Heizkosten-Alarm des Vermieters "Deine Nachbarn verbrauchen weniger"
Bringt ein Heizkosten-Vergleich im Haus Menschen dazu, dauerhaft mehr Energie zu sparen? Eine Düsseldorfer Immobiliengesellschaft hat das mit ihren Mietern getestet.
Heizen Sie noch oder sparen Sie schon? Die Briefe der Düsseldorfer Immobiliengesellschaft LEG an rund 15.000 ihrer Mieter legen es offen, Monat für Monat. "Sie heizen erheblich mehr als ähnliche Haushalte", steht dort neben einem roten Warndreieck. Außerdem zeigt das Schreiben ein Balkendiagramm - der eigene Heizverbrauch neben dem einer Vergleichsgruppe. Das Fazit im Brief: Dadurch "verlieren Sie (…) jeden Monat 107 Euro".
"Unser Plan war, zu zeigen: Das sind Deine Nachbarn. Deine Nachbarn verbrauchen weniger als Du", sagt Mirko Ebbers, Nachhaltigkeitsmanager im Unternehmen: "Damit hat man immer den Vergleich und einen Wettbewerb. Den wollen die Menschen gewinnen, so sind Menschen." Aus den Nachbarn wurde eine Gruppe vergleichbarer Wohnungen aus der Umgebung - aus Datenschutzgründen. Dabei geht es nicht nur um den Wettbewerb, sondern die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, deren Gemeinsamkeit das Energiesparen ist.
Pilotprojekt zum Energiesparen
Aber wie bekommt man seine Mieter nun dazu, dauerhaft ihren Heizverbrauch zu reduzieren? Mit dieser Frage befasste sich die LEG bereits im vergangenen Winter in einem Pilotprojekt. Noch bevor Russlands Krieg gegen die Ukraine das Sparen von Gas zu einem der wichtigsten politischen Themen des Jahres machte.
Fünf verschiedene Ansätze testete die Gesellschaft in einigen ihrer Häuser. Die monatliche Auswertung des Heizverbrauchs mit dem Verbrauchsvergleich verschickte sie per Brief und per E-Mail. In einigen Häusern warb sie mit Plakaten für ein sparsameres Heizverhalten. Andere Wohnungen erhielten Raumthermometer. Manche Mieter bekamen ein neues Thermostat mit veränderter Haptik, das beispielsweise bei jeder Stufe einrastet - für bewussteres Heizen. Oder eine neue Skala auf dem Thermostat: Statt der Zahlen für die Heizstufe warb ein Emoji mit Herzchen-Augen für die sparsamste, gleichzeitig aber noch angenehme Raumtemperatur.
Ein Brief auf Papier wirkt
Die Ergebnisse des Versuchs haben Mirko Ebbers überrascht. "Das Projekt ging davon aus, dass fünf bis zehn Prozent am Energieverbrauch verhaltensinduziert sind", sagt der Nachhaltigkeitsmanager. Hier könne man sparen, ohne Abstriche beim Wohnkomfort zu haben. "Und ich habe vermutet, dass wir bei zwei Prozent Energieeinsparung schon sehr zufrieden sein können."
Doch bereits die Plakate brachten laut der Studie mehr als vier Prozent. "Mit einer gefühlt total einfachen Methode", sagt Ebbers. "Das fand ich extrem beeindruckend. Und der Brief hat ausschließlich funktioniert, wenn man ihn wirklich physisch verschickt und nicht digital." Die Einsparungen hätten dann bei rund acht Prozent gelegen. Beide Methoden - die Briefe mit dem monatlichem Heizverbrauch und Vergleich mit der Umgebung, außerdem die Plakate - wendet die Immobiliengesellschaft darum jetzt breiter an.
Sparsamkeit als neue Norm?
Damit sich Verhalten ändere, müsse es neben dem Vorsatz und einem Bewusstsein für das Problem gute Handlungsanweisungen geben, erklärt Umweltpsychologin Kathrin Röderer von der Universität Graz. "Dass es sinnvoll ist, Energie zu sparen, ist mittlerweile den meisten Menschen klar", sagt Röderer. "Wenn in öffentlichen Gebäuden nur auf 19 Grad geheizt wird, kommuniziert das eine Norm, an der auch ich mich orientieren kann. Ideal ist es, wenn ich ein klares Handlungsziel habe und die anderen machen auch mit. Dann ist das sehr motivierend, denn wir orientieren uns als soziale Wesen stark an anderen."
Damit die Veränderung langfristig geschehe, müsse man immer wieder daran erinnert werden und kontinuierliches Feedback erhalten. Die derzeitige Krise und unsere Reaktionen darauf könnten dauerhaft etwas in der Gesellschaft ändern. "Ich habe das Gefühl, dass die Norm sich schon dahingehend verschiebt, dass man Energie spart und dass das auch längerfristig wirken kann. Man muss jetzt nicht ungewöhnlich umweltbewusst sein, um Energie zu sparen, sondern man kann auch noch andere Gründe haben. Das kann einfach noch viel mehr Menschen abholen."
Vermieter müssen sich beteiligen
Die Düsseldorfer Immobiliengesellschaft will mit den Briefen und Plakaten bis zu 90.000 Wohnungen erreichen, um ihre Mieter kontinuierlich im Sparen zu bestärken - bei den zentral geheizten Gebäuden. Auch das Unternehmen selbst hat klare Vorteile, wenn weniger geheizt wird. "Das hat den indirekten Effekt: Wenn Mieter weniger Energie verbrauchen, passieren auch weniger Mietausfälle. Vor allem ist es aber so, dass der Staat vorgibt, dass wir uns als Vermieter an den CO2-Kosten beteiligen müssen", so Ebbers.
Das gilt ab 2023 für das Heizen mit Erdgas und Öl. Je schlechter die Fassade eines Gebäudes gedämmt ist, je älter die Fenster, desto höher wird die Beteiligung für Vermieter und Vermieterinnen. "Die Kosten für Briefe und Plakate rechnen sich tatsächlich schon dadurch, dass die CO2-Umlage für uns sinkt, indem wir acht Prozent weniger Energie benötigen und dadurch acht Prozent weniger Ausstoß haben. Und das ist positiv fürs Klima."
Sanierung braucht Zeit
Unnötige Heizkosten entstehen für Mieter und Mieterinnen aber auch, wenn Gebäude nicht saniert werden. Die LEG saniere bereits, sagt Mirko Ebbers, aber das betreffe dann immer nur ein Gebäude, sei teuer und werde Zeit dauern. Das Energiesparen durch die ausprobierten Maßnahmen sei eine weitere, schnelle Maßnahme.
Doch nicht alles aus dem Pilotprojekt ließ sich am Ende für die Immobiliengesellschaft auch umsetzen. Eine Gruppe Mieter testete die Emoji-Thermostate - mit positivem Spareffekt. Doch einen Hersteller, der solche Thermostate dann tatsächlich in größerem Stil herstellen möchte, fand der Vermieter laut Mirko Ebbers nicht.