Klimatechnik Hängt China Deutschland bei Wärmepumpen ab?
Klimatechnik "made in Germany": Hierzulande besteht große Hoffnung, dass die Branche den weltweiten Wärmepumpen-Boom für sich nutzen kann. Doch den Markt dominieren chinesischer Hersteller.
Der Druck in China ist groß: Die Volksrepublik will bis 2060 klimaneutral werden. Ein weiter Weg bis dahin, sagt Umweltaktivist Ma Jun vom nichtstaatlichen Institute of Public and Environmental Affairs in Peking: "Wir müssen Klimaschutz vorrangig behandeln. Noch hängen wir zu 59 Prozent an der Kohle. Wie kommen wir davon weg?" Die Frage sei, so Ma Jun, wie künftig Gebäude beheizt und gekühlt würden. "Das müssen wir effizienter machen, mit erneuerbaren Energiequellen."
China längst Marktführer
Als Ma Jun dies der ARD vor einem Jahr sagte, war die Wärmepumpe noch kein großes Thema in der deutschen Öffentlichkeit. Auch heute dreht sich die Diskussion sehr wenig um China - obwohl das Land Marktführer ist bei Wärmepumpen. Schon 2020 kam laut internationaler Energie-Agentur (IEA) mehr als ein Drittel der weltweit installierten Wärmepumpen aus China. Im Jahr darauf nahmen die Verkaufszahlen erneut zu, auf 12,5 Millionen Stück.
Warum? Ganz einfach: Die mit Luft betriebenen Geräte sind quasi umgedrehte Klimaanlagen - und die hat im schwülheißen China praktisch jeder. Kai Schiefelbein, Vorstand im Bundesverband Wärmepumpe, überrascht das nicht: "Beim Thema Wärmepumpe muss man ja sehen, dass Wärmepumpe und die Außenteile von Split-Klimageräten enge Verwandte sind." Insofern habe China eine eigene, sehr starke Wärmepumpen- beziehungsweise Split-Klimaindustrie. "Im Bezug auf die produzierten Stückzahlen ist China in der Split-Klimaindustrie Weltmarktführer. Deshalb ist es für europäische Unternehmen ungeheuer schwierig, da Fuß zu fassen."
In kalten Regionen Fuß fassen
Vor allem in China südlich des Jangtse, wo das Klima immer heißer wird und die Kältefunktion eines solchen Split-Klimageräts deshalb das Wichtigste für den Verbraucher ist. Wenn Kai Schiefelbein an China als Markt für deutsche Wärmepumpen denkt, dann eher an den Norden: "Wo man viel tun muss, um bei bei sehr rauen, kalten Klimabedingungen mit hoher Luftfeuchte ein zuverlässig funktionierendes Gerät zu bauen. Auch die Effizienz unserer Produkte ist sehr gut. Und unsere Geräte sind sehr leise - sie bieten einen erweiterten Nutzen zu dem, was am Markt gängig ist."
Um Wärmepumpen in China verkaufen zu wollen, brauchen deutsche Hersteller ein eigenes Werk vor Ort, sagt Schiefelbein. "Aber selbst dann ist man auf eine Premiumnische Projektgeschäft - ein sehr hochwertiges Marktsegment - eingeschränkt." Projektgeschäft deshalb, weil Wohnhäuser in China meist von Immobilienfirmen gebaut werden, selten vom klassischen Häuslebauer wie in Deutschland. An solche Geschäfte ranzukommen, sei zwar möglich, sagt Schiefelbein. Aber auch die IEA stellt fest: Chinesische Firmen könnten sich auf vielfältige staatliche Hilfen stützen, angetrieben von den großen Klimazielen der Regierung in Peking.
Hersteller Midea wächst stark
Europäischen Firmen fehlen derartige Hilfen. Das mache es ihnen schwer, sagt Schiefelbein. Aber die Deutschen wollen gegenhalten: "Wir arbeiten daran, dass wir den technologischen Vorsprung, den wir heute haben, halten und gleichzeitig die Herstellkosten runterbringen, um auf der Kostenseite mit den Chinesen und den anderen Asiaten wettbewerbsfähig zu werden."
Technologisch gelten japanische Wärmepumpen als besonders hochwertig. Doch auf dem europäischen Markt bewegen sich auch chinesische Marken. Unter den drei Marktführern in der Volksrepublik sind Midea und Haier. Beispiel Midea, bekannt durch die Übernahme des Augsburger Robotikherstellers Kuka: Der Hausgeräteriese expandiert in Europa, kaufte dafür 2016 die Firma Clivet. Im norditalienischen Feltre baut Midea für Clivet gerade ein neues Werk - mit Schwerpunkt Wärmepumpen. Nach chinesischen Marktanalysen kletterten die Exportzahlen von Wärmepumpen-Produkten für Midea 2022 allein im ersten Halbjahr um 200 Prozent. Midea hat zwar ein Büro in Deutschland, will sich zum Geschäft mit Wärmepumpen aber nicht äußern.