Mögliche Obergrenze Warum ein Bargeld-Limit umstritten ist
Wer mit Bargeld zahlt, bleibt anonym - was auch Kriminelle ausnutzen. Innenministerin Faeser will das mit einer Obergrenze für Zahlungen verhindern. Was würde das für Verbraucher bedeuten?
Von Aylin Dülger tagesschau.de
Bargeld ist in Deutschland weiterhin sehr beliebt. Doch auch viele Kriminelle nutzen es - zur Geldwäsche. Sie kaufen mit Einnahmen aus illegalen Geschäften beispielsweise Schmuck, Kunst oder Antiquitäten, verkaufen diese dann später wieder. Damit sieht alles legal aus, denn Bargeld-Transaktionen hinterlassen kaum Spuren. Eine Obergrenze für Barzahlungen könnte dazu beitragen, dass Geld aus kriminellen Geschäften nicht mehr so leicht in die legale Wirtschaft gelangt.
"Wir sehen nur ein Prozent des gewaschenen Geldes"
Die EU-Kommission hat bereits im vergangenen Jahr im Rahmen eines umfassenden Maßnahmenpakets für eine wirksamere Geldwäschebekämpfung eine europaweite Bargeldobergrenze vorgeschlagen. Kürzlich sprach sich auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für die Einführung eines Limits von 10.000 Euro aus. "Das ändert im Alltag praktisch aller Menschen in Deutschland gar nichts", so Faeser.
Schätzungen gehen von bis zu 100 Milliarden Euro aus, die jährlich "gewaschen" werden. "Davon sehen wir bislang immer nur weniger als ein Prozent", so Dirk Peglow, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). In Sachen Bargeldkontrolle habe Deutschland erheblichen Nachholbedarf.
Andere EU-Staaten haben bereits Limits
"Durch die Beschränkung des anonymen Zahlungsmittels Bargeld könnten getätigte Transaktionen leichter nachvollzogen und Zusammenhänge zu Straftaten besser erkannt werden", so eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums (BMI). Für die polizeilichen Ermittlungen im Bereich Geldwäsche und Organisierte Kriminalität sei dies ein hilfreicher Schritt, um neue Ermittlungsansätze zu schaffen.
In mehreren EU-Ländern gibt es bereits Limits für Barzahlungen. So können die Griechen etwa nur bis 500 Euro bar bezahlen, höhere Summen müssen per Überweisung, Bankkarte oder Scheck bezahlt werden. In Länder wie Deutschland, Österreich, Irland, Finnland, Schweden und Ungarn ist dies bislang nicht geregelt.
Wenn Verdachtsmeldungen ausbleiben
Eine Bargeldobergrenze fordert auch die Deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG), die die Interessen von Beschäftigten der Steuerverwaltungen vertritt. "Sehr häufig geben Fachgeschäfte mit viel Bargeldumlauf keine Geldwäsche-Verdachtsmeldung ab", der Bundesvorsitzende Florian Köbler im Gespräch mit tagesschau.de.
Zuständig für ungewöhnliche oder verdächtige Finanztransaktionen, die mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung in Zusammenhang stehen könnten, ist in Deutschland die Financial Intelligence Unit (FIU). "Die FIU kann ihrem gesetzlichen Auftrag wegen der schlechten Personalausstattung nicht gerecht werden", kritisiert Köbler. Auch ein Prüfbericht des Bundesrechnungshofes zeigte: Verdachtsmeldungen der FIU kamen bei den Strafverfolgungsbehörden oft verspätet an oder waren unzureichend.
"Obergrenze wäre eine Beschränkung"
Aber wäre ein Limit tatsächlich ohne Folgen im Alltag? "Aus Verbrauchersicht würde eine solche Bargeldobergrenze eine Beschränkung bedeuten", so ein Sprecher der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) gegenüber tagesschau.de.
So könne der Gebrauchtwagenkauf aufwendiger werden. "Ich tausche Bargeld gegen ein Auto" - das sei einfach und funktioniere ohne eine Auskunft über die Zahlungsfähigkeit oder die Sorge, dass eine elektronische Zahlung platzt. Elektronisches Bezahlen sei gerade bei solchen Privatgeschäften komplizierter. Als Verkäufer müsse man fürchten, das Auto aus der Hand zu geben, ohne dafür jemals Geld zu erhalten - und als Käufer, dass man viel Geld an einen möglichen Betrüger überweise.
Hohe Bargeld-Summen als Risiko?
"Ich hätte eher Angst, dass mir als Verkäufer Falschgeld angedreht wird", sagt dazu Florian Köbler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft. Auch sei fraglich, wie viele Menschen mit Beträgen von mehr als 10.000 Euro in der Tasche herumlaufen wollten. "Ich hätte zu viel Sorge vor einem Überfall."
Verbraucherschützer sehen eine Bargeldobergrenze auch aus einem anderen Grund kritisch: Sie könnte dazu beitragen, das Bargeld zugunsten digitaler Zahlungsinstrumente zurückzudrängen. Deswegen sei eine kluge Umsetzung nötig, so der DSTG-Vorsitzende Köbler. Niemand dürfe vom Finanzsystem ausgeschlossen werden.