Start der Luftfahrtmesse ILA Zeitenwende am Flughafen
Eigentlich ist die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung für Neuheiten bei zivilen Flugzeugen bekannt. Doch die Konflikte der Welt verändern auch die ILA. Die Rüstungsindustrie rückt in den Fokus.
Auf den ersten Blick wirkt er unscheinbar: Kaum hüfthoch, rund fünf Meter lang und dunkelgrau gestrichen parkt ein "Taurus"-Marschflugkörper vor dem Messestand des europäischen Rüstungsherstellers MBDA. Seit Monaten wird über eine mögliche Lieferung dieser hocheffektiven und präzisen Waffengattung an die Ukraine diskutiert. Bei der internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung Berlin (ILA) in Brandenburg können sich Besucherinnen und Besucher in den kommenden Tagen ein eigenes Bild vom "Taurus" machen.
Einzig fünf Buchstaben unterschieden dieses Exemplar von jenen, die für den Kampfeinsatz gerüstet sind: "INERT" ist auf der Seite des rechteckigen Rumpfes aufgedruckt. Das englische Kürzel signalisiert in der Militärsprache, dass eine Munition keine gefährlichen Stoffe enthält. Wer sich auf der Freifläche der ILA umschaut, entdeckt diesen Hinweis auf vielen Ausstellungsstücken.
Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr etwa fahren wenige Meter entfernt die mobile Startrampe eines "Patriot"-Flugabwehrsystems hoch. Nebenan steht ein Hubschrauber der Luftwaffe. Der deutsche Waffenhersteller Diehl präsentiert die neuste Version seiner "IRIS-T"-Lenkraketen. Und der israelische Rüstungskonzern IAI stellt das Raketenabwehrsystem "Arrow-3" vor, das bald auch an die Bundesrepublik geliefert wird.
Mehr Platz für Verteidigung und Waffen
Je nach Blickwinkel kann dieser Teil des Ausstellungsgeländes am Rande des Flughafen Berlin-Brandenburg beeindrucken oder beängstigen. Klar ist: Der Fokus einer der bedeutendsten europäischen Flug-Fachmessen hat sich verschoben. Militärgerät wurden auf der ILA schon immer ausgestellt. Doch erstmals gibt es einen eigenen "Defence Park" als Teil des Gesamtkonzepts. Die Bundeswehr ist größter Einzelaussteller.
Dass die ILA aber zur Waffen-Ausstellung werde, weist Sprecher Patrick Keller vom Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) zurück: "Wir haben nach wie vor eindeutig einen zivilen Schwerpunkt. Gleichzeitig merken wir jedoch auch hier die Zeitenwende." Das gesellschaftliche Klima habe sich geändert, so Keller. Die Akzeptanz von Bundeswehr und Militär sei gestiegen. Kritik an der zunehmenden Präsenz von Rüstungstechnologie auf der Messe gibt es trotzdem, etwa von der Linkspartei in Brandenburg.
Vernetzung von militärischer und ziviler Luftfahrt
Eine Militarisierung der ILA kann dagegen Aletta von Massenbach nicht erkennen. Die CEO der "Flughafen Berlin Brandenburg GmbH" geht vielmehr davon aus, dass sich die unterschiedlichen Segmente der Branche ergänzen: "Die zivile Luftfahrt profitiert von der Forschung im militärischen Bereich genauso wie von der Raumfahrttechnologie." Nur durch dieses Zusammenspiel erreiche man das Ziel, die Zukunft des Fliegens emissionsfrei zu machen.
Damit spricht die Flughafen-Managerin den zweiten wichtigen Teil der diesjährigen Ausstellung an: die nachhaltige Transformation der Luftfahrt. Längst erforschen und testen Wissenschaft, Industrie und Regierungen Möglichkeiten, die schlechte Klimabilanz des Fliegens in den Griff zu kriegen. Rolls-Royce etwa stellt auf der ILA eine kraftstoffsparende Turbine aus. Airbus präsentiert den Prototyp eines elektrisch betriebenen Flugtaxis. Und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt zeigt neuste Forschungsergebnisse zu nachhaltigen Brennstoffen. Gleichzeitig sind alle drei Aussteller auch im militärischen Segment tätig.
Zeichen der Erholung in der Branche
Wirtschaftlich stehen die Zeichen in der Branche nach dem Schock der Corona-Zeit wieder auf Erholung. Die vom BDLI kürzlich veröffentlichten Zahlen zeigen: Im vergangenen Jahr erreichte die Luft- und Raumfahrtindustrie erstmals die Werte von vor der Pandemie. So lag der Gesamtumsatz im Jahr 2023 lag bei 46 Milliarden Euro. Laut Branchenverband ist ein großer Teil davon dem Bundeswehr-Sondervermögen zu verdanken. Aber auch die zivile Luftfahrt wächst wieder.
Eine weitere Nachricht vor einigen Wochen dürfte alle Beteiligten erfreut haben: Die Länder Berlin und Brandenburg haben sich mit Flughafengesellschaft, Messebetreiber und BDLI darauf geeinigt, die ILA bis mindestens 2030 weiter in Schönefeld durchzuführen. Die Ticket-Nachfrage in diesem Jahr jedenfalls war enorm. Karten für Privatbesucher waren schon vor Beginn der Messe ausverkauft.