EuGH-Urteil SCHUFA-Score darf nicht maßgeblich für Bonität sein
Der SCHUFA-Score darf nicht der einzige Faktor bei der Frage sein, ob Unternehmen mit ihren Kunden Verträge abschließen. Das entschied heute der Europäische Gerichtshof. Hintergrund ist ein Fall aus Deutschland.
Die SCHUFA bekommt eine deutliche Rüge aus Luxemburg. Das bisherige Datensammeln und die bundesweite Bewertung von Kunden, so wie es die SCHUFA seit Jahren praktiziert, verstößt gegen das europäische Datenschutzrecht, entschied der Europäische Gerichtshof heute. Jedenfalls dann, wenn die Bewertung, das sogenannte Scoring, das entscheidende Kriterium dafür ist, ob ein Kunde zum Beispiel einen Kredit oder einen günstigen Stromvertrag bekommt.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte dem obersten Gericht der EU den Fall einer Kundin vorgelegt, die keinen Kredit bekam, weil ihre Bewertung bei der SCHUFA zu schlecht war. Ziel: Das EuGH möge grundsätzlich das Verhältnis der SCHUFA zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) klären. Die Frau hatte die SCHUFA aufgefordert, einen Eintrag zu löschen und ihr Zugang zu den Daten zu gewähren. Die SCHUFA teilte ihr ihren Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung mit, nicht aber die genaue Berechnungsmethode.
Die EU-Richter sagen: In diesem konkreten Fall müsse man davon ausgehen, dass alles vom Score der Kundin abhing. Dann sei das automatisierte Datensammeln verboten. Denn solches "Profiling" könne Menschen diskriminieren.
Deutsches Gericht nun wieder am Zug
Zwar erlaubt das europäische Recht auch nationale Sonderregeln, die mehr Datenspeicherung zulassen. Aber die EU-Richter halten es für sehr gut möglich, dass das deutsche Gesetz gegen die Grundsätze des europäischen Rechts verstößt, weil es die Menschen nicht genug schützt. Endgültig geklärt werden muss das jetzt vom Verwaltungsgericht in Wiesbaden. Bis zur abschließenden Klärung durch deutsche Gerichte bleibt es also erst einmal dabei, dass in Deutschland die SCHUFA die Zahlungsfähigkeit von Kunden bewertet.
Die SCHUFA erklärte in einer ersten Reaktion auf das Urteil, es schränke ihre Arbeitsweise nicht ein. Denn für Banken und andere Firmen, die die Kundenbewertung abfragen, sei dieses Scoring nicht der alleinige Grund dafür, dass die Kunden bestimmte Verträge bekommen oder nicht bekommen. Insofern geht der Streit weiter. Allerdings sind die Signale aus Luxemburg deutlich: Das Datensammeln und Bewerten ist nur unter ganz engen Voraussetzungen erlaubt.
Einschätzung der Zahlungsmoral
Die "Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung", wie die SCHUFA offiziell heißt, sammelt gewaltige Datenmengen beispielsweise von Bankgeschäften. Daraus errechnet die Auskunftei, für wie kreditwürdig sie einzelne Verbraucherinnen und Verbraucher hält. Der Basis-Score beschreibt auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent eine Wahrscheinlichkeit, mit der jemand finanziellen Verpflichtungen nachkommen wird.
Je höher der Score, umso höher die Kreditwürdigkeit. Wer Rechnungen regelmäßig unpünktlich bezahlt und oft Mahnungen bekommt, wird schlechter eingeschätzt. Bei berechtigtem Interesse liefert die SCHUFA ihren etwa 10.000 Vertragspartnern - unter anderem Banken und Sparkassen, Versandhändler, Mobilfunkanbieter und Energieversorger - damit eine Einschätzung zur Bonität ihrer Kundschaft, bevor Verträge geschlossen und Waren übergeben werden.
Mit Informationen von Gigi Deppe, ARD-Rechtsredaktion