Steuervorteile in Millionenhöhe Wie der E-Auto-Markt angekurbelt werden soll
Die Bundesregierung will den Absatz von Elektroautos mit Steuer-Erleichterungen ankurbeln. Denn seit der Umweltbonus vor einem Jahr auslief, ging die Zahl der E-Autos, die als Dienstwagen gekauft wurden, deutlich zurück.
Der Absatz von Elektroautos ist eingebrochen: Die Zahl der neu zugelassenen E-Autos sank im August dieses Jahres um 69 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das geht aus aktuellen Daten des Kraftfahrtbundesamtes hervor. "Schon vor dem Einbruch im August hat sich der Absatz von Elektroautos in diesem Jahr sehr enttäuschend entwickelt. Obwohl attraktive neue Modelle auf den Markt kommen, ist die Nachfrage anhaltend schwach. Elektroautos sind aktuell Ladenhüter", sagt Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY.
Darum sollen nach dem Willen der Bundesregierung nun neue Steuererleichterungen für E-Autos, die als Dienstwagen gekauft werden, den Absatz ankurbeln. Das ist - betrachtet man die Neuzulassungen der E-Autos - auch ein wichtiger Ansatz: "Zulassungen auf Unternehmen machen die Mehrheit der Neuzulassungen an Elektroautos aus", erklärt Helena Wisbert vom Center of Automotive Research (CAR) gegenüber tagesschau.de.
Sonderabschreibungen und Steuervorteile
Konkret sind nun zwei Maßnahmen vorgesehen, auf die sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) laut Handelsblatt im Rahmen des Wachstumspakets der Ampelkoalition Anfang Juli geeinigt hatten. Zum einen will die Regierung Steuervorteile für vollelektrische Dienstwagen auf Autos bis zum Wert von 95.000 Euro ausdehnen, heißt es im Gesetzesentwurf, den das Kabinett heute gebilligt hat.
Künftig sollen Besitzer solcher Luxus-E-Dienstautos von dem auf 0,25 Prozent reduzierten Steuersatz profitieren. Bisher gilt dieser niedrigere, monatliche Tarif nur für Autos bis 70.000 Euro. Zum Vergleich: Bei Benzinern müssen beispielsweise monatlich 1,0 Prozent des geldwerten Vorteils versteuert werden.
Zudem will die Regierung eine Sonderabschreibung für E-Autos beschließen, die rückwirkend ab Juli bis 2028 gelten soll. So können 40 Prozent im Jahr der Anschaffung steuerlich geltend gemacht werden, 24 Prozent im folgenden Jahr und 14 Prozent im zweiten folgenden Jahr. Danach sind es neun Prozent, sieben Prozent und dann sechs Prozent. Beide Instrumente zusammen werden nach Schätzungen des Finanzministeriums den Staat in den nächsten Jahren jeweils rund 600 Millionen Euro kosten.
"Abschaffung war nicht zielführend"
Das erklärte Ziel dieser Steuererleichterungen: Den Absatz von E-Autos ankurbeln. Denn die derzeit schlechten Neuzulassungszahlen haben nach Einschätzung der EY-Experten auch finanzielle Gründe: Viele Elektroautos sind nach wie vor deutlich teurer als Verbrenner. Auch wenn es mittlerweile einige Modelle gibt, die für unter 30.000 Euro zu haben sind, scheuen viele Kunden vor den Anschaffungskosten zurück. Zumal es nur ein begrenztes Angebot an bezahlbaren Kleinwagen gibt. Das fällt bei der Überlegung nach einer Neuanschaffung erst recht ins Gewicht, seit der Umweltbonus - die staatliche Förderung für den Neukauf von E-Autos - ausgelaufen ist.
Das betont auch Helena Wisbert vom CAR: "Die Abschaffung des Umweltbonus sowohl für Gewerbekunden als auch für Privatkunden war nicht zielführend." Und das vor allem, wenn man das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel von 15 Millionen Elektroautos, die bis 2030 auf deutschen Straßen fahren sollen, betrachte.
Niedriges Niveau bei Neuzulassungen
Das wird vor allem an den aktuellen Neuzulassungen deutlich: Laut den Branchenexperten von EY haben im August 2023, kurz bevor der Umweltbonus für Unternehmen auslief, Last-Minute-Käufe von gewerblichen Kunden die Neuzulassungen von E-Autos noch mal in die Höhe getrieben. Mehr als 86.000 Elektro-Neuzulassungen wurden damals verzeichnet: "Fast jedes dritte neu zugelassene Auto in Deutschland war ein Elektroauto", so die EY-Experten.
Doch das hat sich gewandelt, so die Experten: "Seit es in Deutschland keine Umweltprämie mehr gibt - weder für staatliche noch für gewerbliche Kunden - pendelt sich die Zahl der neu zugelassenen Elektroautos in Deutschland auf einem deutlich niedrigeren Niveau ein: im Korridor zwischen 10,5 und 14,6 Prozent." Auch großzügige Rabatte der Hersteller und gesenkte Listenpreise konnten daran bisher nichts ändern.
Nicht vergleichbar mit der Umweltprämie
Dass nun wieder eine staatliche Unterstützung kommt, hält Helena Wisbert zwar für den richtigen Weg: "Der Hochlauf der Elektromobilität ist noch stark von Förderungen abhängig, das zeigt die Entwicklung der Absatzzahlen von E-Autos im internationalen Vergleich. In den Märkten, in denen Förderprogramme wie Steuererleichterung gewährt werden, steigen auch die Zulassungszahlen."
Trotzdem seien die neuen Steuererleichterungen nicht mit der ausgelaufenen Umweltprämie vergleichbar: "Es kann mit einem leichten Nachfrageschub gerechnet werden, der aber unter der Wirkung der ausgelaufenen Umweltprämie bleibt, da von dieser sowohl Privat- als auch Unternehmenskunden profitiert haben", so Wisbert. Darum vollziehe man mit den neuen Steuererleichterungen auch keine 180-Grad-Wende - denn Privathaushalte werden diesmal eben nicht berücksichtigt.
Reaktion auf Sparpläne von VW?
Dass die Steuererleichterungen für E-Autos als Dienstwagen im Bundeskabinett nun zum gleichen Zeitpunkt auf den Tisch kommen wie die Sparpläne bei Volkswagen, hält die Expertin vom CAR dabei nicht für einen Zufall. Sie gehe davon aus, dass der Zeitpunkt der Vorstellung der Pläne auch eine Reaktion auf die Sparpläne bei VW sei, sagte sie gegenüber tagesschau.de.
Denn auch der deutsche Autobauer ist von der Zurückhaltung auf dem E-Automarkt betroffen: VW kündigte bereits Anfang Juli an, wegen schlechter Nachfrage nach dem Oberklasse E-Auto Audi "Q8 e-tron" das Audi-Werk in Brüssel auf den Prüfstand zu stellen. Anfang dieser Woche hatte Deutschlands größter Autobauer dann angekündigt, seinen Sparkurs zu verschärfen.