Ein Mann bedient eine Wärmepumpe
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Energieversorgung Wärmepumpen - aber welche?

Stand: 24.02.2023 16:12 Uhr

Viele Hausbesitzer wollen sich eine Wärmepumpe einbauen lassen. Sechs Millionen Stück sollen bis 2030 in Deutschland am Netz sein. Doch gibt es genug Strom? Das hängt auch davon ab, wie effizient die Pumpen sind.

Christian Lex und seine Kollegen bauen in Heidelberg gerade wieder eine neue Wärmepumpe ein. Rund 40 Stück verbaut die Firma im Jahr, erzählt er. Aber jede Woche kommen rund 15 Anfragen von Neukunden bei ihm rein. Die Nachfrage sei riesig, und "sie hat durch die aktuelle Energiekrise noch mal einen richtigen Boom" erfahren.

Mit dem Einbau ist es nicht getan

Ganz unaufwändig ist die Arbeit hier in Heidelberg gerade nicht: Ein älteres, großes Haus, da sind große Umbaumaßnahmen an der Heizungstechnik nötig. Neue Rohre, neue Heizkörper, viel Aufwand. Aber für den Kunden, Rainer Sauerborn, war ein neuer Gaskessel trotzdem keine Option. Seine alte Heizung verursacht 7000 Euro Heizkosten im Jahr - "astronomisch", sagt er. Mit einer Wärmepumpe erwartet er, die Kosten auf 3000 Euro zu senken. Dann rechne sich das System auf längere Sicht: "Diesen Atem muss man haben", sagt Sauerborn. Er weiß aber auch: "Das kann sich sicher nicht jeder leisten". 

Sauerborn ist Professor für öffentliche Gesundheit und arbeitet am Bericht des Weltklimarates mit. Deshalb ist der Klimaschutz für ihn mindestens so wichtig wie die finanzielle Seite. Beim heutigen Strom-Mix verursacht eine neue Wärmepumpe 25 bis 50 Prozent weniger CO2-Emissionen als eine Gasheizung - mit zunehmendem Ausbau der Erneuerbaren wird die Bilanz noch besser.

Je kälter, desto ineffizienter

So denken offenbar immer mehr in Deutschland, denn der Absatz von Wärmepumpen hat in den vergangenen Jahren deutlich an Fahrt aufgenommen. So wurden 2022 etwa dreimal so viele Wärmepumpen abgesetzt wie zehn Jahre zuvor. Und auch politisch ist Druck im Kessel: die Bundesregierung will faktisch vom kommenden Jahr an neue Gas- und Öl-Heizungen verbieten. Anders sind die Klimaschutz-Ziele im Gebäudesektor wohl auch nicht zu erreichen.

Doch die Lösung des einen Problems könnte neue aufwerfen. Der mit Abstand größte Teil der aktuell eingebauten Systeme sind sogenannte Luft-Wärmepumpen, wie sie auch Rainer Sauerborn bekommt. Die entziehen der Umgebungsluft Energie und erhitzen so Wasser für Warmwasser und Heizungen. Das Problem: Je kälter es wird, desto mehr Energie müssen die Geräte über Strom zuführen, um die gleiche Temperatur zu erzeugen. Sie werden also immer ineffizienter.

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Heute sei das Stromnetz für diese neuartigen Belastungen - neben Wärmepumpen auch verstärkt E-Autos und Photovoltaik-Anlagen - noch nicht ausgelegt, sagt Selma Lossau Leiterin Netzanschluss Strom/Gas bei Netze BW in Stuttgart. Um das zu ändern, müssten die Betreiber viel Geld in die Hand nehmen. Eine halbe Milliarde pro Jahr rechnet allein die EnBW dafür aktuell ein. Geld ist aber nicht alles, sagt Lossau: "Das andere sind natürlich die Kapazitäten, die wir brauchen, an Dienstleistern, also beispielsweise Tiefbaufirmen, die wir brauchen, um das Netz schnell ausbauen zu können." Es fehlen Fachleute.

Kraftwerke müssen Kapazitäten auch künftig vorhalten

Doch selbst wenn der Netzausbau hinterherkommt: Könnten die vielen strombasierten Heizungen in Kombination mit dem Umstieg auf Erneuerbare Energien nicht zum Problem bei der Energieerzeugung werden? Das energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln hat vorgerechnet, dass sich die Nachfrage nach Strom an kalten Wintertagen um bis zu zehn Gigawatt erhöhen könnte. Das ist mehr als die beiden größten deutschen Braunkohlekraftwerke mit allen Blöcken produzieren können. Und diese Nachfragespitze wird genau dann eintreten, wenn Wind und Sonne oft wenig Energie liefern: an trüben, windstillen Wintertagen.

Auch wenn längere Phasen der sogenannten Dunkelflaute selten sind, müsste dennoch dafür eigens Kraftwerksleistung vorgehalten werden. Das sind nach den aktuellen Planungen Gaskraftwerke, später auch auf grünen Wasserstoff umgerüstete. Dennoch: In Summe wäre das Wärmesystem immer noch deutlich klimaeffizienter als das heutige, sagt vom Frank Sensfuß vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe. Und doch könnte diese Lösung volkswirtschaftlich sehr teuer werden, denn die Kraftwerksbetreiber werden sich den Reservebetrieb teuer bezahlen lassen.

Erd- und Wasser-Wärmepumpen deutlich effizienter

Um Bedarf und Kosten möglichst gering zu halten, wäre es deshalb wichtig, die Wärmepumpen möglichst effizient zu gestalten. Diese Systeme gibt es auch. Statt mit der Umgebungsluft arbeiten sie mit Wasser- oder Erdwärme. Aus 100 Meter Tiefe holen die Pumpen dort konstant zehn bis 14 Grad - selbst dann, wenn draußen knackiger Frost herrscht.

Edelbert Krämer bohrt mit seinem Unternehmen eine solche Erdwärmesonde in Hagenbach in der Pfalz und erklärt den Unterschied so: "Das bedeutet, dass die Anlage viel effektiver ist, auch viel länger hält. Sie können sich das vorstellen wie mit dem Automotor. Wenn sie auf der Autobahn immer die gleiche Geschwindigkeit fahren, ist das viel effizienter, und der Motor ist immer gleich warm." Und noch einen Vorteil hat dieses System: die Erdtemperatur lässt sich im Sommer auch mit geringem Energiebedarf als Klimaanlage einsetzen. Und das hilft, auch die zunehmende Energienachfrage an heißen Tagen zu kappen.

Nahwärmenetze als Teil der Lösung

Erdwärme wird schon lange in Kombination mit Wärmepumpen genutzt. Früher war es sogar die häufigste Wärmepumpenart. Sie ist aber erheblich teurer im Einbau als eine Luft-Wärmepumpe. Die Bohrung muss - wegen eventueller Schäden in der Nachbarschaft - versichert werden. Und es ist auch nicht immer sicher, dass sie das gewünschte Ergebnis bringt, also die nötige Wärme. Das schreckt Verbraucher ab. Ideal geeignet ist diese Form der Geothermie aber zum Beispiel für sogenannte "kalte" Nahwärmenetze. Mehrere tiefere Bohrungen versorgen dort ganze Quartiere mit dem erdwarmen Wasser - jeder einzelne Abnehmer betreibt dann damit seine eigene Wärmepumpe. Nach einer Schätzung der RWTH Aachen dürfte es bereits mehr als 100 davon in Deutschland geben.

Doch es gibt noch ein weiteres Problem: Längst nicht überall darf einfach in die Erde gebohrt werden. Bis 100 Meter Tiefe braucht man zumindest keine bergrechtliche Genehmigung einzuholen, aber oft ist eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich - und da gibt es große Ausschlusszonen.

Kalte Wohnzimmer können kaum die Lösung sein

Fazit: Wärmepumpen sind eine kluge Lösung. Die meisten Studien zur Wärmewende gehen aber von einer hohen Zahl an Bodenwärmepumpen aus, die beim jetzigen energiepolitischen Kurs so nie erreicht werden kann. Dazu wären Änderungen bei der Förderung nötig, fordert Veit Bürger, stellvertretender Leiter des Öko-Instituts in Freiburg in der Sendung KlimaZeit auf tagesschau24 - und auch eine Einschränkung der Ausschlussgebiete. Dringend notwendig ist aber auch die Wärmedämmung in Kombination mit Wärmepumpen. Denn je höher der Heizbedarf, desto größer das Problem mit den Stromspitzen.

Der Druck Richtung Wärmepumpen ist klimapolitisch wichtig, aber nur in einer klugen Kombination lassen sich langfristig Probleme vermeiden. Und die Lösung kann sicherlich nicht sein, dass es stunden- und tageweise kalt bleibt in deutschen Wohnzimmern. Diese Lösung ist derzeit tatsächlich als einzige gesetzlich vorbereitet. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Bundeswirtschaftsministerium teilt auf Anfrage mit, es würden "nur zertifiziert netzdienliche Wärmepumpen gefördert, die es Netzbetreibern erlauben, in kritischen Situationen die abgenommene Leistung befristet abzuregeln oder zu reduzieren."