Arbeiter laufen durch eine Zinkhütte.
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Sorgen mittelständischer Firmen "In diesem Umfeld investiert niemand"

Stand: 19.11.2024 08:58 Uhr

Das Ampel-Aus und die Wahl Donald Trumps in den USA haben zu viel Verunsicherung auch in der deutschen Wirtschaft geführt. Welche Fragen beschäftigen deutsche Mittelständler?

Von Paul Jens, SWR

Die Regierungskrise hat den Mittelständler Wörner südlich von Stuttgart mitten im Abschwung getroffen. Noch bis in den Herbst stand das Unternehmen gut da, die elektronischen und hydraulischen Stopper waren für Fließband-Produktionen in aller Welt gefragt.

Doch dann brachen erst die Aufträge und kurz danach auch die Produktion ein. Aus einem Drei-Schicht-Betrieb wurden zwei Schichten. Seit Anfang des Monats gibt es sogar Kurzarbeit in der Produktion. Teilweise muss ein Drittel der Mitarbeitenden in diesem Bereich zu Hause bleiben.

Verunsicherung in der ganzen Branche

"Es verunsichert einen schon selber, wie es weitergeht und alles", erzählt Markus Schweikert tagesschau.de. Er ist Mitarbeiter bei Wörner Automatisierungstechnik und bisher noch nicht von der Kurzarbeit betroffen gewesen. Aber: "Man weiß ja nicht, wie lang das Ganze geht und wann es einen trifft."

Sein Chef kann noch keine Entwarnung geben. Vielmehr habe das Aus der Ampel-Regierung Verunsicherung in der ganzen Branche gesät. "Alle fragen sich: Wie entwickelt sich denn das Thema Regierungsbildung, was gibt es an weiteren wirtschaftlichen Maßnahmen?", sagt Geschäftsführer Detlev Haas. "In diesem Umfeld investiert niemand. Und wenn unsere Kunden nicht investieren, werden bei uns auch nicht großartig neue Aufträge ankommen." 

"Wir können uns keine Hängepartien leisten"

Damit es wieder aufwärts geht, fordern auch andere Industrieunternehmen möglichst schnell Klarheit und eine Regierung, die sagt, wohin es wirtschaftspolitisch gehen soll. Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), warnt im Gespräch mit tagesschau.de: "Wir können uns keine langen Hängepartien leisten, und je schneller wir Entscheidungen haben, je schneller wir wieder eine handlungsfähige Regierung mit einer sie tragenden Mehrheit im deutschen Parlament haben, desto besser für diesen Standort."

Von der anderen Seite des Atlantik droht noch eine zweite Unsicherheit für die deutschen Unternehmen. Viele machen gute Geschäfte mit Exporten in die USA. Dort wird Donald Trump im Januar als neuer Präsident vereidigt. Und der hat mit seiner "America first"-Politik bereits bei seiner ersten Präsidentschaft Handelskonflikte vom Zaun gebrochen, die auch Deutschland getroffen haben.

Macht Trump seine Drohungen wahr?

Auch in seinem diesjährigen Wahlkampf hatte Trump immer wieder mit Handelszöllen gedroht: bis zu 20 Prozent auf alle Einfuhren aus Europa und aus Deutschland. Zölle würden die deutsche Wirtschaft hart treffen: 2023 erzielte der deutsche Außenhandel mit den USA einen Rekord-Exportüberschuss von 63,3 Milliarden Euro.

Und so sorgen sich die Unternehmen, zum Beispiel der Automobilzulieferer Sensopart. Der Sensorhersteller produziert in Gottenheim bei Freiburg für Autofabriken rund um die Welt. "Wir leben von den Großen, von den BMWs, Mercedes, Volkswagen der Welt", sagt Geschäftsführer Marius Westermann. "Und da macht man sich natürlich Sorgen, wenn man die Nachrichten so liest und hört. Und dann jetzt noch obendrauf die Wahl in Amerika, wo wir als Deutsche auch nicht wissen, was wird der liebe Donald Trump mit uns alles machen. Also, das macht einem schon Sorgen."

Klare Rahmenbedingungen nötig

Auch dem Wörner-Geschäftsführer Detlev Haas. Sein Unternehmen macht auf dem amerikanischen Markt ein Drittel seines Umsatzes. Auch für einen Handelsstreit mit Amerika bräuchte es eine Strategie der Bundesregierung: "In dem Moment, in dem sich Amerika formiert, müssen wir eine gesprächsfähige Regierung haben", erklärt er gegenüber tagesschau.de, "und nicht eine Hängepartie mit irgendwelchen Wahlkampfvorbereitungen und Wahlkampfthemen."

Noch arbeitet Wörner Automatisierungstechnik alte Aufträge aus der deutschen Automobilwirtschaft ab. Viele neue Aufträge kommen aktuell aber nicht mehr rein. In einer solchen Lage sind die Erwartungen hier an die Politik: Ein sicheres Umfeld und klare Rahmenbedingungen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 08. November 2024 um 22:15 Uhr.