG schließt weitere Aktionen nicht aus.
Nach dem bundesweiten Warnstreik der Eisenbahngewerkschaft EVG hat die Deutsche Bahn (DB) am Nachmittag damit begonnen, ihre Fernzüge wieder auf die Strecke zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt war der Ausstand schon seit einigen Stunden beendet. Die Bahn rechnet damit, dass die Auswirkungen im Fernverkehr noch bis in die Abendstunden hinein zu spüren sein werden. Im Regional- und S-Bahnverkehr lief der Betrieb zwar schneller an, doch erst ab Samstag dürfte wieder überall alles rundlaufen.
Es war der zweite Warnstreik der EVG in der Tarifrunde bei der Deutschen Bahn und Dutzenden weiteren Unternehmen. Die meisten Fahrgäste hatten sich offenbar auf den Ausstand eingestellt. Die Bahnhöfe blieben am Vormittag weitgehend leer. "Auf der Schiene und auch bei den Busbetrieben ist quasi nichts mehr gefahren", sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay. Auch auf den Straßen war es trotz des Warnstreiks nicht viel voller als sonst.
Nach Angaben der EVG waren bundesweit gut 23.500 Beschäftigte bei der Deutschen Bahn und weiterer Bahnfirmen an verschiedenen Standorten beteiligt.
EVG droht mit weiteren Ausständen
Die EVG will mit der Aktion Druck für die am Dienstag in Fulda anstehenden Gespräche mit der Deutschen Bahn aufbauen. Die Bahngewerkschaft wirft den Arbeitgebern eine Verweigerungshaltung vor. Der Personalvorstand der DB habe sich nicht einmal mit dem in monatelanger Arbeit von den Gewerkschaftern erarbeiteten Forderungen der Arbeitnehmer beschäftigt, sagte Verhandlungsführer Kristian Loroch. Er drohte drohte mit längeren Aktionen, sollte sich der Konzern nicht bewegen. "Dann wird es eine weitere Warnstreikwelle geben", erklärte Loroch.
Bestärkt darin fühlte sich die EVG auch durch eine Entscheidung des Arbeitsgericht in Frankfurt am Main: Zwei Bahnunternehmen hatten nach Angaben der EVG ein Verbot des Streiks eingefordert, seien aber laut Richterspruch vom gestrigen Abend damit gescheitert.
Loroch betonte, die Gewerkschaft sei auch auf das Szenario eingestellt, dass sich die Verhandlungen über Monate hinzögen. "Ich warne die Bahn davor, den Streit bis in den Herbst und Winter zu ziehen". Es werde keinen Abschluss geben, der schlecht sei, "nur um ihn schnell zu machen".
Die EVG verhandelt seit Ende Februar parallel mit 50 Bahnunternehmen für insgesamt rund 230.000 Beschäftigte über neue Tarifverträge. 180.000 davon arbeiten bei der Deutschen Bahn. Nach den Gesprächen am Dienstag folgen Verhandlungen mit anderen Unternehmen.
Bahn: Warnstreiks "unnütz und unnötig"
Ein Bahnsprecher kritisierte die Warnstreiks als "unnütz und unnötig". Er verwies erneut auf die Bereitschaft des Konzerns, sich bei den Verhandlungen am Schlichterspruch im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes zu orientieren. Über diesen verhandeln ver.di und der Beamtenbund mit Bund und Kommunen am Wochenende in Potsdam. Er sieht stufenweise Einmalzahlungen von insgesamt 3000 Euro sowie ab März 2024 einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent vor.
Die EVG fordert mindestens 650 Euro im Monat mehr Geld oder 12 Prozent für die oberen Einkommen bei einer Laufzeit von einem Jahr. Einmalzahlungen lehnt die Gewerkschaft strikt ab. Sie bemängelt, viele Bahn-Beschäftigte seien schlecht bezahlt. Eine Kundenbetreuerin im Nahverkehr verdiene etwa 2500 Euro brutto, ein Busfahrer 2200 Euro bis 2400 Euro und ein Lokführer zwischen 2600 und 3000 Euro brutto, so der Vorsitzende der EVG, Martin Burkert. Dem widersprach die Deutsche Bahn. Ein Lokführer verdiene bei der Deutschen Bahn durchschnittlich etwa 4100 Euro brutto, ein Busfahrer 2800 Euro und ein Zugbegleiter 3500 Euro.
Die beiden bisherigen Verhandlungstermine zwischen Bahn und Gewerkschaft endeten ohne konkrete Ergebnisse.
Streiks an den Flughäfen gehen weiter
Neben dem Bahn- war auch der Flugverkehr stark eingeschränkt. Für gestern und heute hatte die Gewerkschaft ver.di an mehreren Flughäfen zum Warnstreik aufgerufen. Zu den bereits bestreikten Standorten Düsseldorf, Köln/Bonn und Hamburg kam heute Stuttgart dazu.
Gemeinsam mit der EVG hatte ver.di bereits Ende März für 24 Stunden weite Teile des öffentlichen Verkehrs zum Erliegen gebracht. Dieses Mal war es laut EVG nur Zufall, dass beide Aktionen zusammenfielen.
Zehntausende Reisende waren betroffen. Außer am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden wurden an den Flughäfen alle oder ein Großteil der Flüge gestrichen. In Karlsruhe kam es nach Angaben eines ver.di-Sprechers vor allem zu Verspätungen. Die Streikbeteiligung sei auch dort sehr gut, aber Verwaltungsangestellte und die Landespolizei hätten teils die Aufgaben der Streikenden übernommen. Mit der Polizei verhalte sich ein staatliches Organ im Arbeitskampf offenbar "nicht neutral", kritisierte der Sprecher.
Ver.di will mit den Warnstreiks erreichen, dass die Arbeitgeber die Zeitzuschläge für Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit erhöhen sowie die Überstunden besser entlohnen. Tarifverhandlungen am 11. und 12. April hatten keine Einigung gebracht. Die nächste Verhandlungsrunde ist am 27. und 28. April geplant.