Fieberthermometer, Medikamente und Teetasse stehen auf einem Nachttisch.

IW-Studie Lohnfortzahlung kostet Arbeitgeber Rekordsumme

Stand: 13.09.2024 09:25 Uhr

Arbeitgeber in Deutschland haben 2023 für die Lohnfortzahlung erkrankter Beschäftigter mit 76,7 Milliarden Euro so viel wie noch nie ausgegeben. Finanzminister Lindner will die telefonische Krankschreibung wieder abschaffen.

Für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall haben deutsche Arbeitgeber im vergangenen Jahr eine Rekordsumme ausgegeben. Insgesamt seien 76,6 Milliarden Euro aufgewendet worden, zitiert die Rheinische Post aus einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Damit hätten sich die Kosten binnen 14 Jahren verdoppelt. 

Das Institut beruft sich auf Daten des Bundesarbeitsministeriums und der Betriebskrankenkassen sowie auf eigene Schätzungen. Der hohe Beschäftigungsstand, starke Lohnerhöhungen, aber auch der unverändert hohe Krankenstand lassen demnach für das laufende Jahr keine Umkehr der Entwicklung erwarten. 

Gehalt wird bis zu sechs Wochen weitergezahlt

Sofern erkrankte Beschäftigte innerhalb von drei Tagen ein ärztliches Attest vorlegen, wird das Gehalt für bis zu sechs Wochen vom Arbeitgeber weitergezahlt. Die Bescheinigung kann bei Atemwegserkrankungen auch nach telefonischem Kontakt durch den Arzt ausgestellt werden. Dauert die Genesung länger als sechs Wochen, zahlen die Krankenkassen ein Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des regelmäßigen Bruttoentgelts.

Hoher Krankenstand

Dem Studienautor Jochen Pimpertz zufolge erklären der hohe Beschäftigungsstand und deutlich gestiegene Löhne und Gehälter den Kostenanstieg nur zum Teil. Auch die Zahl der Krankentage sei deutlich gestiegen. "Verzeichnete der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) im Jahr 2010 noch durchschnittlich 13,2 Kalendertage, an denen ihre beschäftigten Mitglieder ein ärztliches Attest vorlegten, so waren es im Jahr 2022 bereits 22,6 Tage", schreibt Pimpertz. 

Die Daten einer monatlichen Stichprobe der teilnehmenden Betriebskrankenkassen legten nahe, dass der Krankenstand im Jahr 2023 kaum gesunken sei. Das Institut plädiert deshalb dafür, die Möglichkeiten der Krankschreibung ohne direkten persönlichen Kontakt mit einem Arzt wieder mehr einzuschränken.

Lindner will telefonische Krankschreibung abschaffen

Auch FDP-Chef Christian Lindner spricht sich für die Abschaffung der telefonischen Krankschreibung aus. "Man wird für die Krankmeldung zukünftig wieder zum Arzt gehen müssen und das nicht einfach nur telefonisch erledigen können", sagte der Bundesfinanzminister gestern auf einer Veranstaltung in Berlin. Er wolle niemandem vorwerfen, die Regelung auszunutzen. Es gebe aber leider "eine Korrelation zwischen dem jährlichen Krankenstand in Deutschland und der Einführung der Maßnahme, die als guter Bürokratieabbau gedacht war".

Die Möglichkeit, sich am Telefon krankschreiben zu lassen, war während der Corona-Pandemie eingeführt worden. Im Dezember 2023 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken eine dauerhafte Regelung. Patientinnen und Patienten können sich demnach dann telefonisch krankschreiben lassen, wenn sie in der Praxis bekannt sind und keine schweren Krankheitssymptome haben. Im Zuge ihrer Wachstumsinitiative für die Wirtschaft hat die Bundesregierung wegen des erhöhten Krankenstands eine Überprüfung der Maßnahme vereinbart.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. September 2024 um 09:02 Uhr.