Konzentration im Einzelhandel Markt für Bio-Lebensmittel hart umkämpft
Bio-Lebensmittel sind beliebt - und das Geschäft wächst beständig. Trotzdem kämpfen so manche kleinere Bio-Märkte ums Überleben. Vor allem zwei große Unternehmen beherrschen den Markt.
Es werden wieder mehr Bio-Lebensmittel verkauft. Im Corona-Lockdown war der Bio-Umsatz auf Rekordniveau gestiegen. Danach blieb er bis zu einer Delle durch rasant gestiegene Preise recht stabil. Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) berichtet auf Anfrage von tagesschau.de von solidem Wachstum: 2023 um 5 Prozent, gefolgt von monatlichen Raten zwischen 2,1 und 6 Prozent im laufenden Jahr.
Durch mangelhafte Organisation und Managementfehler sind trotzdem mehrere Biohandelsketten in Nöte geraten. Die Branchenführer Biomarkt ("Denns") und Alnatura setzen sich immer deutlicher ab. Die Zeiten kleiner Bioläden, in denen Inhaber oder alternative Kollektive manchmal auch schrumpeliges Obst und Gemüse zu hohen Preisen feilboten, sind offenbar vorbei.
Bio auch im Discounter
Der erste Alnatura-Laden wurde vor fast 40 Jahren eröffnet, Konkurrent "Denns" wurde vor mehr als 20 Jahren vom oberfränkischen Biogroßhändler Dennree gegründet. Mit steigendem Interesse kaufkräftiger Kunden und Kundinnen an Bioware ergänzten Rewe, Edeka und Co. ihr Sortiment. Mittlerweile handeln auch Aldi und Lidl erfolgreich mit ökologisch einwandfreien Lebensmitteln. Nach Angaben des BNN werden 80 Prozent der Umsätze mit Bio-Lebensmitteln von normalen Handelsketten eingefahren.
Nach dem Sterben der kleinen Bioläden um die Jahrtausendwende sind in den vergangenen Jahren kleine und mittlere Ketten in eine schwierige Lage geraten: Die Leipziger Biomare GmbH etwa und die Münsteraner Superbiomarkt AG durchliefen vor zwei Jahren Insolvenzverfahren zur Sanierung. Die Münchner Basic AG wurde vergangenes Jahr insolvent und ist vom Markt verschwunden.
Die Berliner Bio Company SE ist mit gut 200 Millionen Euro Umsatz mit Abstand die größte der mittelgroßen Ketten. Vor zwei Jahren machte Bio Company fast fünf Millionen Euro Verlust; für 2023 berichtet sie auf Anfrage von tagesschau.de von leicht gesunkenem Umsatz und sinkendem Verlust. Das laufende Jahr soll bei Null landen, für 2025 wird wieder Gewinn angepeilt.
Dennree und Alnatura beherrschen den Markt
Insgesamt wurden nach Angaben des BNN in Deutschland vergangenes Jahr für 16 Milliarden Euro Biolebensmittel verkauft. Unter den reinen Bioläden sind zwei Konzerne beherrschend. Dennree erwirtschaftet mit 390 eigenen Denns-Bioläden, einer angehängten Gruppe von 140 "Biomarkt"- Läden und Großhandel 1,4 Milliarde Euro Umsatz. Alnatura liegt mit 153 eigenen Läden und Belieferung anderer Ketten bei 1,2 Milliarden Euro. Alnatura hat 1.400 Produkte unter eigener Marke entwickelt. Beide Ketten bieten zudem eigene Handelsmarken an "für den budgetlimitierten Kunden", wie es bei Alnatura heißt.
Sowohl Alnatura als auch Dennree sind von Anhängern des Esoterikers Rudolf Steiner ("Anthroposophie") gegründet worden. Beide Konzerne sind sehr solide finanziert und profitabel. Alnatura setzt auf Läden in Universitätsstädten. Bei einer Pressekonferenz in Darmstadt wollte sich Unternehmensgründer Götz Rehn nicht konkret zum Gewinn des am 30. September abgelaufenen Geschäftsjahrs äußern. Er sprach nur von "deutlicher Verbesserung gegenüber dem Vorjahr", als fünf Millionen Gewinn nach Steuern ausgewiesen wurden.
Unabhängig von der Inhaberfamilie?
Rehn spricht von seinem Unternehmen als "Arbeitsgemeinschaft", nennt Auszubildende "Lehrlinge" und beendete seine Pressekonferenz mit dem Appell: "Helfen Sie mit, die Welt zu verbessern!". Der Unternehmer hat eine Honorarprofessur für "Sozialorganik" an einer anthroposophischen Fachhochschule inne. Er kämpft für eine neue Rechtsform für Unternehmen, die Unternehmen jenseits von Inhaberfamilien dauerhaft finanziell unabhängig machen soll ("Verantwortungseigentum").
Bei Alnatura hat nach wie vor Gründer Rehn das Sagen. Er erzählt gern, sein Unternehmen sei im Eigentum der "Götz E. Rehn Stiftung" und damit dauerhaft gesichert und gemeinnützig. Tatsächlich gehören nur anderthalb Prozent der Stiftung, der Rest liegt bei Rehn.
Auf Nachfrage sagt der Siebzigjährige, sein Testament sähe vor, dass die Stiftung nach seinem Tode zum Zuge komme. Zweck der Stiftung ist laut Hessischem Stiftungsverzeichnis der Erhalt von Alnatura und die Unterstützung der Familie Rehn "in Fällen der persönlichen oder wirtschaftlichen Not oder Bedürftigkeit".