Müller wird Winterkorn-Nachfolger Neuer Chef und neue Struktur bei VW

Stand: 25.09.2015 20:40 Uhr

"Wir werden diese Krise bewältigen": Mit diesen Worten macht der neue VW-Chef Müller sich und seinen Mitarbeitern Mut. Um den Autobauer wieder in die Spur zu bringen, gibt sich VW eine neue Konzernstruktur. Daher wurden weitere Chefposten neu besetzt.

Der bisherige Porsche-Chef Matthias Müller wird neuer Volkswagen-Chef. Nach einer Entscheidung des VW-Aufsichtsrats tritt er die Nachfolge von Martin Winterkorn an, der als Konsequenz aus der Affäre um manipulierte Abgaswerte zurückgetreten war. Das teilte Interims-Aufsichtsratschef Berthold Huber mit.

"Im Namen des Aufsichtsrats entschuldige ich mich in aller Form bei unseren Kunden und der Öffentlichkeit. Geben Sie VW eine Chance, den Schaden wieder gut zu machen", sagte Huber.

Müller seinerseits kündigte an, dass das Unternehmen zu seiner Verantwortung stehe. "Ich übernehme eine Aufgabe in Zeiten, in denen VW vor nicht gekannten Herausforderungen steht. Wir werden im Konzern noch strengere Regeln einführen. So ein Skandal darf sich nie wiederholen", sagte der neue VW-Chef und ergänzte: "Wir können und werden diese Krise bewältigen." Zu keinem Zeitpunkt sei jedoch die Sicherheit der Fahrzeuge oder der Kunden gefährdet gewesen.

Enger Vertrauter von Winterkorn

Müller arbeitete seit Jahren eng mit Winterkorn zusammen. Der 62-Jährige ist als besonnener, aber zugleich zupackender Manager bekannt. In der Autobranche hat er den Ruf eines exzellenten Produktstrategen. Der in Sachsen geborene und in Bayern aufgewachsene Manager kennt nicht nur den Sport- und Geländewagenbauer Porsche, sondern weiß auch, wie Audi und VW in ihren Produktplanungen ticken.

Der gelernte Werkzeugmacher und Informatiker leitete von 2003 bis 2007 das Produktmanagement der Audi-Marken. Anschließend folgte er seinem Chef Winterkorn in gleicher Funktion nach Wolfsburg. Den Posten als Porsche-Chef übernahm Müller im Herbst 2010 nach der Übernahmeschlacht zwischen Porsche und VW. Er wurde Nachfolger von Wendelin Wiedeking.

Neue Konzernstruktur

Als Lehre aus der Abgasaffäre gibt sich Volkswagen eine neue Struktur. Der Aufsichtsrat beschloss, den Konzern mit seinen zwölf Marken in vier Gruppen zu gliedern. Dabei sollen die einzelnen Marken stärker vom Konzernvorstand koordiniert werden und mehr Verantwortung für die Regionen erhalten.

Die Hauptmarke VW sowie ihre beiden Schwestern Seat und Skoda sollen jeweils durch ein Vorstandsmitglied in der obersten Konzernführung vertreten werden. Bei VW ist dies der frühere BMW-Manager Herbert Diess. Für die Sportwagen wird eine Gruppe mit Porsche, Bentley und Bugatti gebildet, die vom neuem Konzernchef Müller geleitet wird. Die von Rupert Stadler geführte Gruppe aus Audi, dem Luxussportwagen Lamborghini und dem italienischen Motorradhersteller Ducati bleibt unverändert. Der Holding für die Lkw-Töchter MAN und Scania steht weiter der von Daimler zu Volkswagen gewechselte Andreas Renschler vor.

Außerdem wird der Konzernvorstand verkleinert. VW-Chef Müller soll künftig kein eigener Produktionsvorstand mehr zur Seite stehen. "Das ist eine Konsequenz aus der Verlagerung von Verantwortung in die Marken und Regionen", teilte VW mit.

Skoda-Chef wird Chef des Nordamerika-Geschäfts

Im Zuge des Konzernumbaus dreht sich das Personalkarussell. Vertriebsvorstand Christian Klingler verlässt den Konzern. Der bisherige Skoda-Chef Winfried Vahland leitet künftig die neu gegründete Marktregion Nordamerika. Nachfolger für Vahland bei Skoda soll demnach der bisherige Vetriebschef von Porsche, Bernhard Maier, werden.

Als Konsequenz aus dem Skandal sollen künftig zudem die Märkte USA, Mexiko und Kanada in der neu geschaffenen Region Nordamerika zusammengefasst werden. Davon verspricht sich der Konzern eine "maßgebliche Stärkung" des dortigen Absatzes. Der infolge des Skandals in die Kritik geratene US-Regionalchef von Volkswagen, Michael Horn, bleibt im Amt.

Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums sind in Deutschland von den Abgas-Manipulationen bei Volkswagen 2,8 Millionen Fahrzeuge betroffen. Neben Pkw seien auch "leichte Nutzfahrzeuge von der unzulässigen Beeinflussung der Emissionen der Diesel-Motoren betroffen", erklärte Ressortchef Alexander Dobrindt.

Abgas-Manipulation bei VW - die Vorwürfe
Die US-Umweltschutz-Behörde EPA beschuldigt VW, vorsätzlich Abgasvorschriften bei Diesel-Fahrzeugen umgangen zu haben. Ihnen sei eine Software eingesetzt worden, mit der die Messung bestimmter Abgaswerte umgangen werden könne.

"Einfach gesagt, diese Autos hatten ein Programm, das die Abgaskontrollen beim normalen Fahren ausschaltet und bei Abgastests anschaltet", erklärt eine EPA-Vertreterin. Folge solcher Manipulationen sei, dass die Autos für den Umweltschutz festgesetzte Abgas-Limits um das bis zu 40-Fache überstiegen. Im Fokus der EPA-Ermittlungen stehen laut EPA Vier-Zylinder-Modelle der Jahre 2009 bis 2015. Volkswagen räumte die Manipulationen ein. Nach bisherigem Stand sind elf Millionen Fahrzeuge betroffen.