Blick in einen Reinraum für die Produktion von Knopfzellen in der Lithium-Ionen-Fabrik von Varta

Sanierungsplan vereinbart Porsche will Varta retten

Stand: 19.08.2024 10:37 Uhr

Der Batteriekonzern Varta hat sich mit Gläubigern und Investoren auf ein Sanierungskonzept geeinigt. Geplant ist ein Schuldenschnitt und der Abschied von der Börse. Der Sportwagenbauer Porsche steigt ein, die Aktionäre fliegen raus.

Der angeschlagene Batteriehersteller Varta soll mit einem Sanierungsplan eine neue Chance erhalten. Das Konzept sieht nach langwierigen Verhandlungen vor, dass Varta entschuldet und mit frischem Kapital versorgt werden soll. Der Sportwagenbauer Porsche will mit 30 Millionen Euro einsteigen und damit zur Rettung beitragen. Gleichzeitig verzichten die Banken auf 285 Millionen Euro, so dass die Verbindlichkeiten auf zunächst 200 Millionen Euro sinken, teilte der Konzern mit. Die Altaktionäre sollen aus dem Konzern verdrängt werden.

All das müsse nun dokumentiert und beim Gericht eingereicht werden, sagte ein Varta-Sprecher. Zuvor müssen die Gremien der beteiligten Parteien zustimmen und das Bundeskartellamt grünes Licht geben. Der Prozess könnte sich über Wochen und Monate ziehen, sagte der Sprecher.

Finanzierung sicher bis 2027

Läuft alles wie geplant, soll das Sanierungskonzept den Angaben zufolge die Finanzierung der Varta AG bis zum Ende des Jahres 2027 sicherstellen. Das Unternehmen aus dem schwäbischen Ellwangen sprach von einem "bedeutenden Meilenstein". Das Konzept werde den Konzern "wesentlich entschulden und mit frischer Liquidität ausstatten".

Varta benötigt nach eigenen Angaben eine Restrukturierung, weil das Unternehmen in der Vergangenheit "offensiv in chancenreiche Geschäftsmodelle investiert und hierfür auch Fremdkapital aufgenommen" habe. Die Entwicklung der Geschäftsbereiche sei jedoch teils deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Deshalb hätten die Erträge nicht ausgereicht, um ein nachhaltig positives Betriebsergebnis zu erreichen, das der Schuldenlast und den finanziellen Mitteln angemessen sei.

Aktionäre scheiden aus

Dem Sanierungsplan zufolge werden Großaktionär Michael Tojner über die von ihm kontrollierte Gesellschaft MT InvestCo und der Sportwagenhersteller Porsche neue Varta-Eigentümer. Zusammen werden sie eine Kapitalspritze von 60 Millionen Euro geben. Von den Gläubigern kommen weitere 60 Millionen als vorrangig besicherte Darlehen. Später könnte noch ein dritter Gesellschafter an Bord kommen. "Wir sind in fortgeschrittenen Gesprächen mit weiteren Investoren, die bei uns gerne einsteigen würden", hatte Varta-Chef Michael Ostermann der Nachrichtenagentur Reuters gesagt.

Ferner soll das Grundkapital der Varta AG auf null Euro herabgesetzt werden. Der Effekt ist, dass die derzeitigen Aktionäre kompensationslos ausscheiden. Der Konzern verliert dann seine Börsennotierung.

Nach Abschluss aller Kapitalmaßnahmen sollen MT InvestCo und Porsche je 32 Prozent von Varta halten, die übrigen Finanzierer zusammen 36 Prozent. Rechtlich würden die Beteiligungen an der Varta AG laut Mitteilung zunächst von MT InvestCo und Porsche zu je 50 Prozent gehalten, "wobei bei der Ausgestaltung darauf geachtet würde, dass weder MT InvestCo noch Porsche noch beide gemeinsam die Kontrolle hätten".

Porsche interessiert an Lithium-Ionen-Rundzellen

Die Porsche AG teilte zudem mit, Vartas Autobatterie-Tochtergesellschaft V4Drive Battery mehrheitlich übernehmen zu wollen. In der Firma V4Drive Battery bündelt Varta das Geschäft für großformatige Lithium-Ionen-Rundzellen, die im Hybrid-Antrieb des Porsche 911 Carrera GTS eingesetzt werden.

Der Autobauer baut dazu ein zweites Werk für die "Booster-Zellen" im bayerischen Nördlingen fertig und stellt es dem gemeinsamen Unternehmen zur Verfügung. Porsche wolle so "einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von Schlüsseltechnologien am Standort Deutschland leisten", sagte Finanzvorstand Lutz Meschke.

Moderater Stellenabbau geplant

Die Einigung konkretisiert, was Varta vor knapp einem Monat angekündigt hatte. Damals teilte der Konzern mit, beim Amtsgericht Stuttgart ein Restrukturierungsvorhaben nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) anzuzeigen.

Das StaRUG trat am 1. Januar 2021 in Kraft. Es soll Unternehmen eine Sanierung noch im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens ermöglichen, um es zu vermeiden.

Einem Unternehmenssprecher zufolge wird es voraussichtlich einen moderaten Stellenabbau in der Verwaltung geben. Hingegen würden im gewerblichen Bereich Arbeitskräfte gesucht. Was das am Ende für die Zahl der Mitarbeitenden bedeute, sei noch nicht abzusehen. Schon im Frühjahr 2023 hatte Varta infolge eines Sparprogramms angekündigt, weltweit rund 800 Stellen zu streichen, etwa 390 davon in Deutschland.

Varta war 2017 für 17,50 Euro je Aktie an die Börse gebracht worden und war lange Zeit gefragt. Anfang 2021 war der Kurs, auch wegen des boomenden Geschäfts mit kleinen Akkus etwa für kabellose Kopfhöhrer, bis auf 181,30 Euro gestiegen. Heute ist die Aktie nur noch einen Bruchteil wert. Der Restrukturierungsdeal schickte sie in den freien Fall. Die Papiere brachen zeitweise um mehr als 80 Prozent ein auf ein Rekordtief von 0,76 Euro. Danach pendelten sie sich bei einem Minus von rund 50 Prozent auf 1,80 Euro ein.