Einkauf im Nachbarland Schnäppchenparadies Tschechien, adé?
Noch lohnt sich für Deutsche der Einkauf in Tschechien. Doch die Preise gleichen sich seit Jahren an. Und nun will die tschechische Regierung die Tabaksteuer deutlich erhöhen.
Seit zehn Jahren betreibt Bui Thi Hue ihr kleines Geschäft im tschechischen Petrovice an der Grenze zu Deutschland. Auf 15 Quadratmetern verkauft die Vietnamesin Softdrinks, Süßigkeiten und Drogerieprodukte. Ihr Verkaufsschlager sind Zigaretten. Nach Marken sortiert liegen sie auf den mit farbigen LEDs beleuchteten Regalen. 80 Prozent ihrer Kunden sind Deutsche. Häufig kommen sie in Gruppen zum Einkaufen und nehmen mehrere Stangen mit. Doch in letzter Zeit lässt das Geschäft nach. "Die Zigaretten sind sehr teuer geworden, und immer weniger Leute kommen und kaufen sie", erzählt Bui Thi Hue.
Wegen der stärkeren Inflation steigen die Preise in Tschechien schneller als in Deutschland. Und nun will die Regierung in Prag die Verbrauchssteuer auf Tabakprodukte anheben. Ab 2024 soll die Steuer um zehn Prozent steigen und in den folgenden Jahren bis 2027 jeweils um fünf Prozent. Tschechiens Regierung will so Neuverschuldung verringern. Die Zigarettenpreise könnten sich denen in Deutschland angleichen.
Bui Thi Hue aus Vietnam hat in ihrem kleinen Geschäft in Petrovice hauptsächlich deutsche Kunden.
"Dann fahren wir eben nach Polen"
Bui Thi Hue setzt deshalb nicht nur auf Zigaretten. Direkt nebenan gehört ihr noch ein Friseursalon. Auch hierher kommen hauptsächlich deutsche Kunden. Familie Enke aus dem benachbarten Sachsen hat heute einen Termin zum Haareschneiden für die beiden Söhne, erzählt Mutter Nicole. "Der Friseur lohnt sich noch", erzählt sie. "Das ist erheblich billiger als in Deutschland. Für die Kinder zahlen wir hier um die zehn Euro, in Deutschland zahlen wir fast das Dreifache."
Einmal die Woche fahren die Enkes nach Tschechien zum Shoppen. Auch ihre Lebensmittel kaufen sie hier ein - und Zigaretten, sagt Vater Mario. "Noch sind sie hier billiger. Wenn die Preise aber Ausmaße wie in Deutschland annehmen, müssen wir eben nach Polen fahren."
Auch Restaurants bangen um Gäste
Petrovice lebt von den deutschen Einkäufern. In der 1000-Seelen-Gemeinde gibt es eine ganze Reihe ähnlicher Geschäfte wie die von Bui Thi Hue. Direkt hinter der Grenze beginnt eine kilometerlange Schnäppchenmeile. Wie an einer Kette hängen hier Läden und kleine Märkte. Alle haben ein ähnliches Sortiment: Zigaretten, Alkohol, Gartenzwerge und Vogelhäuschen. Meistens werden sie von vietnamesischen Migranten betrieben.
Und dann gibt es noch die bei den deutschen Gästen beliebten Restaurants. Wenn die deutschen Einkäufer ihr Shopping erledigt haben, kehren sie oft in eine der Gaststätten ein und genießen böhmische Spezialitäten wie Gulasch mit Knödeln und ein kühles Bier. Doch auch hier läuft das Geschäft schlechter als früher, weil wegen gestiegener Preise weniger Menschen in den Ort kommen, erzählt Oberkellner Petr Král. Er arbeitet im Gasthaus "U Jelena", auf Deutsch "Zum Hirsch".
Deutsche suchen nicht nur niedrige Preise
Sein Restaurant sei zwar etabliert, und die Besucher kämen trotz Krise, erzählt Král. "Aber hier im Ort gibt es eine Menge von Restaurants, und viele haben gerade alle Hände voll zu tun, um irgendwie über die Runden zu kommen. Das ist immer schwerer." Momentan gibt es laut dem Oberkellner 15 Restaurants im Ort. "Ich denke, die besten zehn werden sich halten", lautet seine Prognose.
Zuzana Hůlová kennt die Sorgen. Seit einem Jahr ist sie die Bürgermeisterin von Petrovice. Früher hat sie selbst in der Gastronomie gearbeitet. Trotzdem schaut sie optimistisch in die Zukunft und glaubt, dass weiterhin Gäste aus Deutschland zum Einkaufen kommen. "Es geht auch ums andere Sortiment, um den anderen Geschmack. Genauso fahren auch die tschechischen Bürger nach Deutschland. Es geht nicht immer nur um den Preis, sondern auch um das Erlebnis, um die Abwechslung." Viele der Geschäfte setzten außerdem mehr auf Service und Dienstleistung statt nur auf billige Angebote.