Verfassungsbeschwerde von Ökonomen EU-Bankenunion kommt vor Gericht
Erneut muss sich das Bundesverfassungsgericht mit einem Element der Euro-Rettungspolitik befassen. Eine Gruppe von Professoren reichte eine Verfassungsbeschwerde gegen die Bankenunion ein. Dafür fehle die Grundlage in den EU-Verträgen, argumentieren sie.
Beim Bundesverfassungsgericht ist die Klage einer Gruppe von Professoren gegen die europäische Bankenunion eingegangen. Ein Gerichtssprecher erklärte, dass die Verfassungsbeschwerde seit Freitag vorliege und das Aktenzeichen 2 BVR 1685/14 erhalten habe. Sie werde nun sorgfältig geprüft, ehe die Richter über das weitere Vorgehen entscheiden wollen.
"EZB bekommt zu viel Macht"
Hinter der Verfassungsbeschwerde stehen mehrere Ökonomen um den Berliner Wirtschaftsprofessor Markus C. Kerber. Unter der Bezeichnung "Europolis-Gruppe" verbreiteten sie ihre Begründung der Klage. Sie werten demnach die Bankenunion als Verstoß gegen das Grundgesetz. Eine Rechtsgrundlage dafür fehle in den europäischen Verträgen. "Die Europäische Zentralbank bekommt mehr Macht als ihr zusteht", sagte Kerber. Das Mandat der EZB in den europäischen Verträgen erlaube kein vollständige Übertragung nationaler Aufsichtspflichten auf die EZB.
Kerber warf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zudem vor, die Öffentlichkeit über die Risiken der Bankenunion zu täuschen. Diese vergemeinschafte Bankenrisiken in einer Art, die weit über alles hinausgehe, was mit den bisherigen Rettungsmechanismen im Zuge der Euro-Schuldenkrise eingeführt worden sei.
Klage richtet sich gegen Bankenaufsicht
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich zunächst gegen eine von drei Säulen der Bankenunion: die Übertragung der Aufsicht über die wichtigsten europäischen Geldinstitute an die Europäische Zentralbank. Sobald in Deutschland die Rechtsgrundlagen für eine weitere Säule der Bankenunion, den Abwicklungsmechanismus für Banken, in Kraft getreten ist, will die Europolis-Gruppe ihre Klage entsprechend erweitern.
Die Verfassungsrichter müssen sich zunächst mit der gemeinsamen Bankenaufsicht befassen - der ersten Säule der Bankenunion.
Die Bankenunion gilt als ein zentrales Projekt der EU bei der Bewältigung der Finanz- und Staatsschuldenkrise. Sie besteht aus drei Säulen: Die gemeinsame Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB soll im Herbst 2014 starten. Der gemeinsame Mechanismus samt Finanzierungsfonds zur Abwicklung strauchelnder Banken soll ab 2016 einsatzbereit. Die dritte Säule besteht aus der Einlagensicherung - dabei ist aber lediglich eine Harmonisierung der nationalen Modelle in den einzelnen Staaten vorgesehen.
EU-Kommission verteidigt Pläne
Die EU-Kommission betonte in einer ersten Reaktion auf die Verfassungsbeschwerde, dass sie die Bankenunion "vollkommen in Übereinstimmung mit den europäischen Verträgen" stehe. Die EU-Kommission sei zuversichtlich, dass die Rechtstexte zur Bankenunion "rechtlich gut fundiert und beständig" seien. Zuvor hatte bereits das Bundesfinanzministerium die Pläne verteidigt. "Wir halten die Bankenunion für verfassungsgemäß", erklärte ein Sprecher. Die Rechtsgrundlagen seien mit den Verfassungsressorts sorgfältig geprüft worden.
Die EZB selbst wies darauf hin, dass die gewählten politischen Vertreter in Europa in Übereinstimmung mit dem EU-Vertrag beschlossen hätten, dass die EZB bestimmte Aufgaben der Bankenaufsicht übernehmen solle.