Menschen nehmen mit Plakaten und Fahnen an einer Auftaktdemonstration der Tarifverhandlungen für die bayerische Metall- und Elektroindustrie teil.

Sieben Prozent mehr Geld IG-Metall ruft zu Warnstreiks auf

Stand: 28.10.2024 12:15 Uhr

Die IG Metall ruft ihre Mitglieder in der Metall- und Elektroindustrie ab Dienstag zu flächendeckenden Warnstreiks auf. Die Gewerkschaft fordert für ihre rund 3,9 Millionen Mitglieder sieben Prozent mehr Lohn.

Ab Dienstag wird es in der Metall- und Elektroindustrie zu Warnstreiks kommen. Die IG Metall kündigte heute mehrstündige Ausstände in einzelnen Betrieben an, die schon um Mitternacht beginnen sollen.

Da der Tarifvertrag gekündigt ist, endet heute die nachlaufende Friedenspflicht von vier Wochen für die rund 3,9 Millionen Beschäftigten in gleich mehreren Schlüsselbranchen der deutschen Industrie. In den regional gefassten Flächentarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie sind Maschinenbau, Elektro sowie große Teile der Autoindustrie versammelt.

Schwache Konjunktur, fehlende Aufträge

Die Gewerkschaft fordert sieben Prozent mehr Geld innerhalb eines Jahres, es ist die dritthöchste Forderung der vergangenen 30 Jahre. Die Metallarbeitgeber haben 3,6 Prozent in einem Zeitraum von 27 Monaten angeboten. Die erste Stufe von 1,7 Prozent soll im Juli 2025 greifen. Die Unternehmen verweisen auf schwache Produktionswerte und fehlende Aufträge. Die konjunkturelle Lage sei schlecht, die Unternehmen würden zusätzlich unter zahlreichen Standortnachteilen leiden.

Die Produktion der Unternehmen liege bislang 7,4 Prozent unter dem Vorjahr und 15 Prozentpunkte hinter dem Vorkrisenniveau von 2018. Weder in diesem noch im laufenden Jahr sei eine Trendwende erkennbar, lautet die Einschätzung der Arbeitgeber. Die Betriebe dürften daher nicht weiter belastet werden.

Hohe Inflation, fehlende Kaufkraft

Hauptargument für die Forderung der Gewerkschaft ist die fehlende Kaufkraft der Beschäftigten nach Jahren mit hoher Inflation. Die Erste Vorsitzende Christiane Benner erklärt dazu: "Das magere Angebot der Arbeitgeber verkennt den Ernst der Lage. Unsere 3,9 Millionen Kolleginnen und Kollegen in der Branche brauchen mehr Geld. Mit der zusätzlichen Kaufkraft stärken wir auch die Konjunktur." Außerdem will die Gewerkschaft mehr Beschäftigten die Wahlmöglichkeit zwischen freier Zeit und Bezahlung eröffnen.

Nächtliche Proteste sind unter anderem am VW-Werk in Osnabrück geplant, wo die neue IG-Metall-Tarifvorständin Nadine Boguslawski sprechen wird. Das von der Schließung bedrohte Werk fällt nicht unter den VW-Haustarifvertrag, sondern gehört zum Flächentarif.

Kritik von Gesamtmetall

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall warnte vor unrealistischen Erwartungen bei den Beschäftigten. Es helfe überhaupt nicht, die Erwartungshaltung weiter anzuheizen, sagte Präsident Stefan Wolf dem Portal T-Online. "Die Lage ist, wie sie ist." Da machten Warnstreiks eine Einigung nicht leichter. Für die Beschäftigten bedeute das Angebot nach jetzigem Stand eine Reallohnsicherung und sei daher eine gute Verhandlungsgrundlage.

"Ich habe den Eindruck, die IG Metall hat verstanden, was auf dem Spiel steht", sagte Wolf. "Da sich die wirtschaftliche Lage quasi wöchentlich verschlechtert, dürfte sie auch ein Interesse an einem schnellen Abschluss haben."

Die Auswirkungen der Warnstreiks

Durch die Arbeitsniederlegungen wird zunächst einmal die Produktion der bestreikten Betriebe gestört. Bezahlt wird die Arbeitszeit während eines Warnstreiks nicht. Anders als beispielsweise bei Streiks im Verkehr mit ausgefallenen Zugfahrten oder Flügen kann die Produktion aber später nachgeholt werden.

Ungeachtet der Warnstreiks gehen die Verhandlungen in elf Regionen parallel weiter. Den Anfang der dritten Verhandlungsrunde machen die Tarifgebiete Küste und Niedersachsen bereits am Dienstag. Die übrigen Gebiete folgen bis zum 5. November.

In den Gesprächen wird geschaut, wo eine Annäherung möglich scheint. Wenn sich ein Pilotbezirk herauskristallisiert, wird dort stellvertretend zu Ende verhandelt. Dabei können sich auch die zentralen Einheiten einschalten, also der Dachverband Gesamtmetall in Berlin und der Vorstand der IG Metall in Frankfurt. Wenn es ein Ergebnis gibt, wird dies in den folgenden Tagen auf die anderen Tarifgebiete übertragen.