USA und China Kampf um die Zukunftstechnologie Mikrochips
Um neue Technologien voranzubringen, ist China vom Import moderner Mikrochips abhängig. Doch die USA sorgen durch ihre Sanktionen für einen Engpass. Dabei spielt auch Taiwan eine Rolle.
Seit Monaten versuchen die USA mithilfe von Sanktionen, China vom Import und von der Produktion hochmoderner Mikrochips abzuhalten. Diese werden etwa für die Entwicklung Künstlicher Intelligenz, in der Raumfahrt und beim Militär gebraucht. Auch die Niederlande und Japan haben sich den Sanktionen angeschlossen.
China kann die Hightech-Mikrochips jedoch noch nicht selbst herstellen und ist daher auf Chips und auf Maschinen aus dem Ausland angewiesen. Wie sehr treffen die Sanktionen China wirklich? Und welche Rolle spielt die demokratisch regierte Insel Taiwan?
Preise für Chips mehrfach verdoppelt
"Anschnallen bitte", sagt der Bordcomputer. Ein Auto fährt ohne Fahrer vollautonom im normalen Stadtverkehr - auf dem Fahrersitz sitzt nur noch ein Aufpasser, der im Notfall eingreifen kann. Seit fast einem Jahr ist das auf bestimmten Straßen in der südchinesischen Technologiemetropole Shenzhen zugelassen. Die Zwölf-Millionen-Metropole, von einigen als "chinesisches Silicon Valley" bezeichnet, ist die Heimat vieler großer chinesischer Hightech-Unternehmen wie Huawei, Tencent und ZTE.
Im hochmodernen Stadtteil Nanshan prägen Palmen und Wolkenkratzer das Stadtbild. Die Fenster sind bis in die höchsten Stockwerke auch spät nachts noch hell erleuchtet. Denn die Mitarbeiter der etwa 4000 Hightech-Start-ups schlafen nicht. Sie entwickeln, forschen, experimentieren und produzieren - wie die Beschäftigten des vor sieben Jahren gegründeten chinesischen Robotikunternehmen Elephant Robotics. Das Start-up experimentiert mit Künstlicher Intelligenz und nutzt teilweise auch Computerchips aus dem Ausland.
Ein Roboterarm so groß wie ein Kinderarm sortiert etwa bunte Holzwürfel in verschiedene Behälter. Einen roten Holzwürfel kann der Roboter auf Kommando von einem grünen unterscheiden. Mit Blick auf die Maßnahmen der USA sagt Qiu Lisha, die für den ausländischen Markt des Start-ups zuständig ist: "In der Vergangenheit hatten internationale Sanktionen einige Auswirkungen auf uns. Vor allem als die Mikrochip-Sanktionen begonnen haben, hat sich der Preis für die Chips mehrmals verdoppelt, so dass der finanzielle Druck für uns zu dieser Zeit sehr groß war."
Hochleistungs-Chips sollen nicht beim Militär landen
Seit Oktober vergangenen Jahres hat die US-Regierung nach verschiedenen Runden von Sanktionen neue Exportbeschränkungen verhängt. Diese sollen die Volksrepublik vom Import und der Produktion modernster Hightech-Mikrochips abhalten. Die Niederlande, die mit der Firma ASML ein Unternehmen haben, welches Maschinen zur Chipproduktion herstellt, haben sich den Sanktionen angeschlossen. Jüngst kam auch Japan hinzu.
"Ich denke, die Hauptabsicht ist, sicherzustellen, dass China kein großes Volumen von diesen speziellen Chips für Künstliche Intelligenz und vor allem auch für Künstliche Intelligenz im Militär einsetzen kann", erklärt Antonia Hmaidi. Sie forscht am Berliner China-Forschungsinstitut Merics unter anderem zur Chipindustrie und Künstlicher Intelligenz in China.
Die Volksrepublik kann die winzigen Hochleistungs-Chips unter einer Größe von sieben Nanometern noch nicht selbst herstellen. Vor allem die Maschinen zur Herstellung aus dem Ausland zu ersetzen, wird laut internationalen Experten eine der größten Herausforderungen für China. Denn ohne diese Anlagen ist die Chipproduktion nicht möglich.
Vorsprung des Westens schwer aufzuholen?
Trotzdem sei China nicht ganz aufgeschmissen, so Hmadidi. "Man kann fast alles, was man mit den neuen Chips macht, auch mit älteren Chips machen." Dafür seien zwar mehr Strom, mehr Ressourcen und mehr Geld nötig. Sie ist aber überzeugt, dass die chinesische Industrie Wege findet, mit den Sanktionen umzugehen.
Außerdem könne man nicht alle Chips auf dieser Welt kontrollieren. "Wenn wir über 1000 oder 10.000 Chips sprechen, dann wird eine chinesische Firma, die international aufgestellt ist, immer irgendwie was davon bekommen", meint die Expertin. Im Zweifel verlaufe der Transport dann über drei Länder.
Chinesische Fachleute wie Xing Yuqing, der derzeit am japanischen Institut GRIPS in Tokio forscht, gehen davon aus, dass China in der Zukunft selbst Hochleistungs-Chips herstellen kann. "Die Sanktionen werden chinesische Unternehmen dazu zwingen, ihre eigene Forschung zu betreiben, was sie dazu zwingt, mehr Zeit und mehr Geld zu investieren", sagt der Wirtschaftsprofessor. Dennoch halten internationale Beobachter es für fraglich, ob China jemals aufholen kann, während die Konkurrenz sich ebenfalls weiterentwickelt.
Kein Interesse an militärischer Auseinandersetzung
90 Prozent der fortschrittlichsten Mikrochips produziert Taiwan. China sieht das Land als eigenes Staatsgebiet an und droht der demokratisch regierten Insel immer wieder mit militärischer Gewalt. Die Expertin Hmaidi vom China-Forschungsinstitut Merics schätzt, dass gerade die Hochleistungs-Chips Taiwan bis zu einem gewissen Grad vor einer militärischen Konfrontation schützen könnten. Eine Blockade der Lieferketten um die Taiwanstraße würde wirtschaftlich alle betreffen, auch die USA, die Taiwan militärisch unterstützen.
Außerdem sind weder China noch die USA nach Einschätzung von Hmaidi bereit für eine militärische Auseinandersetzung: "Es ist immer noch so, dass beide Seiten ein großes Interesse daran haben, nicht jetzt in den Krieg zu gehen." Beide Parteien seien der Ansicht, dass sie ihre militärische Ausrüstung noch stark verbessern müssen, um sich sicher zu sein, dass sie einen Krieg gewinnen können.
Ein Zwischenfall Anfang Juni zeigt allerdings, wie angespannt die Lage ist. Ein chinesisches Kriegsschiff hatte in der Straße von Taiwan einen US-Zerstörer abgedrängt. Beobachter warnen, dass solche Zwischenfälle häufiger werden und auch unabsichtlich zu einer Eskalation führen könnten.