Haushaltsdefizit Moskau prüft Steuer für Großunternehmen
Russlands Haushaltsloch wird angesichts westlicher Sanktionen, einbrechender Energieeinnahmen und hoher Rüstungsausgaben größer. Die Regierung will nun eine "freiwillige Unterstützung" von Großunternehmen einfordern.
Russlands Regierung erwägt, das eigene Haushaltsloch durch Abgaben von Großunternehmen zumindest teilweise zu stopfen. Insgesamt sollen so 300 Milliarden Rubel (rund 3,8 Milliarden Euro) zusammenkommen, wie Russlands Finanzminister Anton Siluanow in einem im Staatsfernsehen ausgestrahlten Interview sagte.
Mit der Wirtschaft würden derzeit aktiv Gespräche darüber geführt, wie diese "freiwillige Unterstützung" geleistet werden könne. "Es werden spezielle Änderungen der Steuergesetzgebung vorbereitet", sagte Siluanow. Er ließ offen, welche Branchen betroffen sein werden, schloss aber kleine Unternehmen und den Öl- und Gassektor aus.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow versicherte später auf Nachfrage von Journalisten zwar, dass die Abgabe auf freiwilliger Basis erfolgen solle, "aber natürlich ist das Zusammenspiel zwischen der Führung des Landes und der Wirtschaft, zwischen Regierung und Wirtschaft, keine Einbahnstraße". In der vergangenen Woche hatte bereits Vize-Regierungschef Andrej Beloussow erklärt, man sei angesichts des tiefen Etatlochs im Gespräch mit Großunternehmen.
Haushaltsdefizit dürfte stark steigen
Russland führt seit dem 24. Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine und wurde daher von westlichen Staaten mit weitreichenden Wirtschaftssanktionen belegt. Das flächenmäßig größte Land der Erde wies im vergangenen Jahr ein Haushaltsdefizit von 3,3 Billionen Rubel (41,3 Milliarden Euro) auf.
Dieses Jahr drohen angesichts eines mittlerweile eingeführten Ölpreisdeckels noch deutlich stärkere Einbußen. Allein im Januar betrug das Minus 1,76 Billionen Rubel (23 Milliarden Euro). Das entspricht bereits 60 Prozent des für das Gesamtjahr veranschlagten Fehlbetrages. Analysten veranschlagen für das Gesamtjahr 2023 deshalb ein Defizit von bis zu 5,5 Billionen Rubel (69,4 Milliarden Euro). Das entspräche 3,8 Prozent des BIP - fast doppelt so viel wie geplant.
Russland verkauft bereits Devisen im Wert von 8,9 Milliarden Rubel (gut 112 Millionen Euro) pro Tag, um das Defizit zu decken. Auch Goldreserven werden veräußert. Die Zentralbank hat zuletzt davor gewarnt, dass ein hohes Defizit die Inflation anheizen könnte. Sie wäre dadurch zu Zinserhöhungen gezwungen, die wiederum die Konjunktur belasten könnten. Ein unerwartet großes Haushaltsloch könnte zudem einen Mix aus höheren Devisenverkäufen, Ausgabenkürzungen, einer höheren Kreditaufnahme oder Steuererhöhungen erfordern.