Staat schiebt die Industrie an Chinas Wirtschaft wächst überraschend stark
Das Statistikamt in Peking meldet für das erste Quartal unerwartet gute Konjunkturdaten. Experten verweisen allerdings auf hohe staatliche Investitionen und zweifeln an einer Nachhaltigkeit des Aufschwungs.
Die Wirtschaft Chinas ist überraschend stark ins neue Jahr gestartet. Laut dem Statistikamt in Peking wuchs die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt im ersten Quartal um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Volkswirte waren im Schnitt nur von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 4,8 Prozent ausgegangen. Das Statistikamt sprach in der Mitteilung von einem "guten Start" ins Jahr.
Andere aktuelle Daten deuten dagegen auf eine Abschwächung des Wachstums im März hin. So stieg die Industrieproduktion im März nach Angaben des Statistikamts im Jahresvergleich mit 4,5 Prozent langsamer als von Analysten erwartet. Die Einzelhandelsumsätze lagen mit einem Plus von 3,1 Prozent ebenfalls unter den Prognosen.
Außenhandel trübt das Bild
Auch die am Freitag veröffentlichten Außenhandelszahlen für den März hatten das Bild getrübt. Die Exporte sanken in Dollar gerechnet im Jahresvergleich um 7,5 Prozent, während die Importe um 1,9 Prozent zurückgingen.
Peking strebt für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent an. Experten halten dies angesichts der andauernden Immobilienkrise und einer vergleichsweise schwachen Konsumneigung für ein ambitioniertes Ziel.
Schwaches Verbrauchervertrauen
Laut Maximilian Butek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina, ist das relativ starke Wachstum in China auch auf den Ausbau neuer Industriezweige zurückzuführen, in die viel Geld fließt. "Besonders bei Erzeugnissen wie Chips und elektrischen Fahrzeugen steht in China der Ausbau der Industrie im Vordergrund. Das schlägt sich nun in den Zahlen nieder", sagte Butek.
Es werde zwar viel investiert, das Verbrauchervertrauen sei jedoch weiter schwach. "Es ist fraglich, inwieweit deutsche Firmen von dieser Art des Wachstums profitieren können."
Vor dem aktuellen China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die Kammer auf Probleme deutscher Unternehmen in der Volksrepublik aufmerksam gemacht. In einer Umfrage klagten rund zwei Drittel der dort tätigen Unternehmen aus der Bundesrepublik über unfairen Wettbewerb.
Langsame Erholung nach dem Corona-Knick
Nach den massiven Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie erholt sich die Wirtschaft der Volksrepublik insgesamt nur langsam. "Die Abschwächung des Wirtschaftswachstums im März weckt Zweifel, ob die zu Beginn des Jahres verzeichnete wirtschaftliche Erholung von Dauer sein kann", kommentierte Commerzbank-Volkswirt Tommy Wu die aktuellen Daten. "Dies erhöht den Druck auf die Regierung, weitere Maßnahmen zur Konjunkturstützung umzusetzen." Peking werde sich dabei wohl weiterhin auf Anreize für Investitionen in die Infrastruktur und in aufstrebende Industrien konzentrieren.
Der Immobiliensektor des Landes - früher ein Garant für starkes Wachstum - steckt tief in der Krise. Eine schwächelnde Weltkonjunktur bremst die auf Export ausgelegte chinesische Wirtschaft. Auch im Inland lässt die Nachfrage zu wünschen übrig. Dazu kommen demographische Probleme: Die Bevölkerung überaltert und schrumpft. Viele junge Leute finden zudem keinen Job. Viele Städte und Kommunen sind hochverschuldet.
Herabstufung wegen Staatsausgaben?
Wegen der hohen staatlichen Fördermaßnahmen droht der Volksrepublik eine schlechtere Bonitätsbewertung durch die Ratingagentur Fitch. Diese hatte in der vergangenen Woche ihren Ausblick für die Kreditwürdigkeit von "stabil" auf "negativ" gesenkt. Grund seien steigende Risiken für den Haushalt durch die Umstellung auf ein neues Wachstumsmodell.
Mit Material von Benjamin Eyssel, ARD-Studio Peking.