Verbraucher verunsichert Zwischen Corona und Ukraine
Immer noch Omikron und jetzt auch noch der eskalierende Konflikt in der Ostukraine: Kein Wunder, dass die zuletzt zaghaft aufgehellte Stimmung der Verbraucher in Deutschland einen neuen Dämpfer erlitten hat.
Quirliges Leben in den Fußgängerzone, volle Läden: immer noch Fehlanzeige. Sicher, der Sturm hat viele vom Shopping abgehalten, aber die Gründe liegen viel tiefer. Die Verbraucher bleiben verunsichert - abzulesen am GfK-Index der Nürnberger Konsumforscher. Der Index für März ist gesunken - auf minus 8,1 Punkte.
Entspannung in Sachen Corona
Omikron und die hohe Inflation hätten die Laune verdorben, sagt Michael Heise von HQ-Trust. "Die Konsumenten haben ganz schöne Belastungen erfahren müssen, schon in den ersten Wochen des Jahres. Die vierte Omikron-Welle war sicherlich ein Grund der Unsicherheit", konstatiert er. Doch noch stärker ins Gewicht gefallen sei wahrscheinlich die Inflationsrate. Die Verbraucherpreisentwicklung habe Kaufkraft entzogen.
Zumindest mit Blick auf die Corona-Krise gibt es etwas Entwarnung, die Inzidenzen gehen leicht zurück. Viel wichtiger aber: In knapp vier Wochen sollen die größten Beschränkungen fallen. Facht das die Konsumlaune endlich an? "Ja, es sind natürlich gerade die Dienstleistungsbereiche, wo man sich zurückhalten musste, aber auch der stationäre Einzelhandel. Sicherlich, da kann man die ein oder andere Hoffnung hegen, dass dort der Verbrauch dann wieder anspringt", glaubt der Chefvolkswirt der Schweizer Bank Julius Bär, David Kohl.
"Wenn die Ukraine nicht wäre..."
Aber von Entfesslung kann noch keine Rede sein - das verhindert vor allem die hohe Inflation. In der Eurozone steigen die Preise im Rekordtempo: Im Januar lag die Rate bei 5,1 Prozent. Verbraucher nehmen den Anstieg aber noch stärker wahr. Die gefühlte Inflationsrate liegt sogar bei 8,5 Prozent, weil sich Lebensmittel deutlich verteuert haben, Dienstleister mehr verlangen und weil die Energiepreise deutlich gestiegen sind. Der Russland-Ukraine-Konflikt verschärfe die Lage noch, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. "Wenn die Ukraine nicht wäre, dann würde ich sagen, es geht bald ein sehr, sehr kräftiger Aufschwung los. Aber wir wissen nicht, wie die Krise sich weiterentwickelt, wir wissen nicht, ob die Russen den Gashahn zudrehen oder nicht."
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat jetzt schon vor höheren Gaspreisen gewarnt, also bleibt noch weniger im Portemonnaie. Die Bundesregierung hat aber auch Entlastungen für die Bürger in Aussicht gestellt - dringend nötig, meint Julius Bär-Chefvolkswirt Kohl: "Eine Entlastung insbesondere niedriger Einkommen ist wichtig, um den Konsumbeitrag für die Konjunkturentwicklung stabil zu halten."
Dennoch weiter Hoffnung auf Erholung
Denn die Verbraucher sind ein ganz wichtiger Stabilitätsfaktor für die deutsche Konjunktur. Und die Hoffnung auf eine Erholung ist weiter groß: Der Arbeitsmarkt ist stabil, die Löhne dürften steigen. Gerade heute hat die Regierung einen Mindestlohn von zwölf Euro beschlossen. Hinzu komme das enorme Sparkapital, sagt HQ Trust-Experte Heise. "Insofern können die Verbraucher einen gewissen Inflationsanstieg verkraften, weil ein gewisses Sparpotential verfügbar ist."
Auf 7,7 Billionen Euro ist das Vermögen der Deutschen angewachsen - ein Rekord. Doch ist es ungleich verteilt, und die hohe Inflation, die hohen Energiepreise treffen die ärmeren Schichten deutlich stärker - doch auch der Mittelstand wird immer stärker belastet. Keine gute Voraussetzung für allzu sorgloses Konsumieren.