Hamburger Biotech-Konzern Evotec Pocken- und Pestforschung für das Pentagon
Der Hamburger Biotech-Konzern Evotec soll für das Pentagon Prototypen für ein Medikament gegen Pockenviren entwickeln. Es ist nicht der erste Auftrag des US-Verteidigungsministeriums: Der letzte drehte sich um die Pest.
Der Hamburger Wirkstoffforscher Evotec hat über seine US-Tochter Just Evotec Biologics einen weiteren lukrativen Auftrag des US-Verteidigungsministeriums an Land gezogen. Dabei geht es um die die schnelle Entwicklung von Arzneimittel-Prototypen gegen Orthopoxviren.
Zu den Orthopoxviren gehören unter anderen das Affenpocken- und das Kuhpockenvirus. Für einige dieser Viren gibt es zwar Impfstoffe, allerdings keine zugelassene Antikörperbehandlung für Infektionen, die durch diese Viren verursacht werden. Der Auftrag hat einen Wert von bis zu 74 Millionen Dollar (68 Millionen Euro). Zum Vergleich: Das entspricht rund neun Prozent des konzernweiten Umsatzes im gesamten vergangenen Jahr (751,4 Millionen Euro).
Für das Hamburger Biotechunternehmen ist es bereits der zweite Auftrag aus dem US-Verteidigungsministerium binnen weniger Monate. Erst im September vergangenen Jahres hatte Evotec einen Auftrag im Volumen von 49,9 Millionen Euro im Rahmen des beschleunigten Antikörperprogramms für die Entwicklung von Arzneimittel-Prototypen gegen die Pest erhalten.
Evotec punktet mit eigener Technologieplattform
Bei beiden Aufträgen sollen die Arzneimittel-Protoypen auf sogenannten monoklonalen Antikörpern basieren. Dabei handelt es sich meist um gentechnisch modifizierte Antikörper, die es ermöglichen, zielgerichtet bestimmte Strukturen im Körper zu erreichen. Sie können dabei selbst als Wirkstoff fungieren - oder als Vehikel für einen Wirkstoff.
Evotec betreibt seit Jahren eine eigene Antikörper-Forschung und besitzt dazu eine datengetriebene, hochautomatisierte Technologieplattform, bei der auch künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zum Einsatz kommen. Ziel ist es, Biologika - also biotechnologisch hergestellte Arzneimittel - möglichst flexibel und effizient zu entwickeln.
Geld von Bill Gates für die Covid-Forschung
Das Hamburger Unternehmen ist in den USA längst kein Unbekannter mehr. So war das Pentagon bereits im Zuge der Corona-Pandemie auf Evotec aufmerksam geworden, 18,2 Millionen Dollar flossen 2020 nach Hamburg. Evotec sollte damit monoklonale Antikörper zur Behandlung und Prävention von Covid-19 entwickeln und herstellen. Auch von der Stiftung des Microsoft-Gründers Bill Gates bekam das MDAX-Unternehmen dafür eine Geldspritze, über deren Höhe allerdings keine Angabe gemacht wurde.
Die Hamburger arbeiten bereits seit Jahren mit den Großen der Pharmabranche wie Pfizer, Lilly und Bristol Myers Squibb zusammen. Erst vor wenigen Tagen hatte Evotec eine Meilensteinzahlung für den Start einer Phase-I-Studie eines Bayer-Programms im Bereich Nierenerkrankungen erhalten. Im Mai gaben Evotec und die Tochter Sandoz des Schweizer Pharmakonzerns Novartis zudem den Start eine Partnerschaft zur Entwicklung und anschließenden Herstellung mehrerer biopharmazeutisch hergestellter Nachahmermedikamente bekannt, sogenannter Biosimilars.
US-Anlage zunehmend ausgelastet
Die Produktion soll in den kommenden zwölf bis 18 Monaten in der neu gebauten Produktionsanlage (Jpod) von Evotecs US-Tochter anlaufen. Dort sollen übrigens auch die Arzneimittel-Prototypen gegen Pest und Pockenviren hergestellt werden.
Für Evotec ist die zunehmende Auslastung der noch jungen Anlage ein Erfolg, hatte doch Konzernchef Werner Lanthaler damit geworben, dass dort Biologika äußerst schnell und kostengünstig produziert werden können. Hatte es anfangs noch mit Auslastung gehapert, aber kommt nun die Kundengewinnung langsam in Gang. An der Börse kommt das gut an, die Evotec-Aktie gewinnt rund drei Prozent und ist damit der größte Gewinner im Nebenwerteindex MDAX.
Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.