EU-Kommission zu Grenzpolitik "Müssen im Sommer nicht zu Hause sitzen"
Die EU macht Hoffnung für den Sommerurlaub: Die Reisefreiheit soll stark von regionalen Entwicklungen abhängen. Haben die Länder Corona im Griff, könnten die Grenzen öffnen, sagte Kommissionsvizechefin Vestager.
Es war nur wenige Minuten, nachdem in Berlin Bundesinnenminister Horst Seehofer die Lockerung der Grenzkontrollen für Deutschland angekündigt hatte, als sich rund 800 Kilometer weiter westlich eine ziemlich unscheinbare Tür im Pressesaal der EU-Kommission öffnete.
Heraus traten Margarethe Vestager und Thierry Breton. Die eine Vizepräsidentin der Brüsseler Behörde, der andere als Kommissar für den Binnenmarkt zuständig. Und beide ließen schnell durchblicken, dass ihnen die Beschlüsse aus Berlin gut ins Konzept passen.
Maßnahmen regional anpassen
Im jetzigen Stadium der Pandemie sei das Abriegeln ganzer Staaten nicht mehr das geeignete Mittel, betont Breton: "Das Virus kennt keine Grenzen. Wir sind deshalb eindeutig dafür, dass wir vor allem auf die einzelnen Regionen schauen, wie sich die Pandemie vor Ort entwickelt. Dann muss eben genau da getan werden, was getan werden muss."
Schritt für Schritt können deshalb aus Sicht der EU-Kommission die Grenzen wieder geöffnet werden. Nämlich dann, wenn auf beiden Seiten die Ausbreitung des Virus im Griff ist, genug Testkapazitäten sowie Betten auf den Intensivstationen vorhanden sind und auch die Infektionsketten nachvollzogen werden können.
Sprich: Wenn die Länder die Lage im Griff haben, dann sollten auch die Grenzen wieder aufgehen und die Reisefreiheit schrittweise wieder hergestellt werden.
"Kein normaler Sommer"
Womit wir beim Sommerurlaub angekommen wären, den die EU mitnichten abschreiben will, wie Vestager betont: "Dieser Sommer ist natürlich kein normaler Sommer. Für keinen von uns. Aber wenn wir alle zusammenarbeiten und jeder seinen Teil dazu beiträgt, dann müssen wir im Sommer nicht nur zu Hause sitzen. Und für die Beschäftigten im Tourismusbereich wäre die Saison auch nicht verloren."
An strengen Hygiene- und Abstandsregeln führt aus Sicht der EU-Kommission aber auch im Urlaub kein Weg vorbei. Hier müssten die Mitgliedsstaaten sorgsam darauf achten, dass diese auch eingehalten werden.
Klare Ansagen gab es auch beim Thema abgesagter Reisen. Findet ein Flug nicht statt oder sagt ein Veranstalter eine Tour oder einen Urlaub ab, dann kann ich mein Geld zurückverlangen. "Sie müssen keinen Gutschein akzeptieren", sagte Vestager. Verbraucher hätten ein Recht, ihr Geld zurückzuerhalten. Gegen EU-Staaten, die Kunden dennoch verpflichtet hätten, Gutscheine anzunehmen, werde man nötigenfalls juristisch vorgehen.
Kritik kam umgehend, und zwar genauso klar von Branchenvertretern. Der Vorschlag sei schlicht weltfremd, heißt es zum Beispiel beim Deutschen Reiseverband. Die meisten kleinen und mittelständischen Reiseveranstalter stünden bereits mit dem Rücken zur Wand, deren Kassen seien leer.