Parlament in Athen Noch einmal "Ja" - und dann verhandeln

Stand: 22.07.2015 14:21 Uhr

Getreu den EU-Vorgaben stimmt das griechische Parlament heute über Teil zwei der Sparauflagen ab - ohne ein "Ja" wird es keine Verhandlungen über das dritte Hilfspaket geben. Die EU-Kommission fühlt sich gut eingebunden. Der Druck auf die griechische Regierung ist dennoch hoch.

Der Druck ist unvermindert da, besonders die Osteuropäer halten das Drohpotenzial demonstrativ aufrecht. So unterstreicht noch heute früh beispielsweise der Ministerpräsident von Estland in einem Interview mit dem "Handelsblatt": "Die Reformen müssen umgesetzt werden." Und erst gestern hatte sein Kollege aus Bratislava unmissverständlich klar gemacht: "Sollten wir erleben, dass Griechenland von seinen Zusagen abweicht, wird die Slowakei in der ersten Reihe der Länder stehen, die einen Austritt Griechenlands fordert", so Robert Fico wörtlich.

EU-Kommission zufrieden

Doch während in manch einer Hauptstadt weiter kräftig am Theaterdonner gearbeitet wird, gibt man sich in Brüssel überaus entspannt. Bei der EU-Kommission verweist man darauf, dass Griechenland alle bislang geforderten Reform fristgemäß umgesetzt habe: Erhöhung der Mehrwertsteuer, Einstieg in eine Rentenreform oder auch die Unabhängigkeit der Statistikbehörde. Das alles wurde vom Parlament in Athen, wie verlangt, vor einer Woche angenommen.

Auch für heute sind die Vorgaben der Europäer ganz einfach nachzulesen, nämlich im Gipfelbeschluss vom 13. Juli, der das Verfahren regelt: Heute sind Reformen bei Justiz und Banken auf den Weg zu bringen. Damit wird unter anderem eine EU-Richtlinie umgesetzt, wie angeschlagene Banken abgewickelt werden. Es geht darum, dass künftig zuerst Aktionäre und Gläubiger herangezogen werden - und nur, wenn das nicht reicht, muss noch der Steuerzahler einspringen, um die finanziellen Lücken zu stopfen.

Verschobene Punkte waren freiwillig

Darüber hinaus - und das ist der entscheidende Punkt - hatte Tsipras freiwillig angekündigt, weitere Reformen vorzuziehen. Darunter ist eine Abschaffung der Frühpensionierung, aber auch die Streichung fast aller Steuervorteile für griechische Landwirte. Doch das ist hoch umstritten in Athen. Abgeordnete, die vom Land kommen - und zwar quer durch alle Parteien - kündigten an, dem bisherigen Entwurf keinesfalls zustimmen zu wollen. Nach Rücksprache mit Brüssel wurden deshalb diese zusätzlichen Reformen vorerst von der Tagesordnung genommen. Bei der EU geht man nun davon aus, dass sie zusammen mit anderen Gesetzen Anfang August beschlossen werden.

Zweites Reformpaket Griechenlands
Bei dem zweiten Reformpaket geht es einerseits um eine Überarbeitung der Zivilprozessordnung und andererseits um eine EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken. Das Gesetz zur Umsetzung dieser Vorgaben legt fest, dass künftig zuerst die Aktionäre und Gläubiger eines Geldhauses einspringen müssen, bevor Steuergelder zur Rettung eingesetzt werden. Gleichzeitig sind Sparguthaben bis 100.000 Euro sicher. Bei Geldanlagen über dieser Grenze sollen die Kontoinhaber aber wie Aktionäre die Sanierung maroder Banken mitfinanzieren. Die Justizreform soll Gerichtsverfahren beschleunigen. Das gilt insbesondere für Verfahren, bei denen Immobilienbesitzer ihre Kredite an Banken nicht mehr zurückzahlen können. In solchen Fällen sollen sie schneller ihre Häuser oder Wohnungen an die Banken verlieren.

Kommissionssprecherin Mina Andreeva verweist ganz grundsätzlich auf das Verfahren, das sich inzwischen eingespielt habe mit Athen: "Wir sind ständig im Gespräch mit den griechischen Behörden, wenn die Gesetze erarbeitet werden", erklärt sie. Das bedeute, "wir bekommen nicht einfach einen Vorschlag zugeschickt, sondern wir erarbeiten ihn gemeinsam." Brüssel fühlt sich also ständig einbezogen und informiert.

Gleichwohl macht man aber auch hier noch einmal klar: Das Gesetzespaket zu Justiz und Banken muss heute vom Parlament in Athen verabschiedet werden. Nur dann könnten in die Verhandlungen über das gewünschte dritte Hilfspaket für Griechenland schnellstmöglich beginnen. Tsipras selbst gibt sich und Europa dafür vier Wochen Zeit: Am 20. August soll alles unter Dach und Fach sein.

Anmerkung der Redaktion: Obwohl es nicht auf der Liste der unverzüglich geforderten Sofortmaßnahmen steht, hatte die griechische Regierung ursprünglich geplant, heute auch schon über die Abschaffung der Frühpensionierung sowie über die Streichung von Steuervorteilen für griechische Landwirte abstimmen zu lassen. Dieser Plan wurde inzwischen zurückgezogen. Nach Informationen des ARD-Hörfunkstudios Brüssel gab es im Vorfeld in der EU-Kommission zumindest vereinzelt Unmut über diese Rücknahme. Gleichwohl war das Vorgehen aber mit der EU-Kommission abgestimmt, wie diese noch einmal ausdrücklich betont.