Automobilverband ACEA Wachsende Kluft zwischen Ladesäulen und E-Autos
Der europäische Herstellerverband ACEA warnt vor einer alarmierenden Lücke zwischen der benötigten und der vorhandenen Zahl öffentlicher Ladesäulen. Derweil bleiben E-Autos vor allem in China beliebt.
Die europäische Automobilindustrie warnt vor einer wachsenden Kluft zwischen der Zahl öffentlicher Ladesäulen und neuer E-Autos. Die Verkäufe von Elektroautos in der EU seien zwischen 2017 und 2023 dreimal schneller angewachsen als die Zahl neu installierter Ladestationen, teilte der europäische Herstellerverband ACEA heute mit. Es gebe eine alarmierende Lücke zwischen der benötigten und der künftig vorhandenen Anzahl öffentlicher Ladesäulen.
1,2 Millionen neue Ladepunkte pro Jahr nötig?
Deutschland schneidet dabei im EU-Vergleich noch verhältnismäßig gut ab. Knapp zwei Drittel der in der EU vorhandenen Ladesäulen konzentrierten sich laut ACEA auf drei Länder: Deutschland, Frankreich und die Niederlande. Danach besteht eine Korrelation zwischen guter Ladeinfrastruktur und der Zahl neu verkaufter E-Autos. Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Italien seien hinsichtlich der Zahl neu verkaufter Elektroautos und der Zahl vorhandener Ladepunkte jeweils unter den Top-Fünf-EU-Ländern.
ACEA zufolge werden derzeit rund 150.000 Ladesäulen pro Jahr neu installiert. Nach Schätzungen der EU-Kommission braucht es aber 440.000 pro Jahr, damit es 2030 genug gibt. Die Automobilindustrie geht sogar davon aus, dass 1,2 Millionen neue Ladepunkte pro Jahr bis 2030 benötigt würden. Die Umstellung auf zunehmende Elektromobilität soll dazu beitragen, dass die EU ihre Klimaziele einhalten kann.
Zuletzt war der Blick auf den europäischen E-Auto-Markt allerdings eher ernüchternd. Denn das Wachstum bei den E-Autos ist stark gebremst: Im Februar stiegen die Neuzulassungen von Elektroautos in der EU nur noch um neun Prozent, im März sogar lediglich noch um 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Januar hatten sie noch um 29 Prozent zugelegt. Besonders in Deutschland war die Zahl an Neuzulassungen von E-Autos zuletzt eingebrochen.
Elektroautos bleiben vor allem in China gefragt
Beim Marktanteil von neu zugelassenen E-Autos befand sich Deutschland zu Jahresbeginn mit 10,5 Prozent im europäischen Mittelfeld. Die höchsten Marktanteile von Elektroautos wurden im Januar in Dänemark und Schweden mit 35 Prozent und 29 Prozent registriert. Vor allem in Ost- und Südeuropa haben es E-Autos weiter schwer: Den niedrigsten Marktanteil wiesen Italien und Kroatien mit jeweils zwei Prozent auf.
Wesentlich größer ist das Interesse an Elektroautos einer Studie zufolge in China. Dort sprachen sich 80 Prozent der befragten Autofahrerinnen und Autofahrer für die Anschaffung eines volleketrischen Wagens in den kommenden fünf Jahren aus, wie die Mercedes-Benz-Finanzierungstochter Mobility heute auf Basis einer Studie des Marktforschungsinstituts Kantar mitteilte.
Damit liege der Anteil doppelt so hoch wie in Deutschland und den USA. In den drei Ländern gemeinsam könne sich gut die Hälfte einen baldigen Kauf vorstellen. Dabei sind die Fahrer relativ teurer Autos offener für das Elektroauto als Kleinwagenfahrer, Jüngere haben mehr Interesse als Ältere. Länderübergreifend liebäugelt mehr als ein Drittel mit Plug-in-Hybrid-Wagen.
E-Motorräder haben in Deutschland einen schweren Stand
Wenig beliebt waren zuletzt in Deutschland derweil schwere Motorräder mit Elektro-Antrieb. "96 bis 97 Prozent der Motorräder haben einen Verbrennungsmotor", sagte Matthias Meier, Geschäftsführer der Harley-Davidson-Factory in Frankfurt. Nach Auswertungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) gab es im vergangenen Jahr 222.046 Neuzulassungen für Krafträder - davon waren nur 16.945 mit Elektro-Antrieb.
Kunden greifen lieber zu kleineren batteriebetriebenen Zweirädern. In der kleinsten Klasse, die Kleinkrafträdern mit bis zu 50 Kubikzentimetern Hubraum entspricht, werden bereits fast 30 Prozent Elektro-Bikes verkauft, wie der Industrieverband Motorrad Deutschland (IVM) berichtet. Ähnliches gilt für die Klasse A1 mit einem Hubraum bis zu 125 Kubikzentimetern, wo 2023 mehr als zehn Prozent der neu zugelassenen Zweiräder einen Elektroantrieb hatte.
Auch die Angebotspalette von E-Motorrädern ist überschaubar. So verschob BMW die Vorstellung seines E-Modells auf frühestens 2026. Ursprünglich war das Modell schon für 2025 angekündigt worden. Es gebe weltweit "nirgendwo eine wirklich relevante Nachfrage seitens der Kunden nach elektrischen Motorrädern", sagte BMW-Sprecher Tim Diehl-Thiele. Solange die Nachfrage ausbleibe, wolle sich der Hersteller weiterhin auf elektrische Modelle für den städtischen Raum und für überschaubare Distanzen konzentrieren.