Fiat-Erben Agnelli-Holding Exor steigt bei Philips ein
Die Fiat-Familie Agnelli steigt bei Philips ein. Für fast drei Milliarden Euro erwirbt die Holding der Familie Anteile an Philips, während sich die Agnellis um das Erbe des Fiat-Patriarchen streiten.
Der niederländische Philips-Konzern hat sich den Einstieg eines neuen Großinvestors gesichert. Über ihre Investmentgesellschaft Exor übernimmt die Fiat-Gründerfamilie Agnelli einen Anteil von 15 Prozent an dem Traditionsunternehmen. Wie beide Seiten heute bekannt gaben, hat der Deal einen Wert von rund 2,6 Milliarden Euro.
Neun Prozent Plus beim Konzernumsatz
"Die erhebliche Investition von Exor unterstreicht das Vertrauen des Unternehmens in die Umwandlung von Philips zu einem Gesundheitstechnologieunternehmen und dessen Wachstums- und Wertpotenzial", erklärte Philips-Chef Feike Sijbesma. Philips, ursprünglich ein Industriekonzern, der in seinen Anfängen Glühlampen herstellte, will verstärkt in die Bereiche Personal Health und Health Systems investieren.
Dafür investierte Philips bereits 2021 fast zwei Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung - Investitionen, die sich allmählich auszahlen. Der Bereich Personal Health konnte im zweiten Quartal des laufenden Jahres einen Zuwachs von drei Prozent verbuchen, der Konzernumsatz stieg um neun Prozent auf 4,5 Milliarden Euro. Seit Jahresbeginn sind die Aktien um 35 Prozent gestiegen. Am Vormittag legten sie um rund vier Prozent auf 19,22 Euro zu.
Exor soll langfristiger Investor werden
Die Familie Agnelli setzt über ihre Investmentgesellschaft bereits seit Längerem einen Fokus auf Investitionen im Gesundheitsbereich. Agnelli-Familienerbe John Elkann sagte, Philips' Fokus auf das Gesundheitswesen sowie auf Technologie liege im Einklang mit dem Engagement von Exor. Die Holding sehe sich bei Philips als langfristiger Investor und könne ihre Beteiligung auf maximal 20 Prozent ausbauen. Zudem bekomme Exor einen Sitz im Aufsichtsrat. Die Anteile habe die Investmentgesellschaft auf dem freien Markt erworben.
John Elkann, ein Ururenkel von Giovanni Agnelli senior, der zu den Gründungsmitgliedern des italienischen Autokonzerns Fiat gehörte, wurde von seinem Großvater als Nachfolger aufgebaut. 1899 wurde Fiat in Turin gegründet, und noch immer sitzt mit John Elkann ein Familienmitglied im Aufsichtsrat des traditionsreichen Autokonzerns. Neben seinem Posten im Aufsichtsrat von Fiat ist John Elkann auch Chef von Exor.
Anteile an Ferrari, Juventus Turin und "The Economist"
Zwar konzentrierten sich die Geschäfte der Investmentgesellschaft aus historischen Gründen lange Zeit ebenfalls auf den Automobilsektor, das hat sich aber längst gewandelt. Exor ist unter anderem an Konzernen wie Stellantis, Ferrari und Iveco beteiligt. Auch am Fußballclub Juventus Turin und am britischen Wirtschaftsmagazin "The Economist" hat die Familie über die Investmentgesellschaft Anteile. Die Agnelli-Familie kontrolliert die Holding über ihren Anteil von 53 Prozent.
Exor hatte bereits im April angekündigt, dass rund 6,5 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung stehen und wollte sich auf die Bereiche Gesundheitswesen, Luxus und Technologie konzentrieren. Zu den jüngsten Investitionen gehören Beteiligungen an der Gesundheitsgruppe Institut Merieux und dem Krankenhausmanager Lifenet.
Erbstreit erschüttert Familie
Zuletzt allerdings war die milliardenschwere Agnelli-Familie vor allem wegen eines andauernden Erbschaftsstreits in die Schlagzeilen geraten. Gianni Agnellis einzige noch lebende Tochter, Margherita Agnelli, klagt in Turin gegen ihre eigenen drei Kinder aus erster Ehe. Sie wirft ihnen vor, sie bei der Aufteilung des Erbes von Gianni Agnelli, dem Enkel des Fiat Gründers und Vater von Margherita Agnelli, betrogen zu haben. Nun will sie für ihre fünf Kinder aus zweiter Ehe einen gerechten Erbteil am Familienvermögen erstreiten.
Nach Informationen der Wochenzeitung "Die Zeit" geht es bei dem Streit der Mutter und ihrer Kinder um 4,6 Milliarden Euro. Der Gerichtsprozess in Turin dauert bereits seit drei Jahren an, zudem laufen derzeit zwei weitere Gerichtsverhandlungen in der Schweiz, die den Erbstreit betreffen.
Sollte das Gericht in Turin zugunsten der Mutter entscheiden, könnte Margherita Agnelli Anspruch auf die Hälfte des Nachlasses erheben - und das dürfte nicht ohne Auswirkungen auf den Autokonzern und die Holding vonstatten gehen. Anfang Juni hatte das Turiner Gericht die Anhörungen allerdings zunächst ausgesetzt.