ifo-Studie Bürokratieabbau wäre ein Wachstumsmotor
Die Bürokratielast der Unternehmen in Deutschland sei erdrückend, heißt es vom Münchner ifo-Institut. Die jährlichen Kosten für die Wirtschaftsleistung beziffern die Fachleute mit 146 Milliarden Euro.
Überbordende Bürokratie kommt Deutschland einer Studie des Münchner ifo-Instituts zufolge teurer zu stehen. Sie kostet jährlich bis zu 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung. Das geht aus der heute veröffentlichten Untersuchung hervor. "Das große Ausmaß der Kosten durch die Bürokratie verdeutlicht die Dringlichkeit des Reformbedarfs", sagte der Leiter des ifo-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien, Oliver Falck. "Die Kosten von Nichtstun sind riesig, gemessen am Wachstumspotenzial, das im Bürokratieabbau schlummert."
Einer der Gründe für die hohen Kosten liegt den Angaben zufolge an der mangelnden Digitalisierung des Staates und seiner Behörden. "Würde Deutschland bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auf das Niveau von Dänemark aufschließen, wäre die Wirtschaftsleistung um 96 Milliarden Euro pro Jahr höher", sagte Falck.
Bürokratie-Moratorium gefordert
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern, die diese Studie in Auftrag gegeben hat, fordert angesichts der hohen Kosten ein sofortiges Bürokratie-Moratorium. "Der Schaden im dreistelligen Milliardenbereich ist gigantisch", sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. Alle Nachweis-, Dokumentations- und Berichtspflichten sowie Statistikmeldungen gehörten auf den Prüfstand, ebenso alle ständigen Gesetzesänderungen, Datenschutzvorgaben und langwierigen Verwaltungsverfahren. Diese müssten deutlich verschlankt und teilweise komplett abgeschafft werden und das in Berlin und Brüssel.
"Die Verwaltungsdigitalisierung muss auf die Sprünge kommen", fordert Gößl zudem. "Die Unternehmen brauchen einen zentralen Online-Zugang zu allen wirtschaftsrelevanten Leistungen und bundesweit einheitliche, nutzerfreundliche Lösungen."
Grundlage für die Studie ist den Forschenden zufolge ein Index, der für mehrere Länder den Bürokratieaufwand in für die Wirtschaft und Unternehmen relevanten Bereichen abbildet. Die Studienautoren simulierten, welche Effekte eine Bürokratiereform auf das niedrige Bürokratieniveau von Schweden, dem Spitzenreiter im Bürokratie-Index, bringen würde.
"Große strukturelle Probleme"
Viele Ökonomen mahnen die heimische Politik seit Langem, den Industriestandort Deutschland auch dadurch zu stärken, indem Bürokratie abgebaut wird. Auch die Wirtschaftsverbände fordern weniger Bürokratie. "Wir haben große strukturelle Probleme in Deutschland, die für unsere Industrie und unser Land immer mehr zur Last werden", sagte unlängst der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup: "Unsere Industrie braucht daher zeitnah niedrige Energiepreise, ein wettbewerbsfähiges Steuersystem, schnellere Genehmigungen sowie weniger Bürokratie und Regulierung aus Brüssel."
Vor einigen Wochen hatte der Bundestag das Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen. Damit soll die Wirtschaft jährlich um rund 944 Millionen Euro entlastet werden. Das Gesetz umfasst mehr als 60 Einzelmaßnahmen.