
Energiekonzern RWE Bilanz - mit Trump im "Raum"
Mehr als 6.300 Kilometer liegen zwischen der RWE-Firmenzentrale in Essen und dem Weißen Haus in Washington. Und doch war Donald Trump bei der Bilanzvorstellung gewissermaßen mit im Raum.
Dass der Essener Energiemulti RWE seine Investitionen drastisch kürzt und weniger ausgibt für Wind-, Solar- und Batterie-Projekte, liegt auch am neuen US-Präsidenten. "Wir planen aktuell für die Jahre 2025 bis 2030 Nettoinvestitionen in Höhe von insgesamt 35 Milliarden Euro. Das sind zehn Milliarden Euro weniger, als wir bisher für diesen Zeitraum veranschlagt hatten", heißt es von RWE-Chef Markus Krebber.
Trump gegen Windparks
Allein mehr als eine Milliarde Dollar wollte RWE eigentlich für einen Windpark vor der Küste New Yorks ausgeben: ein Riesenprojekt. Doch es wurde abgesagt. Trump hat Windparks vor Amerikas Küsten per Dekret verboten.
Und weitere Grünstrom-Projekte stehen jetzt logischerweise auch auf dem Prüfstand. "Um weitere Investitionsentscheidungen zu treffen, brauchen wir Klarheit über die Zollpolitik", ergänzt Krebber. Bedeutet: ob etwa benötigte Teile für Windkraftanlagen oder Solarparks noch ohne Zusatzabgabe ins Land geliefert werden können.
Die Verwandlung von RWE
Sechs Jahre ist es her, da hat RWE beschlossen, sich vom traditionellen Kohle- und Atomkonzern grundlegend zum Grünstromanbieter zu wandeln. 41 Prozent seines Stroms erzeugt RWE inzwischen mit Erneuerbaren.
Für den Umbau hat der Essener Energiemulti über die Jahre viele Milliarden Euro investiert. Und viel davon wurde in den USA ausgegeben: Dort ist Deutschlands größter Stromerzeuger inzwischen viertgrößter Ökostromlieferant, bei Solar sogar die Nummer Zwei. Ein wichtiger Wachstumsmarkt. Bislang jedenfalls.
Unsicherheit prägt die Geschäfte
Unsicherheit war das Wort, das RWE-Chef Krebber bei der Bilanzvorstellung besonders häufig über die Lippen kam: "Wenn die Unsicherheit steigt und die Gefahr besteht, dass selbst Formalien angehalten werden auf der Genehemigungsseite, oder dass es sein kann, dass innerhalb der Lieferzeit Zölle erhoben werden und keine Einigung darüber besteht, ob Exporteur oder Importeuer die trägt, dann haben sie Unsicherheit."
Und genau deshalb müsse der Energiemulti künftig sehr viel vorsichtiger agieren und will entsprechend in den kommenden fünf Jahren zehn Milliarden Euro weniger investieren.
RWE will weniger investieren
Doch die neue US-Energiepolitik ist nicht der einzige Grund. Weiter hohe Inflation und steigende Zinsen, Engpässe in den Lieferketten, geopolitische Spannungen und mögliche Anpassungen in der energiepolitischen Ausrichtung in unseren Kernmärkten - das sind Risikofaktoren, die bei Entscheidungen für Neuinvestitionen zu berücksichtigen sind, meint Krebber.
Milliardenschwere Investitionen in neue Wind- und Solarparks, Energiespeicher, Elektrolyseure oder Kraftwerke seien auf Jahrzehnte ausgelegt und bräuchten daher einen stabilen und verlässlichen Rahmen. Deshalb sei es umso wichtiger, dass RWE angesichts größerer Unsicherheiten vorsichtiger agiere.
Was mit eingespartem Geld passieren soll
Das eingesparte Geld statt in den USA zusätzlich in Deutschland auszugeben, diese Möglichkeit sieht RWE so ohne weiteres nicht. Auch hierzulande seien wichtige energiepolitische Fragen offen, heißt es. Etwa ob und wann neue Gaskraftwerke gebaut werden, die einspringen sollen in Zeiten ohne Wind- und Sonnenstrom.
Stattdessen soll ein Teil der eingesparten Milliardenausgaben für ein Aktienrückkaufprogramm verwendet werden. Einfallslos, sagen Kritiker. Gut, sagen Befürworter - denn damit verteilt sich die Dividende, also die Gewinnausschüttung, auf weniger Empfänger.
Dividende für Aktionäre
RWE schüttet in diesem Jahr mehr als 800 Millionen Euro aus. "Dank unserer starken Erträge sind wir in der Lage, attraktive Dividenden auszuschütten und sie kontinuierlich anzuheben", sagt Finanzvorstand Michael Müller. "Bis 2030 soll die Dividende jährlich um fünf bis zehn Prozent steigen."
Und das, obwohl der Netto-Gewinn im vergangenen Jahr um mehr als 40 Prozent eingebrochen ist: Unter dem Stich blieben rund 2,3 Milliarden Euro in den Kassen der Essener. Beunruhigt hat das den Finanzchef aber nicht, denn im Vorjahr hatte RWE auch von den extrem hohen Preisen während der Energiekrise profitiert.
Die Aussicht auf steigende Dividenden - trotz Problemen in den USA - dürfte auch rund 80 Städte und Kreise, vor allem in NRW, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, freuen. Sie sind an RWE als Aktionäre beteiligt, meist aus historischen Gründen. Dazu wissen sie nun: Auch wenn die Aussichten unsicher sind, der Zuschuss für ihre kommunalen Haushalte wird künftig dennoch höher ausfallen.