Gegen EU-Urheberrechtsreform 4,7 Millionen Unterschriften gegen Upload-Filter
Das europäische Urheberrecht ist seit Langem umstritten. Viele Netzaktivisten und YouTuber lehnen den jüngsten Kompromissvorschlag ab. Sie protestieren im Justizministerium und kündigen Demonstrationen an.
Netzaktivisten der Kampagne zur "Rettung des Internets" haben Justizministerin Katarina Barley (SPD) eine Petition zum EU-Urheberrecht überreicht. Die Mit-Initiatoren der Kampagne "Stoppt die Zensurmaschine - Rettet das Internet" Dominic Kis und Pascal Fouquet übergaben Barley einen USB-Stick mit den Angaben zufolge mehr als 4,7 Millionen Unterschriften, darunter rund 1,3 Millionen aus Deutschland.
Die Unterschriftensammlung, die auch von mehreren bekannten YouTubern wie LeFloid unterstützt wird, war im Juni 2018 gestartet worden. Die Aktivisten protestieren unter anderem gegen sogenannte Upload-Filter. Mit solcher Software können Plattformen wie YouTube bereits beim Hochladen überprüfen, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind.
Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) und die Aktivisten Pascal Fouquet und Dominic Kis bei der Übergabe der Unterschriften.
EU-Urheberrechtsreform seit 2016 in der Kritik
Am Mittwoch hatten Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments einen in der Verlagsbranche ausdrücklich begrüßten Kompromiss bei der Reform ausgehandelt, die bereits seit 2016 für Diskussionen sorgt.
Zwei Neuerungen in den Paragrafen 11 und 13 sind besonders umstritten: So sollen Suchmaschinen für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten etwa auf den Google-News-Seiten künftig Geld an die Verlage zahlen. Und Plattformen wie YouTube müssen alles ihnen Mögliche tun, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern. Diese Vorgabe laufe auf einen breiten Einsatz von Upload-Filtern hinaus, argumentieren Kritiker.
Urheberrechtsverletzung oder Parodie?
Dominic Kis erklärte, solche Filter könnten nicht verlässlich unterscheiden, ob es sich um eine tatsächliche Urheberrechtsverletzung oder zum Beispiel um einen satirischen Beitrag oder eine Parodie handele. Entsprechend fordert die Kampagne: "Stoppt Artikel 11 und 13!"
Zuvor hatte auch die Bundesregierung Upload-Filter ausdrücklich abgelehnt. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD hieß es noch, diese seien "unverhältnismäßig". Kis warnte, die aktuellen Pläne für das europäische Urheberrecht bedeuteten eine erhebliche Einschränkung des Internets.
Nachteile für kleinere Internet-Unternehmen
Nach Einschätzung von Rechtsexperten könnte durch die Filter zudem eine stärkere Abhängigkeit von großen US-Konzernen entstehen. Nur technisch und finanziell gut aufgestellte Unternehmen könnten es sich leisten, solche Filter selbst zu programmieren. Kleinere Firmen müssten die Filter von den großen Anbietern kaufen.
Barley sagte, die Herausforderung sei, die Interessen der Kreativen und der großen Plattformen übereinzubringen. "Sie werden vielleicht mitbekommen haben, dass ich mich dafür eingesetzt habe, dass wir den Artikel 13 nicht so lassen, wie er ursprünglich war. Wir haben jetzt eine Fassung mit einer Klausel für kleinere und mittlere Unternehmen, was schon mal ein großer Fortschritt ist." Ausgenommen von Artikel 13 sollen nun Firmen sein, die jünger als drei Jahre sind, einen Jahresumsatz von weniger als zehn Millionen Euro und weniger als fünf Millionen Nutzer monatlich haben.
Endgültige Entscheidung über Kompromiss steht noch aus
Wenn Sie mich nach meiner persönlichen Auffassung fragen, ist auch das noch nicht der optimale Zustand", sagte Barley. Eine Änderung etwa von Artikel 13 sei aber nicht ihre alleinige Entscheidung, sondern eine, die die Bundesregierung treffen müsse.
Der Kompromissvorschlag, auf den sich die Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments geeinigt haben, muss formal noch vom Rat der EU-Länder und vom Europaparlament gebilligt werden. Die Initiatoren der "Rettet das Internet"-Kampagne haben ihre Unterstützer zu europaweiten Demonstrationen dagegen aufgerufen.